Wrong turn. Juryk Barelhaven
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„Das war auch so gedacht, Spiro. Und jetzt ziehen sie die Jeans und das Hemd darüber. Wir mischen uns unters Volk.“
„Ich will einen Schalldämpfer“, sagte er zum Wachmann gedehnt und probierte eine weite zerlöcherte Jeans an. „Dazu noch drei Reservemagazine, zwei Messer und eine MP5A4 – Feuerstoßautomatik mit drei Reservemagazinen.“
Max schüttelte den Kopf und zog ein schmutziges Hawaiihemd über. „Wir wollen kein Land besetzen, Spiro. Gib mir noch die Kiste mit dem Sedativum, die Umhängetasche und das Erste-Hilfe-Set. Zwei Flaschen Wasser, sechs Riegel Müsslikonzentrat und zehn Bitcoins.“ Er wandte sich an Hansen. „Bevor Sie fragen, ja, die haben sogar eine eigene Währung. Sie haben Treibhäuser und in manchen Bezirken funktioniert sogar der Strom. Zweiundzwanzig Clans und dazu noch kleinere Splittergruppen unterteilt in Mexikaner, Schwarze, Inder, Orientalen, Europäer, nur Frauen, nur Männer, religiöse und sogar Kinder.“ Er unterdrückte ein Schaudern. „Beten Sie, das wir niemals den Kindern begegnen.“
„Oh, ja, die sind wirklich schlimm“, bekräftigte der Wachmann und machte ein sorgenvolles Gesicht. „Wie bei den Kinderkreuzzügen. Nur böse. Bestimmt nicht auf der Suche nach Jerusalem.“
Hansen sah beide an und suchte nach einer verräterischen Spur von Galgenhumor. „Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?“
Das Innere des Hangars war von dieser Neonkrankheit erhellt, die sich Licht schimpfte. Das Raumschiff stand allein mitten in dem gewaltigen Hangar. Max und Hansen schritten über den Zementfussboden, und jeder Schritt hallte laut wider. Unter der Maschine hockten zwei Mechaniker, die damit beschäftigt waren, mit hochsensiblen Messgeräten nach feinen Rissen alles abzusuchen. Als Max neben dem Raumschiff stand, spürte er, wie eine Welle der Erregung durch sein Inneres raste. Es weckte alte Erinnerungen in ihm. Die Gulfire war schlank und geschmeidig. In ihrem lackschwarzen Anstrich spiegelten sich das Neonlicht, das ihre Konturen als Schattenumriss auf den Boden abzeichnete. Die Pilotenkanzel war schwarz und undurchsichtig und erlaubte keine Sicht nach draußen. Max war erstaunt, dass ihn die Aussicht, wieder in den Krieg zu ziehen, so erregte. Er hatte immer gedacht, damit wäre es aus und vorbei. Aber alte Soldaten sterben nie…
„Fünf Minuten, bitte, Sir“, ertönte eine Stimme von irgendwo unter dem Raumschiff.
„Keine Sorge, Jungs, lasst euch Zeit“, erwiderte er und strich sanft über den Anstrich. „Ein Dreisitzer“, erläuterte er leise. „Fliegt automatisch und gleitet wie ein Segelflug dahin. Ganz geräuschlos. Dann steigen wir aus und die Gulfire fliegt zurück.“
„Und wenn uns jemand bei der Landung beobachtet?“
„Wir sehen sie zuerst. Die da oben suchen schon einen Platz, wo es keine Gaffer gibt. Hier“, sagte er und reichte ihm eine große blaue Pille, die er aus einem Schutzumschlag holte. „Ein starkes Antitoxin“, klärte ihn Max auf. „Das Mittel stoppt für sechs Tage Bakterien und Infektionen.“
„Und wenn ich es nicht nehme?“
„Hansen“, begann Max gedehnt und spürte langsam, wie seine Laune sich von Minute zu Minute verschlechterte. „Zusammen mit den Investoren sind auch vor Jahren die Hygiene und sauberes Trinkwasser von diesem Planeten geflüchtet. Meinetwegen nehmen Sie es nicht, aber dann beschweren Sie sich nicht, wenn Sie zuhause wie ein Obdachloser aus dem Mittelalter aussehen.“
„Schon gut, schon gut.“
Preston Smith winkte seinem Chef kurz zu und wartete geduldig, bis Max schlendernd näherkam. „Sir, ich vermute, Sie wollen unserem Gast nur den Hangar zeigen…“
„Nein, wir werden in zwei Stunden wieder hier sein.“
„Sir, das verstößt gegen ein Dutzend Paragraphen.“
„Ich weiß, was ich tue, Preston.“
„Wenn der Vorstand …“
„Wird er nicht“, unterbrach er ihn schroff. „Und Sie halten auch dicht. Wenn Anrufe reinkommen…“
„…denke ich mir etwas aus. Schon klar“, zischte Preston leise als würden sie beide versuchen ein Geheimnis zu bewahren. „Ist es das wert?“
„Ja, muss sein.“
„Bitte, Sir.“
„Jetzt gehen Sie schon. Ich mache das. Kontrollieren sie die Locks und schwärzen Sie die Zahlen ein bisschen. Ich halte den Deckel drauf. Was soll schon schiefgehen?“
Preston sah nicht glücklich aus, nickte aber und verschwand so schnell wie er gekommen war.
