Im Bann von covid-19. Peter Wolff

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Im Bann von covid-19 - Peter Wolff

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für viele ähnlich gelagerte Streitigkeiten im Zusammenhang mit Aufmärschen gegen die Corona-Maßnahmen.

      Protestaktionen gegen die Corona-Politik finden seit April 2020 regelmäßig statt.

      Insbesondere wegen mangelnder Distanzierung oder Verbreitung von Falschinformationen zur Covid-19-Pandemie, Verschwörungstheorien und verfassungsfeindlichen Aussagen sind einige dieser Demonstrationen durchaus umstritten.

      Was denken Sie: Sollten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen erlaubt sein? Oder ist es in der aktuellen Notsituation statthaft, Protestkundgebungen zu untersagen?

      Und was sagt das Grundgesetz?

      Soviel vorweg: Das Recht auf freie Meinungsäußerung und darauf, diese auch nach außen hin vertreten zu dürfen, ist einer der größten Errungenschaften unserer Zivilisation.

      Diese ist bei weitem nicht weltweit gegeben. Wir dürfen froh und glücklich sein, in einem Land zu leben, dass, was diese Grundrechte betrifft, zweifelsfrei zu den „Vorzeigestaaten“ gehört. Fragen Sie mal nach in China, Saudi-Arabien oder Nordkorea, oder, wer's lieber europäisch mag, im wunderschönen Reiseland Türkei, in Belarus oder Aserbaidschan.

      Das Recht, zu demonstrieren ist im Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, Art.8GG, verankert.

      Art.8 GG lautet seit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 wie folgt:

      (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

      Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden (70).

      Die Versammlungsfreiheit kann also durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt werden. Von besonderer praktischer Bedeutung ist hierbei die Staatspflicht zum Schutz von Leib und Leben seiner Bürger.

      Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird regelmäßig auf die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes als rechtliche Grundlage für Maßnahmen der zuständigen Infektionsbehörde verwiesen, wenn es um die Frage geht, ob Demonstrationen in Zeiten wie den Aktuellen erlaubt sind oder nicht.

      Für den Fall der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten stellt § 28 Abs. 1 IfSG die maßgebliche Ermächtigungs-grundlage dar. Diese Vorschrift hat auszugsweise folgenden Wortlaut: „Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt (…), so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

      Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten (…) schließen.“

      Darüber hinaus gibt §32 des IfsG den Landesregierungen die Möglichkeit, per Rechtsverordnung An- und Versammlungen komplett zu verbieten.

      Eben dieser Paragraph erlaubt es den Landesregierungen ferner, auch das Grundrecht der Freizügigkeit, damit

      gemeint ist das Recht, sich frei bewegen zu dürfen, landesweit einzuschränken.

      Die Eingriffsermächtigung des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ist sehr weit gefasst und erlaubt der zuständigen Behörde die Anordnung aller notwendigen Schutzmaßnahmen.

      Adressaten dieser Maßnahmen können auch Personen sein, von denen selbst keine Gefahr ausgeht, ebenso die Allgemeinheit, wenn dies zur Bekämpfung einer weiteren Verbreitung des Corona-Virus als notwendig erscheint. So kommt auch die Anordnung von „Ausgangssperren“ in Betracht, also des grundsätzlichen Verbots, die eigene Wohnung zu verlassen. Gleiches gilt für die Anordnung von Kontaktverboten oder zwischen mehreren Menschen einzuhaltende Mindestabstände.

      Das infektionsbehördliche Maßnahmen mit tiefgreifenden Grundrechtseingriffen einhergehen, steht deren Rechtmäßigkeit also nicht per se entgegen. Denn § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG schränkt verschiedene Grundrechte, nämlich die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung, ausdrücklich ein.

      Allerdings haben auch infektionsschutzbehördliche Anordnungen ihre Grenzen. Denn das Infektionsschutzgesetz verlangt von den Regierungen ausdrücklich auch, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

      Die Behörde muss insbesondere prüfen, ob ein milderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem das Ziel -aktuell die Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus - gleichermaßen gut verwirklicht werden kann.

      Darüber hinaus ist eine Maßnahme i. S. v. § 28 Abs. 1 IfSG nur dann rechtmäßig, wenn das Gewicht der Seuchen-bekämpfung im Rahmen einer Abwägung gegenüber den entgegenstehenden Rechten der betroffenen Bürgerinnen und Bürger überwiegt.

      So ist insbesondere zu prüfen, ob eine behördliche Maßnahme die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen gefährdet. Sollte dem nachweislich so sein, gilt es zu entscheiden, ob die Seuchenbekämpfung oder aber das wirtschaftliche Überleben des Einzelnen Priorität genießen sollte.

      Die Notwendigkeit entsprechender Anordnungen kann damit begründet werden, dass die Ausbreitung des Infektionsgeschehens zeitlich verlangsamt und insbesondere von der Influenzawelle entkoppelt werden müsse. Außerdem wird behördlicherseits darauf abgestellt, dass die medizinischen Versorgungssysteme über einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen und damit nicht durch eine Vielzahl gleichzeitig kranker Menschen übermäßig belastet werden sollen. Schließlich wird auf den Schutz der Angehörigen von Risikogruppen verwiesen (71).

      Wie so oft: Es gibt gute Gründe einmal für, aber auch solche gegen ein Demonstrationsverbot.

      Im Juni 2020 in Berlin ertönt vor dem Beginn einer Corona-Demonstration wieder und wieder eine Lautsprecherdurchsage, in der auf die Notwendigkeit des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung hingewiesen wird. Während der Demonstration selbst jedoch tragen viele der Demonstranten keine Maske. Wer es doch tut, erntet Hohn und Spott (72).

      Geradezu absurd: diejenigen, die – angeblich - gegen die Corona-Regeln auf die Straße gehen sorgen durch ihr Verhalten dafür, dass die Maßnahmen der Bundesregierung womöglich noch drastischer ausfallen als sie schon sind, weil die Demonstranten sich nicht an die Vorgaben halten.

      Die Polizei greift konsequent ein und löst die Demonstration auf. Meine Meinung: Gut so! Das Demonstrationsrecht bleibt hier unangetastet, die Demokratie funktioniert.

      Denn die einzuhaltenden Hygienevorschriften schränken die Meinungsfreiheit kaum ein. Hier ist es keinesfalls die Einschränkung einer freien Meinungsäußerung, sondern die Volksgesundheit, um die es geht. Das Grundrecht wird, wenn überhaupt, dann nicht etwa beschränkt, um die Verbreitung einer Meinung zu unterdrücken, sondern wegen der Gefahr der Weiterverbreitung des Virus.

      Der Staat versucht mit dem Abstandsgebot und der Maskenpflicht legitimerweise, die Masseninfektion zu verhindern oder einzudämmen. Und hierfür muss spätestens dann eingegriffen werden, wenn Demonstranten Masken und das Einhalten von Abstandsregeln demonstrativ verweigern und durch dieses Verhalten auf Demonstrationen die Ausweitung der Pandemie noch begünstigen. Wer auf „Anti-Corona-Demonstrationen“ seine Gesinnung dadurch kundtut, dass er sich nicht an die Regeln hält, verwirkt sein Recht, demonstrieren zu dürfen.

      In

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