Quentin Durward. Walter Scott

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Quentin Durward - Walter Scott

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sich nun einmal nicht zur Kriegführung, das haben die Tage von Crécy und Azincourt bewiesen, und wer ihm was gegen seine Ansicht sagen will, dem kommt er gleich mit diesen beiden Schlachten entgegengerückt, die für die französischen Ritter in so großem Maße unglücklich verliefen. Na, siehst Du nun ein, lieber Neffe, wo unser Weizen blüht, und wo Du, wenn Du reich werden willst, schließlich noch die allerbesten, wenn nicht die Einzigen, Aussichten dazu hast?“

      „Ich glaube, den Sinn Eurer Worte richtig zu erfassen, Onkel“, versetzte Quentin Durward, „aber mir scheint, viel Ehre ist bei diesem König nicht zu holen! Denn ich sehe nicht, wo es bei ihm Gefahren gibt. Mir kommt der Dienst bei ihm, verzeiht mir den Ausdruck, Onkel, so recht vor wie ein Schlaraffendienst. Warum hat ein alter Mann, dem doch niemand was zu Leide tut, so viel Wachen nötig? Wem kann was daran liegen, Sommer und Winter auf seinen Festungswerken herumzulungern oder in einem eisernen Käfig zu stecken? Ist das etwa viel Ehre, unter dem ewigen Verdacht des Ausreißers zu stehen? Ich komme mir da wirklich nicht anders vor, wie ein Falke, der auf seiner Stange hocken muss, ohne nur ein einziges Mal auffliegen zu dürfen.“

      Ich muss man sagen“, rief Balafré, „Mut und Feuer stecken in dir; es steckt was von Lesleyschem Geist in ihm; so war ich selber, und keinen Deut anders. Aber jetzt heißt meine Parole: Vivat König Ludwig! Lang lebe der König von Frankreich! Bei ihm vergeht fast kein Tag, an welchem es nicht einen Auftrag gibt, bei dessen Ausführung was für unsereinen kleben bleibt! Meine bloß nicht, als ob die schwierigsten Stückchen immer bei hellem Tage ausgeführt würden! Ich könnte Dir manches erzählen, wie Schlösser gestürmt, Gefangene eingebracht wurden, und wo einer, wenn auch keinen großen Namen, so doch größere Gunst zu gewinnen vermag, als all die Wagehälse zusammengenommen im Dienste des wagehalsigen Herzogs von Burgund! Wenn es unserm Könige beliebt, sich im Hintergrund aufzustellen und uns bei unserm Tun zu beobachten, so hat er doch ganz gewiss bessere Gelegenheit zu gerechtem Abwägen von jedes einzelnen Verdienstes, als wenn er sich selbst mit in dem Kampfe getummelt hätte. Nein, nein! Da hilft kein Reden! König Ludwig ist ein gar scharfblickender Herr und ein politischer Herrscher, wie wir keinen andern haben neben ihm!“

      Quentin Durward schwieg eine Weile, schließlich sagte er, leiser als bisher, aber nicht minder ausdrucksvoll: „Der gute Pater Peter meinte manchmal, durch manche Tat wurde nicht viel Ehre eingeheimst, oder mancherlei Vorteil zu gewinnen gewesen.Ich brauche Euch wohl nicht zu sagen, Onkel, dass meine Vermutung solche geheim erteilten und heimlich auszuführenden Aufträge nicht immer besonders ehrenvoll sein mögen.“

      „Wofür, Neffe, hältst Du mich denn?“, fragte Balafré finster; „ich bin allerdings in keinem Kloster erzogen worden, kann auch weder lesen noch schreiben; aber ich bin ein ehrlicher Lesley. Meinst Du, ich, als Dein Onkel, wollte Dir etwa Unwürdiges anbieten? Der beste Ritter Frankreichs, Guesclin selbst, könnte, wenn er noch am Leben wäre, stolz sein auf solche Taten, wie ich sie ausführte.“

      „Ihr seid mein einzige Ratgeber, Onkel“, antwortete Quentin Durward, „den mir ein unseliges Geschick aufbewahrt hat, und ich Zweifel nicht an Euren Worten. Trifft es zu, was gerüchtweise verlautet, dass der König von Frankreich hier in Plessis solch dürftigen Hof halte? Es soll keiner von seinen Edlen hier sein, keiner von seinen großen Vasallen und Hofleuten in seiner Nähe weilen, kein Kronbeamter zu seiner Verfügung stehen? Außer ein paar einsamen Ausflügen, an denen bloß die Leibdiener teilnehmen dürfen, ein paar geheime Sitzungen, zu denen lediglich eine kleine Zahl von Personen zugegen sind, wie beispielsweise sein Barbier, soll nichts hier vorgehen, was an eine königliche Hofführung erinnert? Wenn sich das wirklich so verhält, dann scheint mir doch wenig von den Bräuchen und Sitten seines Vaters des edlen Königs Karl, auf König Ludwig übergegangen zu sein. Dabei hatte König Karl das zur Hälfte von England eroberte Königreich wieder durch Krieg an sich gebracht!“

