Das Elfenbeinkind. Henry Rider Haggard
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Читать онлайн книгу Das Elfenbeinkind - Henry Rider Haggard страница 6
»Die Herren haben ja, im Gegensatz zu uns, keine Erfahrung im Abschuß von Großwild.«
»Ich wußte nicht, daß Sie selber welche hatten, Sir Junius,« antwortete ich gereizt, »denn, wenn ich mich recht erinnere, sagten Sie mir einmal in Afrika, das einzige Großwild, das Sie jemals geschossen hätten, wäre ein an Rotwasser erkrankter Ochse gewesen. Immerhin, das Schießen ist für mich Handwerk, nicht Sport wie für Sie, und ich liebe es nicht, zu fachsimpeln.«
Das daraufhin ausbrechende Gelächter stopfte ihm den Mund. Dann fing Scroope, der entzückendste aller Freunde, an, Abenteuer von mir zu erzählen, bis mir die Ohren klangen und ich hinauslief, um nach dem Wetter zu sehen.
Das hatte sich unterdessen sehr verändert. Der Himmel war bedeckt, und ein böiger Wind, der von Minute zu Minute stärker wurde, trieb kleine Schneeschauer vor sich her.
»Auf mein Wort,« sagte Lord Ragnall, der mich begleitete, »das sieht wenig hoffnungsvoll aus. Wir wollten in der Schonung am See, unserm besten Stand hier, heute nachmittag siebenhundert Fasanen schießen, aber ich bezweifle, daß wir auf fünfhundert kommen. Ich möchte Sie, Herr Quatermain, und Sir Junius zuhinterst in der Schonung postieren. Hier haben Sie noch die meisten Aussichten, da viele der Fasanen gegen diesen Wind überhaupt nicht bis zum See herankommen. Wenn es Ihnen recht ist, leiste ich Ihnen Gesellschaft, da ich selbst heute nicht mehr zu schießen gedenke.«
»Ich fürchte, Sie werden enttäuscht sein«, sagte ich nervös.
»O nein, das werde ich nicht«, antwortete er. »Ich sage Ihnen frei heraus, daß Sie den besten Schützen der ganzen Gesellschaft abgeben würden, falls Sie Gelegenheit hätten, sich eine Saison hindurch zu üben. Augenblicklich sind Sie sich noch nicht ganz klar über den Flug dieser Vögel, und außerdem sind Ihnen auch diese Gewehre fremd. Nehmen Sie ein Glas Sherry Brandy, das wird Ihre Nerven beruhigen.«
Ich trank den Sherry Brandy, und gleich darauf zogen wir los. Die Schonung, in der wir schießen sollten, lag am Rande eines hufeisenförmigen Sees. Vier von den Schützen wurden an seiner Rundung, van Koop und ich an seiner geraden Seite postiert. Ich stellte mit Unbehagen fest, daß die anderen von der gegenüberliegenden Seite aus alles, was wir schossen, aber auch alles, was wir nicht schossen, sehen konnten, und daß uns außerdem noch ein Trupp von Zuschauern, unter denen ich den Büchsenmacher erkannte, beobachtete. Aber auf dem Wege zum Boot, das uns über den See setzen sollte, ereignete sich etwas, was mich in sehr gute Laune versetzte und mir auch Beifall einbrachte. Ich passierte eben mit Lord Ragnall, Scroope und Charles in einer Entfernung von etwa fünfzig Metern eine Gruppe großer Bäume, als von der anderen Seite her ein Schrei: »Rebhuhn hoch drüber!« aus der heiseren Kehle des rotwestigen Jenkins herüberscholl, der das Abtreiben eines Streifens von niedrigem Unterholz leitete.
»Passen Sie auf, Herr Quatermain, die kommen von dieser Richtung her«, sagte Lord Ragnall, während Charles mir eine geladene Flinte in die Hand drückte. Eine Sekunde später tauchten die Vögel über den Baumwipfeln auf; ein großer Schwarm in langer Zickzacklinie, von den wütenden Stößen des Windes getragen, kamen sie mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit heran. Ich schoß auf den ersten Vogel, der mir tot vor die Füße fiel. Ich schoß nochmals, der zweite fiel mir herunter. Ich packte eine andere Flinte und traf einen dritten, gerade als er über mir hinflog. Dann drehte ich mich um, bekam einen vierten vors Korn, und »Bums!« fiel auch er – in der Tat, das war ein recht weiter Schuß.
»Donnerwetter!« sagte Scroope, »so etwas habe ich noch nie gesehen«, während Lord Ragnall mich anstarrte und Charles vor sich hinpfiff.
