Im Schatten der Dämmerung. Marc Lindner

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Im Schatten der Dämmerung - Marc Lindner Die Diener der Krone

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schenkten ihnen keine Beachtung. Auf Fragen antworteten sie, wenn überhaupt, mit einem Kopfschütteln, ohne dabei ihren Gang zu verlangsamen. Allerorts waren die Häuser am verfallen und waren nur notdürftig mit Brettern und Lehm ausgebessert. Der Zahn der Zeit hatte an allen Ecken seine Spuren hinterlassen. Sie hatten den Stadtkern schon hinter sich gelassen, als sie ein eintöniges Hämmern vernahmen. Sie näherten sich dem Lärm und sahen, dass es sich um einen Schmied handelte, der lustlos auf ein verbeultes Stück Eisen schlug, ohne diesem eine erkennbare Form zu verleihen.

      „Seid gegrüßt werter Herr“, meldete sich Legarus zu Wort. Als der Handwerker keine Anstalten machte aufzuhören, fuhr er fort. „Wir suchen einen Händler. Wir bräuchten ein Pferd und ein wenig Proviant. Könntet ihr uns weiterhelfen?“

      Der letzte lustlos geführte Hammerschlag verhalte und Stille trat ein. Langsam hob der Fremde den Kopf und zeigte sein von Trauer verzehrtes Gesicht. Mit scharfen, aber unterlaufenen Augen musterte er die beiden und sein Blick ruhte etwas länger auf dem Pferd, bevor er langsam den Mund öffnete.

      „Dann müsst ihr es stehlen.“ Ein wehleidiges Grinsen verzerrte sein Gesicht. „Seit Masborn die Stadt seinen Soldaten überlässt, könnt ihr vieles nicht mehr kaufen. Alles gehört den Soldaten und die teilen nicht gerne.“ Wieder begann er wie wild auf sein Stück Eisen einzuhämmern. „Das geht jetzt schon so lange so, dass keine Familie mehr hier wohnt, die nicht mindestens einen Soldaten in der Familie hat. Wenn ich euch einen Rat geben darf, dann macht ihr auf der Stelle kehrt. Ich weiß von was ich rede.“ Eine lange peinliche Pause setzte ein und seine Muskeln spannten sich, als Wut in seinen Augen aufloderte. Legarus, den ein ungutes Gefühl übermannte, wurde es unwohl in seiner Haut und mühte sich vergebens nach passenden Worten zu suchen.

       Doch wieder war es der muskulöse Handwerker mit seinen zorngeladenen Gesichtszügen, der die Stille durchbrach. „Mein Sohn“, begann er, doch die Worte wollten nicht so recht kommen „er hatte sich geweigert, die Soldaten zu bezahlen und ihnen beitreten wollte er auch nicht ...“ Seine ohnehin finstere Miene wurde noch düsterer, während sich seine Faust um den Hammer ballte, sodass alles Blut aus seinen Fingern wich. Abermals erbebte seine Stimme. „... und sie haben ihn auf offener Straße hingerichtet.“ Er biss sich auf die Lippen. „Auf ihn eingeschlagen, bis er blutbeschmiert im Dreck lag.“ Zum Schluss schilderte er nur noch brüchig und jedes Wort verlangte ihm unglaubliche Willenskraft ab. Als er geendet hatte, stand er schwer atmend vor seinem Amboss und starrte leblos auf die festgestampfte, Öl getränkte Erde, ohne die beiden Fremden zu beachten.

      Nach einem weiteren gedankenschweren Moment des Schweigens, wollten sich die beiden zum Weitergehen umdrehen. Doch da suchte der Schmied den direkten Augenkontakt mit Legarus. Dieser hielt dem prüfenden Blick stand und fühlte sich dadurch ermutigt nachzuhaken.

      „Tut mir leid, dass diese dunkle Zeit auch euch nicht verschont hat.“ Legarus zögerte. „Könntet ihr uns nicht doch weiterhelfen?“ Obwohl der Schmied den Blick nicht von Legarus wandte, zeigte er keine Regung. Legarus näherte sich ihm und fuhr mit gesenkter Stimme fort, sodass nur dieser es vernehmen konnte. „Ich bin Amulius Agamemnon. Wir sind auf dem Weg zu der Stadt der Vergessenen. Unsere Treue gilt den Verfolgten, jenen, die uns vor langer Zeit verlassen haben.“

      Die Miene des Schmieds versteinerte nach einem flüchtigen Zucken. Seine Augen verengten sich und er maß Legarus von oben bis unten ab. Langsam richtete er sich auf und sein Blick wanderte erneut zu dem stattlichen Pferd herüber. „Ist das wahr?“, hauchte er und seine Gedanken suchten nach einem Beweis.

      „Es ist wahr. Der Blutzoll ist zu hoch. Es muss sich etwas ändern und ich suche Rat“, sprach Legarus leise.