Die Minuten zogen sich hin. Endlich waren sie bereit und die Gulfire erwachte zum Leben, während sich beide anschnallten. Die Haube glitt über ihre Köpfe und verriegelte sich selbst. Einen Moment lang herrschte völlige Dunkelheit um ihn herum, bis die Kontrolllampen und die Meßanzeigen aufleuchteten. Um sie herum leuchteten Panoramaschirme auf und erfüllten das Cockpit mit einem unheimlich blauen Schein. Zu Hansens Überraschung gab es nur wenige Knöpfe – untypisch für ein hochkomplexes technisches Wunderwerk der Menschheit, das die Gravitation und die tödliche Kälte des Alls übertrumpft hatte. Max drückte auf einen Schalter. „Startfreigabe. System online, Kurs zwei-sieben, Manöver Beta Vierzehn, Eins-neun auf acht-sieben. Spruch des Tages: Wenn du einen Hammer hälst, sieht bald alles für dich wie ein Nagel aus.“
Hansen wandte sich fragend an Max. Der zuckte nur belustigt mit den Schultern. „Ein kleiner Scherz von unseren Technikern. Lässt sich nicht mehr löschen, aber ich finde es ganz gut…“
„Sehr tiefsinnig. Tatsache ist, dass ich lieber der Hammer als der Nagel bin“, sagte Hansen. „Ich agiere lieber, statt zu reagieren.“
„Freiheit. Eine Illusion. Je mehr sie sich sträuben, desto mehr verstricken sie sich. Sie müssen essen, trinken, aufs Klo gehen, das Gefühl haben geliebt zu werden und zu lieben, das Gefühl gebraucht zu werden und etwas zu verändern. Sonst hätten Sie es wohl nicht aus Ihrem Ghetto rausgeschafft, meinen Sie nicht? In unseren Innersten wollen wir alle nochmal auf den Arm unserer Mutter und glückselige Zufriedenheit erfahren… und auch dort versteckt sich Abhängigkeit. Was ich sagen will, ist, dass das Ihre letzte Chance ist, Hansen. Sobald ich den Knopf vor mir drücke, endet Ihre Freiheit. Sobald Sie auf Oasis sind…“
Für einen kurzen Moment zögerte Hansen. Der Moment zog sich, und je mehr Sekunden verstrichen, desto breiter wurde Maxs Grinsen. „Hansen?“
„Los jetzt.“
„Wollte nur sichergehen.“ Max drückte einen Knopf an der Konsole. Langsam rollte die Gulfire los. Sie hatten die Startbahn erreicht, als auf einem Monitor Zahlen und Daten auftauchten. Luftdruck, Air-Condition, Energieversorgung, Kühlmittel… Max las die Richtwerte und nickte zufrieden. Es bedeutete, dass seine Profis an einem Strang zogen. Fast geräuschlos beschleunigte die Gulfire, während sich hinter ihnen das Tor schloss. Jetzt zog die Gulfire durch einen länglichen Schacht und beschleunigte langsam auf dem Weg zum Schott, hinter dem das eisige Vakuum lauerte. Mit der Öffnung des Schotts entstand ein Sog, der die Maschine auf die gewünschte Geschwindigkeit von 740 km/h beschleunigte, mit einer Schubkraft von 8,6 Tonnen. Wie ein Papierkügelchen in einem Strohhalm katapultierte das Gefährt raus ins All, wo es durch den natürlichen Antrieb und den vier General Electric F266-GE-Triebwerken in die richtige Position für den Eintritt in die erdähnliche Atmosphäre von Oasis kam.
Schweiß rann über Hansens Gesicht. Max bemerkte es