Quentin Durward. Walter Scott

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Quentin Durward - Walter Scott

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Tu, was Dir befohlen wird!“ Mit diesen Worten verließ er das Gemach, Quentin durch einen Wink begreiflich machend, dass er ihm nicht folgen solle. Dieser blieb verwundert zurück und wusste durchaus nicht, was er von der Sache denken solle. Sein erster und natürlichster, wenn auch eben nicht der würdigste Antrieb war, in den silbernen Becher zu gucken, der über die Hälfte mit Geldstücken angefüllt war, die sich wohl auf einige Dutzend belaufen konnten, während Quentin in seinem ganzen Leben noch keine zwanzig besessen hatte. Ließ es sich aber auch mit der Würde eines Edelmanns vereinigen, das Geld von dem reichen Plebejer anzunehmen? Das war freilich eine bedenkliche Frage; denn wenn er auch ein gutes Frühstück zu sich genommen hatte, so hatte er doch kein Geld, um entweder nach Dijon zurückzureisen, falls er es wagen sollte, sich dem Zorn des Herzogs von Burgund auszusetzen, oder um sich nach Saint-Quentin zu begeben, wenn er sich für den Connetable Saint-Paul entschied. Vielleicht fasste er unter diesen Umständen den klügsten Entschluss, indem er sich vornahm, sich der Leitung seines Onkels anzuvertrauen. Er steckte einstweilen das Geld in den samtenen Falkenbeutel und rief den Wirt des Hauses, um ihm den Becher wieder zurückzugeben und sich über den freigebigen und verschwenderischen Kaufmann bei dieser Gelegenheit zu erkundigen.

      Der Wirt zeigte sich, wenn auch nicht mitteilsam, doch gesprächiger als vorhin. Er weigerte sich unbedingt, den silbernen Becher zurückzunehmen, da er nicht ihm, sondern dem Meister Peter gehöre, der ihn seinem Gaste geschenkt habe.

      „Aber ich bitt Euch“, rief Durward, „sagt mir bloß, wer dieser Meister Peter ist, der Fremden so beträchtliche Geschenke macht?“

      „Meister Peter?“, fragte der Wirt, die Worte dabei so langsam aus seinem Munde fallen lassend, als ob er sie destillieren wolle.

      „Ja doch!“ wiederholte Durward schnell und bestimmt; „wer Meister Peter ist, frage ich, und warum er mit seinen Geschenken in dieser Weise um sich wirft? Und wer der Kerl ist, der einem Fleischer ähnlich sieht und der das Frühstück bestellen musste?“

      „Da hättet Ihr ihn selbst fragen sollen, den Meister Peter; was aber den Herrn betrifft, der das Frühstück bei mir bestellt hat, so mag uns Gott vor seinem näheren Umgange bewahren!“

      „Dahinter steckt ein Geheimnis!“, sagte der junge Schotte; „Meister Peter hat mir gesagt, er sei ein Kaufmann.“

      „So? Dann ist er auch sicher ein Kaufmann.“

      „Mit was für Ware handelt er denn?“

      „O, mit allerhand, besonders aber hat er Seidenmanufakturen hier angelegt, die ganz ebenso schöne Sachen liefern, wie die Venetianer aus Indien und Kathai bringen. Habt Ihr nicht die Reihen von Maulbeerbäumen gesehen, als Ihr hierher kamt? Die sind alle auf Meister Peters Befehl angepflanzt worden, zur Nahrung für die Seidenwürmer.“

      „Allein das junge Mädchen, das die gedörrten Pflaumen hereinbrachte, wer ist denn die, guter Freund?“, fragte der Gast.

      „Sie wohnt bei mir, Sir, mit ihrer Aufseherin, wohl einer Base, wenn ich nicht irre!“ versetzte der Gastwirt.

      „Aber ist es denn bei Euch Sitte, dass Eure Gäste sich gegenseitig aufwarten?“ fragte Durward. „Denn ich hab's doch bemerkt, dass Meister Peter nichts aus Eurer Hand oder aus den Händen Eurer Leute nehmen wollte.“

      „Reiche Leute haben nun so ihre Launen; denn sie können's bezahlen!“, sagte der Wirt; „das ist nicht das erste Mal, wo Meister Peter Mittel und Wege gefunden hat, vornehme Leute nach seinem Wink tanzen zu lassen.“

      Der junge Schotte fühlte sich durch diese Äußerung einigermaßen gekränkt, verbarg aber seinen Verdruss und fragte, ob er hier für sich auf einen Tag, vielleicht auf noch längere Zeit, ein Zimmer bekommen könne.