      Der Schmied zögerte und Legarus spürte, wie er zwischen Glauben und Zweifel hin- und hergerissen war. Legarus griff unter seinen Überhang und zog ein kleines Messer hervor. Reflexartig wich der Schmied zwei Schritte zurück, doch Legarus richtete es nicht auf ihn. Stattdessen flüsterte er etwas Unverständliches. Ein blaues Leuchten erschien und der Schmied traute seinen Augen nicht. Er sah staunend zu wie Legarus sein Messer durch das Stück Eisen zog. Ungläubig nahm der Schmied die zwei Hälfen in seine Hände und fuhr prüfend mit einem Finger an der frischen Kante vorbei. Sie war kühl und glatt als wäre sie frisch poliert.

      „Dann sind die Legenden wahr.“ In Gedanken setzte er zu­sammen was er noch alles wusste. Er sah Legarus an und wusste um dessen Macht. „Ich möchte dir Glauben schenken“, hauchte der Schmied und richtete sich nun erst zu seiner vollen Größe auf. Hatte er bis zu diesem Augenblick nur aus Trotz in dieser Totenstadt vegetiert, so war es jetzt der schier unersättliche Durst nach Vergeltung, der ihm die Kraft verlieh, weiter zu leben. Die Wandlung des Ungetüms war so absolut und unerwartet, dass Asylma erschrocken ein paar Schritte zurück wisch. Sie sah förmlich, wie jede Faser des kindlosen Vaters belebt wurde. Die Augen bekamen einen neuen Glanz, während seine Willenskraft stärker als je zuvor auflebte. Auch Legarus wusste nicht, wie ihm geschah, als nun ein scheinbar jüngerer Mann in der Blütezeit seines handlungsreichen Lebens vor ihm stand.

      „Kommt, seid meine Gäste. Wir sollten nicht hier draußen zusammen gesehen werden.“ Seine Stimme war selbstbewusster. Seine Augen strahlten eine unbändige Kraft aus, und verrieten den frisch erwachten Tatendrang. Mit einer höflichen Geste bat er die erstaunten Fremden in seine Behausung einzutreten. Er legte eine Eleganz an den Tag, die man ihm aufgrund seines schwerfälligen Körperbaus nicht zugetraut hätte. Im Innern seines Hauses waren die Folgen des kargen Lebens sichtbar. Das einzige Mobiliar bestand aus einem grob gefertigten Tisch, drei Strohstühlen und einem Wandschrank. Sonstige Gegenstände – von einem motten­zerfressenen Teppich abgesehen –, die zur Zierde hätten dienen können, fehlten gänzlich. Den Eigentümer störte die Schlichtheit wenig, und er forderte sie auf, Platz zu nehmen.

      Die beiden Männer unterhielten sich fieberhaft über die dunklen Kräfte, die überall am Werk waren. Masborns Name fiel des Öfteren, da sie ihn als einen der Drahtzieher vermuteten. Überall wurden Streitkräfte ausgebildet und ausgerüstet, während der Rest der Bevölkerung hungern musste.

      „Überall wird es zu einem Aufstand kommen. Wenn ich nur wüsste, wer wem zu Loyalität verpflichtet ist“, rätselte Legarus.

      „Du meinst nicht, dass die Soldaten ihre Städte für sich behalten wollen?“

      „Es macht keinen Sinn. Warum sollte Masborn tatenlos zusehen? Ohnehin ist zu viel Verkehr auf den Straßen.“

      „Aber es gibt keinen Handel mehr. Ich kenne keinen mehr der etwas über hat, das er verkaufen könnte!“

      „Hier nicht, aber andere Städte blühen. Masborns Streitkräfte sind gut ausgerüstet und sie sind oft in Bewegung.“

      „Du meist Masborn plant einen Angriff auf andere Bezirke?“

      „Möglich, warum sonst lässt er sein Gebiet ausbluten. Er zieht alle Ressourcen in sein Militär. Er muss wissen, dass er diesen Zustand nicht mehr lange aufrechthalten kann.“

      „Es wird zum Bürgerkrieg kommen.“ Brontes' Hass auf Masborn saß tief. Er wusste wem er die Schuld an seinem Schicksal geben musste.

      „Überall lodert es.“ Legarus gefiel es nicht, keine Antwort auf all die Rätsel zu finden. Es ergab keinen Sinn.

      „Wir müssen den Aufstand organisieren“, meinte Brontes und erfreute sich an dem Gedanken, es Masborn schließlich doch vergelten zu können.

      „Es wird nichts ändern. Ich bin zu weit gereist. Vielerorts sieht es aus wie hier. Selbst wenn wir hier gewinnen könnten, so würden andere Gebietsherren über uns herfallen, um von deren Problemen abzulenken.“

      „Du hast gesagt, du möchtest zu den

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