Die Schlacht von Terria. Sabine Gräfin von Rothenfels
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Unter der Herrschaft von König Marken blühte das Reich auf. Alle Kinder besuchen jetzt eine Schule wo sie lesen, schreiben und rechnen lernen. Freilich, viele Bücher gibt es nicht. In Almach leben nur wenige Gebildete und Schreiber. Doch wer Wissen zu vermitteln hat, gibt dieses gerne weiter.
Die jungen Männer werden im Militärdienst ausgebildet. Alle Maiden lernen zu spinnen, weben und nähen. So dass die Gesellschaft wachse und jeder etwas in die Gemeinschaft einbringe. Jedem Mädchen oder Jungen ist erlaubt, ein Handwerk oder eine Fertigkeit zu erlernen. Auf dass ein jeder Bürger Almachs seinen Lebensunterhalt verdienen kann und seinen Beitrag für die Allgemeinheit leistet. Manche sind auch als Diener im Haushalt des Königs beschäftigt. Einige befassen sich mit Verwaltung, öffentlicher Ordnung oder Bildung. Dies sind die Edlen im Reich. Alle achten die Edlen. Darum versorgt jeder Bürger diese Familien mit Nahrungsmitteln oder anderen Diensten. Gold oder andere Zahlungsmittel gibt es nur sehr wenig. So werden Arbeiten für das Reich in Naturalien und Dienstleistungen entlohnt. Jahrzehnte zurück gab es oft Überfälle auf Andria. Wilde Horden fielen in die kleine Siedlung ein, um den Menschen das Wenige, dass sie hatten, zu rauben. Doch die Almachen wehrten sich immer erbittert und blieben siegreich. Es waren gute Leute und die Götter wachten über sie.
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Elmar vom Wiesengrund ist ein drahtiger Mann, dessen braunes Haar schon von grauen Strähnen durchsetzt ist. Er bewohnt das dritte Haus auf der rechten Seite der Atowarstraße. Benannt ist die Straße nach dem ersten König und siegreichen Feldherrn Atowar. Die Zeiten der großen Kriege und Abenteuer sind jedoch schon lange vergangen. Die Almachen leben jetzt in Frieden und Eintracht mit ihren Nachbarländern. Sonjis Häuschen ist genau gegenüber, auf der linken Seite der Straße, vorausgesetzt man geht Richtung Marktplatz. Dort wo sich nicht nur der Tauschmarkt, sondern auch das Schloss befindet. Elmar und Sonji streiten miteinander so lange sie denken können. Schon als Dreikäsehoche rauften sie ständig miteinander. In der Schule und auch später beim Militär, waren sie ewige Konkurrenten. Jetzt, als gesetzte Herren mittleren Alters, giften sie sich erst recht ständig an. Trotzdem sind sie so etwas wie Freunde, alte Weggefährten. Elmar und Sonji gehören beide zu den vier edlen Familien in Almach. Die Familien, die mit dem Königshaus verwandt sind. Die zwei Hauptmänner des Heeres stammen von den Nachfahren König Atowars ab.
Dem großen König war damals eine einzige Tochter geboren worden. Der jüngere Bruder des Herrschers jedoch, hatte vier Söhne. So beschloss Atowar die Macht in Almach aufzuteilen. Die Königstochter wurde zur Nachfolgerin auf dem Thron. Die vier Neffen des Königs führten die ruhmreiche Armee Almachs an. So war es über die Jahre und Jahrzehnte Sitte. Immer gab es in einer der Familien dieser vier Königsneffen, einen männlichen Nachfahren, der die Tradition fortsetzte. Hauptmann in Almachs Armee wurde, oder eine tragende Aufgabe in der Verwaltung des Reiches übernahm.
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Hauptmann Elmar vom Wiesengrund hat Familie. Da sind seine Frau Missa und drei Töchter: Marga, Jossi und die kleine Lilly. Drei Mädchen, die von den Eltern geliebt und gehegt werden und ihnen große Freude bereiten.
