Die verborgenen Geheimnisse. Marc Lindner

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Die verborgenen Geheimnisse - Marc Lindner Das Verborgene

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Auge.

      Hönnlin war dabei nachzufüllen. Er gab ihren ganzen Vorrat an Pilzen hinzu. „Ich möchte nicht, dass ihr nachher hungrig aufstehen müsst“, erklärte Hönnlin, als er seine weit geöffneten Augen sah. Der Topf war bis oben hin gefüllt und er musste beim Rühren Acht geben, damit er nichts verschüttete.

      „Zu gütig der Herr!“ Ihm lief förmlich das Wasser im Mund zusammen und er zog sich fortwährend die Lippen in den Mund.

      Eine Weile war außer dem Knistern des Feuers nichts zu hören. Dann aber hörte Hönnlin Schritte und kurze Zeit später trat eine Frau zwischen den Bäumen hervor. Aber nicht nur dort raschelte es. Auf der anderen Seite bewegten sich das Gestrüpp ebenfalls. Er hörte wie sie kurz innehielten, doch der Erste war schnell beruhigt und schritt selbstbewusst hervor. Gleich darauf traten zwei weitere Männer hervor.

      „Oh, da sind aber viele hungrig“, lachte Hönnlin erheitert auf und tat als würde er die bedrohliche Spannung nicht spüren. Die Umzinglung war taktischer Natur, falls sie Beide sich hätten zur Wehr setzen wollen.

      „Es sind harte Zeiten“, erklärte der Mann, der neben Hönnlin saß. Sein fixierter Blick auf den Topf verriet, dass er nicht Zeit mit Reden verlieren wollte.

      „Es wird aber knapp werden“, gab sich Hönnlin besorgt.

      „Keine Sorge, das wird schon reichen!“ Einer der neuangekommenen Männer trat näher und begutachtete den Topf. Seine Stimme war gebieterisch und hatte nichts für gespielte Freundlichkeit übrig. „Gib die Teller rüber. Ihr müsst nichts essen“, erklärte er, wie er es sich vorstellte.

      „Mein Herr ihr seid sehr grob“, entrüstete sich Hönnlin.

      „Ich bin hungrig und jetzt gib her, bevor ich mich vergesse!“

      „Mathias, sei nett zu unseren Gastgebern. Sie waren auch sehr freundlich zu mir“, mischte sich der sitzende Mann ein und verteidigte Hönnlin scheinheilig.

      „Dann sorg dafür, dass ich gleich was zu essen habe!“

      „Ihr werdet sicher Verständnis dafür haben“, entschuldigte sich Jules für das Benehmen seines Anführers. „Es sind harte Zeiten“, wiederholte er, als wäre damit alles gerechtfertigt.

      „Wohl wahr“, pflichtete Hönnlin ihm bei. „Der Herr hat mich zu euch geführt, also wird es sein Wille sein, dass ihr heute satt werdet“, nickte Hönnlin fromm und füllte eine der Schüsseln, um sie dem Mann zu reichen.

      „Worauf wartet er, ich habe Hunger“, protestierte Mathias.

      Hönnlin nahm Clara rasch die zweite Schüssel ab. „Verzeiht, George versteht kein Französisch.“ Er füllte die Schüssel. „Die Herren haben Hunger. Sie sind heute unsere Gäste“, erklärte Hönnlin unnötiger weise auf Deutsch. Clara nickte stumm und ließ den Blick gesenkt.

      „Geht doch!“, Mathias flößte sich gleich die Suppe ein.

      Auch die Anderen traten näher und Hönnlin füllte Mal um Mal die Schüsseln nach, bis dass der Topf völlig leer war.

      „Er hat noch Brot“, erinnerte sich Jules.

      „Er wird noch so manches haben“, gab sich Mathias zuversichtlich. „Nur her damit“, wank er in Hönnlins Richtung. „Nur keine falsche Scheu.“

      „Sehr wohl“, antwortete Hönnlin kleinlaut. „Wie du meinst.“

      „Das fromme Mönchspack ist heute aber ganz schön artig“, lachte Mathias selbstgefällig und wies Hönnlin an, ihre Taschen zu leeren.

