Tom Jones. Henry Fielding
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Beide zarte Jungfrauen beobachteten ein genaues Stillschweigen während des ganzen Auftritts zwischen Herrn Alwerth und der armen Sünderin; sobald er aber geendigt und der Inquisitor so weit entfernt war, daß er nichts mehr hören konnte, gab Jungfer Deborah dem Drange ihres Herzens Raum und ergoß sich in Ausrufung über die gütige Nachsicht ihres Herrn und besonders darüber, daß er das Mädchen durchwischen lassen, ohne den Namen des Kindes Vaters zu nennen, den sie, wie sie mit einem Eide beteuerte, heraus haben wollte, noch ehe die Sonne zur Ruhe ginge.
Bei diesen Worten entfaltete Fräulein Brigitta ihre Gesichtszüge in ein Lächeln (bei ihr eine sehr ungewöhnliche Sache); nicht daß ich wollte, mein Leser solle sich einbilden, es sei dies eins von jenen mutwilligen Lächeln gewesen, wovon sie Homer glauben machen will, es käme von der Venus her, wenn er diese die lächelliebende Göttin nennt; auch war es keins von jenen Lächeln, welche Ihro Gnaden Seraphina aus ihrer Loge im Schauspielhause umherwirft, und wofür Venus ihre Unsterblichkeit hingeben würde, wenn sie es nachmachen könnte. Nein! es war vielmehr eins von jenen Lächeln, wovon man glauben könnte, es sei von den grübchenvollen Wangen der majestätischen Tysiphone oder von ihren gnädigen Fräulein Schwestern entlehnt.
Mit solch einem Lächeln also und mit einer Stimme süß melodisch wie ein Abendhauch des Boreas im angenehmen Monat November, verwies gar glimpflich Fräulein Brigitte der Jungfer Deborah ihre Neugierde; ein Fehler, der, wie es scheint, der letztern zu sehr anklebte, und welchen die erste mit großer Bitterkeit tadelte und hinzusetzte: sie danke dem Himmel, daß bei allen ihren Fehlern, ihre Feinde selbst sie nicht bezüchtigen könnten, daß sie sich in anderer Leute Sache mische und naseweis wäre.
Darauf fuhr sie fort, die Ehrlichkeit und den Mut zu loben, mit welchem Hannchen gesprochen hatte. Sie sagte: sie könne nicht umhin, mit ihrem Bruder dafür zu halten, es läge etwas Verdienstliches in der Aufrichtigkeit ihres Bekenntnisses und in der Treue des Worthaltens gegen ihren Liebhaber. Sie habe solche beständig für ein sehr gutes Mädchen gehalten und zweifle nicht, sie müsse durch irgend einen Schurken verführt worden sein, der unendlich viel strafbarer wäre, als das Mädchen, und der sie höchst vermutlich durch ein Eheversprechen oder ein anderes dergleichen heimtückisches Verfahren zu seinem Willen verleitet habe. Dies Betragen des Fräuleins machte Jungfer Deborah höchst bestürzt; denn dies wohlerzogene Frauenzimmer öffnete selten ihre Lippen, weder gegen ihren Herrn noch seine Schwester, sie habe denn vorher ihre Meinung ergründet, mit welcher dann ihre Aeußerungen allemal völlig übereinstimmend waren. Hier hatte sie indessen gedacht könne sie mit Sicherheit den ersten Ton angeben; und der scharfsinnige Leser wird sie vermutlich nicht dabei eines Mangels an entsprechender Vorsicht beschuldigen, sondern vielmehr bewundern, mit welch unglaublicher Schnelligkeit sie den Ton veränderte, als sie merkte, sie habe nicht die rechte Modulation getroffen.
»Nein, gnädiges Fräulein,« sagte dieses geschickte und wirklich sehr staatskundige Frauenzimmer, »das muß ich gestehen, ich kann den Mut des Mädchens nicht genug bewundern, so wenig als 'R Gnaden, und wie 'R Gnaden sagen, wenn sie betrogen ist, von 'm Schurken von Kerl, so muß man das arme Mensch bedauern; und gewiß genug, wie 'R Gnaden sagen, das Mädchen hat mir immer geschienen wie ein gut, ehrlich, bescheiden Mädel, und nicht breitthuerisch mit ihrem Gesicht wie wohl andre schnippsche Flirtgen in unsrer Nachbarschaft.«
»Sie hat recht, Deborah,« sagte Fräulein Brigitte, »wäre das Mädchen eins von den eiteln Schlumpen gewesen, deren wir nur zu viel im Kirchspiel haben, so hätt' ich meinen Bruder wegen seiner Gelindigkeit gegen sie selbst getadelt. Ich sah neulich zwei Pachterstöchter in der Kirche mit bloßem Busen; gewiß, ich ärgerte mich erschrecklich darüber! Wenn die Menscher Lockspeise für die Kerls auswerfen, so mögen sie auch wieder leiden, was recht ist. Solche Kreaturen hass' ich; und es wäre viel besser für sie gewesen, wenn die Blattern ihnen dicke Säume ins Gesicht genähet hätten. Aber das muß ich bekennen, an Hannchen hab' ich niemals ein solches üppiges Betragen wahrgenommen. Ich bin überzeugt, ein listiger Schuft muß sie betrogen haben, vielleicht hat er gar Gewalt gebraucht, und ich bedaure das arme Mädchen von ganzem Herzen!«
Jungfer Deborah gab allen diesen Meinungen Beifall, und der Dialog endigte mit allgemeinem und bitterem Schmälen auf Schönheit und mit mitleidsvollem Bedauern aller ehrlichen bescheidenen Mädchen, welche durch die gottlosen Künste ränkevoller Mannspersonen verführt werden.