      „Das versteht sich“, sagte der Gastwirt; „solange es Euch beliebt, Ihr habt nur zu befehlen.“

      „Darf ich den Damen meine Aufwartung machen, da ich nun doch unter einem Dache mit ihnen wohnen werde?“ Der Gastwirt wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Endlich erwiderte er: Sie gingen nicht aus und empfingen auch zu Hause keinen Besuch.

      „Mit Ausnahme Meister Peters, nicht wahr?“, fragte Durward.

      „Es kommt mir nicht zu, Ausnahmen anzuführen“, entgegnete der Wirt fest, aber achtungsvoll.

      Quentin, durch die Antwort des Gastwirts neuerdings verletzt, verlangte in sein Zimmer geführt zu werden. Der Gastwirt stieg eine Wendeltreppe hinauf, dann eine Galerie entlang, auf die viele Türen führten. An ihrem äußersten Ende blieb er stehen, suchte einen Schlüssel aus dem großen Schlüsselbund hervor, den er an seinem Gürtel trug, und öffnete die Tür. Seinem Gast bot er ein zwar kleines, aber reinliches und trauliches Turmzimmer an, das mit einem Feldbett und einigem Hausrat versehen, in guter Ordnung war und ihm, im ganzen genommen, wie ein kleiner Palast erschien.

      „War das ein glücklicher Gedanke, so vom Flecke weg in den Bach zu springen!“, rief Quentin Durward, als der Wirt sich entfernt hatte, und machte einen Freudensprung; „nie ist mir das Glück in einer besseren Gestalt erschienen.“

      Er trat an das kleine Fenster, von wo aus man, da der Turm beträchtlich aus der Hauptlinie des Gebäudes hervortrat, nicht nur in einen hübschen, ziemlich geräumigen Garten hinab sah, sondern auch eine freundliche Anpflanzung von Maulbeerbäumen überschauen konnte. Wenn man aber von diesen entfernten Gegenständen das Auge hinwegwandte und längs der Mauer hinsah, so bemerkte man einen anderen Turm gegenüber mit einem ebensolchen kleinen Fenster wie das, an welchem jetzt Quentin stand. Nun würde es aber einem, der zwanzig Jahre älter wäre als Quentin, schwer begreiflich sein, warum diese Örtlichkeit ihn mehr interessierte, als der schöne Garten oder die freundliche Maulbeerpflanzung. Im gegenüberliegenden Fenster, hing eine Laute in einer Nische. Eine Laute ohne eine Sängerin, war bei Durwards jugendlichem Alter ausgeschlossen; weiter lässt sich leicht vermuten, dass Durward von der Besitzerin der Laute mehr zu erfahren wünschte, wenigstens darf man voraussetzen, dass es ihn interessierte, dahinter zu kommen, ob es etwa dieselbe Person sei, die Meister Peter so demütig aufgewartet hatte. Es ist sicherlich begreiflich, dass er sich nicht der vollen Länge und Breite nach in seinem eigenen Fenster zeigte. Nein! Durward verstand sich besser auf die Kunst, Vögel zu fangen; er wusste sich geschickt auf einer Seite des Fensters zu verbergen, und bloß durch den Laden guckend, hatte er das Vergnügen, einen schönen, runden, weißen Arm zu erblicken, der eben die Laute herabnahm, worauf auch seine Ohren für sein geschicktes Verhalten ihren Lohn empfingen.

      Das Mädchen in dem kleinen Turm, sang eins von jenen kleinen Liedern, wie sie von den Lippen der Edelfrauen zur Zeit des Rittertums flossen, bei denen Ritter und Minnesänger lauschten und seufzten. In den Worten lagen weder viel Sinn, Geist und Phantasie, um die Aufmerksamkeit von der Musik abzulenken, noch zeigte diese so viel Kunst, um alle Empfindungen von den Worten abzuziehen. Das eine schien bloß für das andere da zu sein, und wäre der Gesang ohne die Noten rezitiert, oder die Musik ohne die Worte gespielt worden, so würde keins von beiden etwas wert gewesen sein. Aber auf Quentin übte beides eine mächtige Wirkung, zumal die Gestalt der Sängerin nur teilweise und nicht deutlich sichtbar war, so dass sich ein geheimnisvoller Zauberschleier über das Ganze breitete.

      Nach dem Lied konnte der Lauscher nicht umhin, mehr von sich zu zeigen, um vielleicht mehr als nur einen kurzen Blick zu erhaschen. Allein die Musik hörte augenblicklich auf, das Fenster wurde geschlossen und eine dunkle, von innen vorgezogene Gardine setzte allen weiteren Beobachtungen ein Ende.

      Fünftes Kapitel.

      Der Ritter, der auf Quentin Durward in dem Zimmer wartete, wo derselbe gefrühstückt hatte, gehörte jenem berühmten Bogenschützenkorps der schottischen Leibgarde

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