      Er nahm alles Essbare hervor, nur die Bücher ließ er verborgen, aus Angst, sie würden ins Feuer geworfen.

      „Am besten ihr lasst gleich alles hier, auch den Esel, und seht zu, dass ihr verschwindet.“

      „Der Herr gibt, der Herr nimmt“, betete Hönnlin. „Seine Wege sind unergründlich.“

      „Mach, dass ich dir nicht das Leben nehme, wenn du nicht aufhörst so fromm zu quatschen.“

      „Nein, das darfst du nicht!“, rief die Frau dazwischen.

      „Oh, ihr und euer Aberglaube“, lachte Mathias und brummte verstimmt, da er um seinen Spaß betrogen wurde. „Heute ist euer Glückstag. Ich nehme euch eure Sachen und schenke euch euer Leben.“

      „Zu gütig der Herr“, konnte es sich Hönnlin nicht verkneifen und streichelte ein letztes Mal seinen Esel. „Möge der Herr euch ein langes Leben bescheren. Er allein weiß, wie hart und entbehrungsreich euer Leben ist.“ Es war nie verkehrt Abergläubische versöhnlich zu stimmen.

      „Ich weiß nicht, wie mir das schmecken soll.“ Mathias stand breitbeinig und mit verschränkten Armen da und betrachtete Hönnlin misstrauisch. „Jetzt haben wir mal Glück einen auszurauben und der tut als wäre es das Normalste auf der Welt. Das macht doch keinen Spaß.“

      „Lass ihn doch. Er ist ein guter Mönch.“

      „Aber sonst konnte man sich immer so schön prügeln!“

      „Lenk nicht seinen Zorn auf uns!“, flehte die Frau und fürchtete sich vor irgendwelchen Zaubersprüchen oder Flüchen.

      „Der Mistkerl regt sich aber nicht einmal auf.“ Mathias betrachtete die Zwei vor sich. „Nur der Knabe sieht aus, als hätte er sich in die Kutte gemacht“, lachte er auf und zwei der Männer fielen mit in sein Gelächter ein.

      „Er ist fromm“, verteidigte die Frau Hönnlin. „Er wird bestimmt einmal heilig gesprochen“, hauchte sie andächtig und ihre Furcht wurde noch größer.

      „Aber dann kann ich mir einen Spaß mit dem Jungen erlauben. Der wird bestimmt nicht heilig gesprochen, soviel Scheiße, wie der in der Hose hat“, grölte Mathias auf.

      „Es ist seine erste Reise, seid bitte nachsichtig“, bat Hönnlin und überlegte, wie er die Aufmerksamkeit wieder auf sich lenken konnte. „Ich bin schon viel gereist und viele Male ausgeraubt worden“, erklärte Hönnlin. „Ich habe gelernt mich nicht zu wehren, wenn es keinen Sinn hat. Ich gebe euch, was ich besitze und behalte dafür mein Leben. Würde ich anders handeln, würde ich beides verlieren.“

      „Da kannst du Gift drauf nehmen!“ Mathias gefiel es immer noch nicht und seine geballten Fäuste wollten sich abreagieren.

      „Aber dann hältst du uns für böse.“ Der Frau wurde es noch unwohler.

      „Böse Menschen rauben nicht um satt zu werden!“, erklärte Hönnlin. „Böse Menschen erheben ungerechte Steuern von Bauern, die dann hungern müssen. Sie tragen Rüstungen und nehmen sich, was sie wollen und sie töten und quälen einzig aus Vergnügen“, machte Hönnlin deutlich, dass sie bis jetzt noch keinen Fluch von ihm zu befürchten hatte.

      „Mathias, du darfst ihnen nichts tun“, redete Jules, der immer noch am Feuer saß, auf ihn ein.

      „Ja doch, ich habe es verstanden.“

      Hönnlin senkte sein Haupt zum Abschied und zog Clara neben sich, damit sie mit ihm ging.

      „Warte“, rief Mathias.

      Hönnlin

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