Die Glocken der Stille. Arber Shabanaj
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Читать онлайн книгу Die Glocken der Stille - Arber Shabanaj страница 7
„Flober!“, sagte ich zu ihm. „Was hast du denn?“
Doch er weinte ununterbrochen, sodass er mir keine Antwort geben konnte.
„Beherrsch dich.“, sagte ich zu ihm. „Jetzt bist du ein Mann und musst fähig sein, es zu verkraften.“
Aufgrund meiner Worte staunte er.
„Das kann ich nicht. Du kannst dir kaum vorstellen, was mir passiert ist.“, fügte er hinzu, mit der Naivität eines ehrlichen Jungen. „Von dem Augenblick an, als ich von zu Hause aus losgefahren bin, um hierher zu kommen, spürte ich, dass es so kommen müsste … Vielleicht hätte ich nicht kommen sollen … Selbst wäre ich nicht gekommen … Es ist sehr hart …“
Ich bot ihm eine Zigarette an und er zündete sie an.
„Heute traf ich meine wahren Eltern!“, sagte er mit einem triumphalen Gefühl, das seiner Reife entsprach.
„Flora und Mark.“, vervollständigte ich.
Flober war sprachlos.
„Wie?! Du weißt es?! ... Ich kann es kaum glauben, mein Freund Skipetar …“
Er war nun mit einem total besiegten Soldaten zu vergleichen.
„Schau.“, sagte er zu mir und holte einen Brief raus. „Der Vater und die Mutter schrieben mir und sandten einen Brief, sofort nach dem sie den Artikel „Der Junge mit der Narbe“ gelesen hatten. Der Name, das Alter und die Narbe auf der Wange stimmten vollständig überein. Doch auf keinen Fall konnten sie in den kleinen Ort kommen, wo ich wohne. Die Mutter war krank, außerdem die Narbe meines leiblichen Vaters auf der Wange, identisch mit meiner, hätten möglicherweise Probleme für meine Eltern auslösen können und Neugier in dem Dorf erweckt.“
Ich zog tief an meiner Zigarette und Flober auch.
„Die Mutter, vor lauter Freude, konnte sich kaum beherrschen. Sie küsste mich, streichelte mich, als ob ich ein Kindergarten Bub wäre. Sie weinte. Sie weinten beide gemeinsam.“
„Sie erklärten mir, sie hätten mich nie verlassen. Nie. Da sie mich einmal im Monat besuchen kamen, bis ich ein Jahr alt wurde … Bis an dem Tag, als die Jugendamtszuständige zu ihnen sagte, dass ich nicht mehr leben würde … Ich begreife nicht, wie so etwas zu Stande gekommen ist, es ist aber passiert …“
„Mit Sicherheit hat jemand interveniert und jemanden bestochen. Du möchtest es mir verzeihen, aber deine Adoptiveltern könnten eine Rolle dabei gespielt haben.“, sagte ich zu ihm.
„So könnte es möglicherweise auch gewesen sein.“, gab er zu.
Flober sprach und ich spürte, dass dieses Ereignis ihn reifer und männlicher gemacht hatte. Mir kam es so vor, als ob er, der total besiegte Soldat, jetzt zwischen zwei Liebesgefechten stünde.
„Vielleicht bin ich noch zu jung, um eine derartige Geschichte verkraften zu können.“, sagte er.
„Nein, Flober, nein. Du hast sie wie ein wahrer Mann verkraftet. Das erste Gefecht hast du gewonnen …“
„Ich weiß.“, unterbrach er mich. „Ich weiß, dass noch zusätzliche Sorgen hinzukommen und du wirst fragen: Nun was wirst du jetzt machen? Wirst du hier leben, zusammen mit den Beiden, die dich gezeugt haben, in der einmaligen Villa? Zwischen den tausend guten Dingen, oder wirst du in das Dorf zurückkehren, um mit den zwei alten Leuten zu leben, die ihr Leben für dich dahin gegeben haben?“
„Vielleicht würde ich das auch selber sagen.“
Flober streckte sich und schaute mir direkt in die Augen:
„Ich kam hierher um dich zu treffen. Denn, wäre ich nicht gekommen, würde ich mich unwohl fühlen. Ich kam um dir zu sagen, dass ich heute nicht im Hotel sondern bei Flora und Mark übernachten werde. Mein Vater, Mark, wartet auf mich am Hoteleingang.“
Ich ging hinter ihnen auch raus. Ich spazierte durch die Straßen, der nicht allzu großen Stadt, mit meiner Überzeugung, dass alle über das wundervolle Ereignis des Jungen mit der Narbe diskutierten. Ich weiß nicht wieso, aber meine Beine führten mich in Richtung Teschestraße, zu Frau Dudens Haus. Ich sah Herrn Tom, der gerade dort herauskam.
Vielleicht bei dem Spaziergang durch die Straßen, war die Zeit so schnell vergangen, dass meine Beine mich direkt zum Restaurant hinführten um Abend zu essen.
Das ungewöhnliche Ereignis hatte die Tische mit Gästen gefüllt, wie selten zuvor, und es gab keinen einzigen freien Platz. Menschenleer war nur der Tisch, mit den Blumen, von Mark und Flora. Ich ging zu dem Tisch und setzte mich dorthin. Alle richteten die Blicke auf mich, aber da sie wussten, dass ich nicht von hier war, sagte niemand ein Wort.
*
Die Arbeit als Journalist führt mich häufig in die Stadt W. Ich habe dort jetzt, außer Busch, reichlich Freunde und Bekannte. Sie kennen mich und ich kenne sie. Einige von ihnen wissen, dass ich Schriftsteller bin und wir diskutieren häufig über Literatur. Doch Sie, liebe Leserinnen und Leser, sind daran nicht besonders interessiert. Sie wollen mit Sicherheit wissen, wie es Flober ergangen ist.
Jemand könnte meinen, dass Flober keinen Grund hatte, seine wahren Eltern abzulehnen, weil sie keine Schuld an dem hatten, was geschehen war und sie ihn in keinem Augenblick verlassen hatten.
Die zwei guten alten Menschen auch nicht, die Flober zwischen wer weiß wie vielen Sorgen großzogen. Mit Flora und Mark erwartete ihn ein wohlhabendes Leben, das selten jemand haben dürfte. Mit den guten alten Menschen in dem Dorf, das laute Lärmen der Traktoren, Tag und Nacht, ein durchschnittliches Leben insofern.
Da aber irgendwo, neben einem Zaun oder neben einem alten Kamin, gab es ein Mädchen, das auf ihn wartete …
Ich habe sie letztes Jahr getroffen, auch dieses Jahr. Ich weiß alles was danach passiert ist. Doch dieses Mal habe ich mich entschlossen, Ihnen nicht zu erzählen, welchen Lauf die Dinge nahmen, nachdem Flober mitbekommen hatte, wer seine wahre Mutter und sein wahrer Vater waren.
DE-Wuppertal 2018
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