Aber jetzt will ich die Wahrheit sagen und meine ganze Hinterlist offenbaren: der zweite Vogel war gar nicht der, auf den ich gezielt hatte. Ich war zu kurz abgekommen und hatte den nächsten erwischt. Und in meiner Eitelkeit gestand ich das gar nicht ein, wenigstens nicht vor Abend. – Die vier Rebhühner wurden jetzt zusammengesucht, und unter einer Flut von Gratulationen setzten wir unseren Weg über den See fort. Als wir ins Boot stiegen, bemerkte ich, daß Charles außer den von mir mitgebrachten noch eine große Schachtel mit anderen Patronen trug.
Sie stammten von Herrn Popham, dem Büchsenmacher, der sie für den Fall, daß die meinigen nicht ausreichten, mitgenommen hatte. Ich sagte nichts; aber da ich von meinen dreihundertfünfzig noch die Hälfte übrighatte, fragte ich mich still, was für ein Schießen das noch werden sollte. Wir nahmen also unsere Standplätze ein. Währenddessen aber verstärkte sich der Wind zu einem wütenden Sturm. Aus allen Richtungen der Windrose schienen seine Stöße zu kommen.
»Das wird ein wilder Nachmittag«, sagte Lord Ragnall, und während er sprach, kam van Koop ziemlich verstört von seinem Stand zu; uns und schlug vor, die Jagd abzubrechen.
Ich war jedoch für die normale Abwicklung des Schießens.
»Ich denke, hier auf diesem offenen Platze sind wir ganz sicher, Sir Junius,« warf Lord Ragnall ein, »und da die Fasanen ohnehin schon aufgestört sind, macht es nicht viel aus, wenn sie ein bißchen herumgeblasen werden. Aber falls Sie anderer Meinung sind, würden Sie wohl gut tun, abzutreten und bei den Zuschauern drüben zu bleiben. Ich werde nach meinen Gewehren schicken und an Ihre Stelle treten.«
Als van Koop das hörte, nahm er seinen Vorschlag zurück.
So begann das Treiben. Zuerst blies der Wind von hinten, und in großer Menge flogen Fasanen über unsere Köpfe hinweg, die meisten ziemlich niedrig, den Schützen auf der anderen Seite entgegen, die aber trotz ihrer Geschicklichkeit keinen besonderen Erfolg hatten. Uns war untersagt worden, auf Vögel, die uns überflogen, zu schießen. So ließ ich sie ungeschoren. Van Koop jedoch kümmerte sich nicht um diese Weisung, feuerte mehrmals und erlegte auch einige der Vögel.
»Der Bursche ist kein Sportsmann,« bemerkte Lord Ragnall, »ich glaube, es ist die Wette.«
Dann sandte er Charles hin mit der Weisung, er solle mit dieser Schießerei aufhören.
Kurz darauf drehte der Sturm nach Norden, blieb so und raste immer wilder. Doch die Fasanen flogen im Schutz der Bäume immer noch dem Dickicht zu, in dem sie geboren und aufgewachsen waren. Sowie sie jedoch ins Freie kamen und die volle Gewalt des Windes fühlten, machten die meisten kehrt und wurden außerordentlich geschwind zurückgetrieben. In der nächsten Dreiviertelstunde etwa erlebte ich ein Schießen, wie ich wohl keins wieder zu sehen bekommen werde. Hoch über den ächzenden Bäumen und über dem See zu meiner Linken flatterten windgetrieben Fasanen in endlosen Zügen dahin. Merkwürdigerweise fand ich mich mit dieser wilden Schießerei so gut ab, daß ich, je unmöglicher mit dem verrinnenden Tage die Ziele wurden, besser und immer besser schoß. Auch van Koop erzielte gute Resultate. Die Schützen gegenüber aber machten nur sehr wenig. Als das Treiben sich seinem Ende nahte und die Vögel in immer dickeren Schwärmen daherkamen, schoß ich, wie gesagt, immer besser. Das ist auch aus der Tatsache zu ersehen, daß ich trotz Höhe und Geschwindigkeit ihres Fluges für meine letzten dreißig Fasanen nur fünfunddreißig Patronen verbrauchte. Der letzte, ein prachtvoller Hahn, kam, als wir schon dachten, alles wäre zu Ende, auf einmal von irgendwo her allein angesaust. So hoch flog er, daß er unter der Sturmwolke nur als vorüberhuschender Punkt erschien.
»Zu hoch – hat keinen Zweck!« sagte Lord Ragnall, als ich die Flinte hob. Ich feuerte jedoch, hielt, ich weiß nicht wie weit, vor, und siehe, der Fasan verendete in der Luft und fiel mit einem mächtigen Klatsch nahe den Ufern des Sees, aber in großer Entfernung von mir, nieder. Der Schuß war so bemerkenswert, daß alle, die ihn sahen, die meisten der Treiber inbegriffen, »Bravo« schrien und der rotbewestete alte Jenkins vor sich hin knurrte: »Ich will zerplatzen, wenn bei diesem Kerl alles mit rechten Dingen zugeht.«
Scroope schlug mich vor Freude so fest auf den Rücken, daß es schmerzte und mir beinahe