Enthält Materien, welche des Lesers Erstaunen erregen werden.
Hannchen ging wieder nach Hause, ganz vergnügt über die Aufnahme, die ihr von Herrn Alwerth widerfahren war, dessen ihr erwiesene Güte sie mit bestem Fleiß öffentlich bekannt machte; teils vielleicht als ein Opfer, das sie ihrer eigenen Eitelkeit brachte, und teils aus der klüglichern Absicht, ihre Nachbarn mit sich auszusöhnen und ihr Gerede zum Schweigen zu bringen.
Allein obgleich diese letztere Absicht, wenn sie solche wirklich hatte, vernünftig genug scheinen mag, so entsprach doch der Erfolg keineswegs ihrer Erwartung; denn obgleich, als sie vor den Friedensrichter geladen ward, die allgemeine Vermutung dahin ging, sie würde nach einem Zucht- oder Spinnhause wandern müssen; – und einige junge Dirnen ausriefen: »das wär' ihr schon recht!« und sich mit dem Gedanken kitzelten, wie es Hannchen lassen würde, wenn sie in einem seidnen Kleide Hanf klopfte; – so gab's doch viele, welche anfingen, ihren Zustand zu bedauern: als es aber bekannt wurde, auf was Weise Herr Alwerth die Sache aufgenommen hatte, da kehrte sich das Gerede durchaus gegen sie. Die eine sagte: »ja, ja, Mamsell hat von Glück zu sagen, wahrhaftig!« Eine zweite schrie: »da sieht man's! Gunst geht über Kunst!« Und eine dritte: »ja, das kommt von ihrer Gelehrsamkeit!« Jedermann machte diese oder jene hämische Anmerkung, und alle stichelten auf die Parteilichkeit des Richters.
Das Betragen dieser Leute mag dem Leser unbesonnen und undankbar scheinen, wenn er an die Gewalt und Wohlthätigkeit des Herrn Alwerths denkt; allein, was seine Gewalt betrifft, so bediente er sich derselben niemals; und seine Wohlthätigkeit die übte er dermaßen, daß er dadurch alle seine Nachbarn gegen sich aufbrachte: denn es ist ein allen großen Männern wohlbekanntes Geheimnis, daß sie durch erwiesene Dienstleistung nicht immer einen Freund gewinnen, aber gewiß sich manche Feinde machen.
Indessen ward Hannchen durch die Vorsorge und Güte des Herrn Alwerth an einen Ort geführt, wo sie die bösen Zungen nicht weiter erreichen konnten; und als die Bosheit ihre Wut nicht länger an Hannchen auslassen konnte, fing sie an, einen andern Gegenstand ihrer Verleumdung zu suchen, und dies war kein geringerer, als Herr Alwerth selbst; denn es ging bald ein Geflüster umher, daß er selber der Vater des Findlings sei. Diese Mutmaßung vertrug sich nach der allgemeinen Meinung so wohl mit seinem Betragen, daß sie durchgängig Beifall fand; und das Geschrei gegen seine Sanftmut begann eine andere Wendung zu nehmen und verwandelte sich in Beschuldigung und Beschwerden über die Grausamkeit gegen die arme Dirne. Sehr ernsthafte gute Weiber schmälten auf solche Männer, welche erst Kinder zeugten und sie dann verleugneten. Auch fehlte es nicht an einigen, welche nach Hannchens Abreise zu verstehen gaben, sie wäre hinweggedräuet worden aus einer Absicht, die zu schwarz wäre, um sie zu nennen; und diese ließen sich nicht selten verlauten, die ganze Sache wäre einer richterlichen Untersuchung wohl wert, und gewisse Leute sollten mit Gewalt angehalten werden, das Mädchen wieder ans Tageslicht zu bringen.
Diese