      „Du schwatzt Unsinn“, erwiderte Balafré, „und leierst wie ein Kind die alten Noten auf neuen Saiten. Wenn König Ludwig seinen Barbier Oliver Dain zu dingen braucht, die dieser besser versteht, als alle Pairs in seinem Land, hat nicht dann sein Königreich den Gewinn davon? Wenn er seinem martialischen Generalprofossen Befehl gibt, diesen oder jenen aufrührerischen Bürger in Haft zu nehmen oder den oder jenen Edelmann beiseitezuschaffen, dann geschieht es doch eben ohne viel Federlesens. Aber nicht der Fall wäre es, wenn er solchen Auftrag einem Herzog oder Pair seines Landes erteilen wollte, da könnte er sich fast immer darauf gefasst machen, dass er den Auftrag mit einer Herausforderung zurückbekäme, auf die Ausführung aber fein säuberlich warten könnte. Oder spricht es etwa nicht von königlicher Weisheit, wenn Ludwig Balafré mit einem Auftrag bedacht wird, der beim Großconnetable vielleicht ganz und gar nicht in den richtigen Händen gewesen wäre? Ist solcher Monarch nicht gerade für Leute wie uns der richtige? ... Du kannst mir glauben, König Ludwig versteht es, sich die rechten Leute für seine Befehle auszusuchen, und misst, wie man wirklich sagen kann, jedem genau zu, was er tragen kann. Aber, höre! Da schlägt die Glocke von Sankt Martins! Die ruft mich zurück ins Schloss. So leb denn wohl und nimm Dich recht zusammen! Sei um acht Uhr früh an der Zugbrücke und frage die Schildwache nach mir! Aber sieh Dich vor, dass Du nicht vom richtigen Wege abkommst, sobald Du Dich dem Portal näherst, denn es könnte Dich, wenn Du das außer Acht lässt, leicht ein Glied von deinem Leibe kosten, und das büßt doch niemand gern ein! Ich sage Dir, Neffe, Du sollst den König Ludwig sehen, und sollst dann selbst über ihn urteilen. Auf ein Wiedersehen!“

      Mit diesen Worten eilte Ludwig Balafré hinweg und vergaß in der Eile, den Wein zu bezahlen. Bei Personen seiner Stellung ist solche Vergesslichkeit keine Seltenheit, und der Wirt mochte sich vor dem wehenden Federbusch nicht getrauen, ihn aufmerksam zu machen. Von Quentin Durward hätte man nun erwarten können, dass er sich wieder in sein Turmzimmer begeben hätte, um den süßen Tönen weiter zu lauschen, die seine Morgenstunde so herrlich aufgeheitert hatten. Aber sein Onkel hatte ihn zu derb in die Wirklichkeit zurückgeholt. Er besaß jetzt keinen Sinn mehr für Romantik, sondern unternahm einen Spaziergang am Ufer des wild strömenden Cher, hatte sich aber zuvor sorgsam bei dem Herbergswirt erkundigt, ob in dieser Gegend etwa auch Fußangeln gelegt seien, die zu besonderer Vorsicht nötigten. Der Wirt hatte ihm nach dieser Hinsicht beruhigen können, und so versuchte er nun am Ufer des wilden Flusses seine wirren Gedanken zu sammeln und Pläne für sein zukünftiges Leben zu schmieden. Das zukünftige Leben erschien ihm durch die Unterhaltung mit seinem Onkel zweifelhaft.

      Sechstes Kapitel.

      Die Art von Durwards Erziehung hatte weder sein Herz bilden, noch sein sittliches Gefühl stärken können. Er war zur Jagd angehalten und gelehrt worden, den Krieg als einzige ernsthafte Beschäftigung, zugleich aber auch für die größte Lebenspflicht zu halten und erlittenes Unrecht aufs grimmigste zu rächen.

      Nichtsdestoweniger fühlte sich Quentin durch die Gleichgültigkeit verletzt, womit sein Onkel die Nachricht von der Ausrottung der ganzen Familie seines Schwagers aufgenommen hatte; auch konnte er nicht umhin, sich zu wundern, dass ein so naher Verwandter ihm keine Unterstützung anbot, die er doch ohne Meister Peters Freigebigkeit notgedrungen hätte, in Anspruch nehmen müssen. Gleichwohl tat er seinem Onkel unrecht, dass dieser Mangel an Aufmerksamkeit auf seine wahrscheinlichen Bedürfnisse von wirklichem Geiz herrührte. Da er selbst in diesem Augenblick des Geldes nicht benötigt war, war es Balafré auch nicht eingefallen, dass sich sein Neffe in dringender Verlegenheit befinden könnte. Er hielt einen nahen Verwandten wie Quentin zu sehr für einen Teil seiner selbst, als dass er nicht ebenso für das Wohl seines Neffen Sorge trug. Allein, was auch immer der Beweggrund sein mochte, so war diese Vernachlässigung dem jungen Durward durchaus nicht angenehm, und er hegte mehr als einmal den Wunsch, in die Dienste des Herzogs von Burgund getreten zu sein. Ehe er die Gelegenheit bekam, über Meister Peter mit Balafré zu sprechen, wurde er von der großen Glocke von St. Martins unterbrochen, obwohl er eine Frage nach der anderen auf der Zunge lag. Er sagte sich, der alte Mann sei wohl finster und unfreundlich, scharf und spottend, aber doch edelmütig und freigebig gewesen, und ein altes, schottisches Sprichwort sagt: „Besser ein freundlicher Fremder, als ein fremder Blutsfreund!“

      „Ich muss den

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