Sonji dagegen ist Junggeselle. Ein typischer Eigenbrötler. Sein mittlerweile grauer Bart ist struppig, so dass er einem Kater ähnelt, dem sich das Fell sträubt. Er ist älter geworden in den letzten zwanzig Jahren. Vom schmucken Offizier, der er einst war, ist nicht mehr viel zu sehen. Ein Meister am Bogen ist er jedoch immer noch. Als solcher, steht er den Bogenschützen Almachs als Hauptmann vor.
So wenig Sonji sich mit seinem Vetter dritten oder vierten Grades vertragen kann, Elmars Familie liebt er abgöttisch und sie ihn ebenso. Missa bringt oft einen Topf vom Abendessen für ihn hinüber. Während Sonji aß, hielten die beiden ein Schwätzchen über die Ereignisse des Tages. Die Kinder tollen gewöhnlich mehr in Sonjis Garten herum als in ihrem eigenen. Marga und Jossi haben, wie ihre Mutter, beide flammend rotes Haar und sind sehr stolz darauf. Sie schmücken sich gern mit den Haarspangen und Halsketten, die Sonji so kunstvoll für die Mädchen schnitzt. Lilly, die weder Elmar noch Missa recht gleicht, ist meist still und bescheiden. Mit ihrem dunklen Teint und den schwarzen Locken, ist sie ihm die Liebste. Lilly schaukelt begeistert auf seinem Schoß, wenn ihr „Onkel” Sonji Geschichten von wilden Tieren und fremden Völkern erzählt.
Jeder, der ihn mit den Kindern erlebt, kann nicht begreifen, wieso Sonji noch immer allein in seinem kleinen Haus lebt. Warum er nicht längst eine eigene Familie gegründet hat. Die Wahrheit ist wohl, dass eine Frau, die man nur gelegentlich trifft, angenehmer ist. Und Kinder, die man nicht ständig um sich haben muss, viel liebenswerter scheinen. Außerdem will Sonji sich partout nicht an Haus und Hof binden. Er ist eben ein Eigenbrötler wie er im Buche steht. Manchmal verschwindet er eine ganz Zeit lang einfach und zieht sich in die Berge zurück. Oder er geht tagelang auf die Jagd im großen, dunklen Tannenwald. Meist ist er ganz allein unterwegs. Ab und an begleitet Elmar ihn. Auch wenn sie selten einer Meinung sind - im Grunde betrachten sie sich doch als alte Freunde. Sie sind sogar Verwandte, die sich schließlich schon ein Leben lang kennen.
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Eines Tages waren Sonji und Elmar wieder unterwegs. Auf dem Rückweg von einem Jagdausflug trugen sie, an zwei Stangen gebunden, eine riesige Wildsau nach Hause. Obwohl sie fast eine Tagesreise von Andria entfernt waren, nahmen sie diese Last auf sich. In der näheren Umgebung von Andria waren keine Wildschweine mehr zu finden. Gleichzeitig galten dieselben aber als größte Delikatesse bei den Almachen. Die Menschen in Andria ernähren sich hauptsächlich vom Fleisch der Wildtiere, die das Tal bewohnen. In den grasreichen Ebenen tummeln sich Hase, Rebhuhn und Fasan. Wer im Tannenwald auf die Jagd geht, findet Wildschweine und Hirschen, sollte dabei jedoch den zahlreichen Bären und Wölfen nicht ins Gehege kommen. In den gebirgigen Teilen Almachs leben wilde Ziegen. Struppig und zäh, und daher kaum bejagt. Fische aus dem See, dunkel gefleckt und füllig wie Karpfen, erweitern den Speiseplan.
Die Almachen kennen keine Viehhaltung. Sie leben von und mit der Natur im Einklang. Auch findet man in Andrias Hütten keine Haustiere. Es widerspricht den Geboten der Götter, Tiere einzufangen und sie ihrer Freiheit zu berauben. Ackerbau ist meist auf den eigenen Bedarf beschränkt. Lediglich Gemüse und Korn wird in den kleinen Gärten der einstöckigen Behausungen angebaut. Gerade so viel, um die Mahlzeiten mit etwas dunklem Brot und Wurzelgewächsen anzureichern.
Es sind stolze, ehrliche Menschen, die dort leben. Eher gedrungen als hochgewachsen. Braungebrannt vom Leben im Freien. Sie sind zufrieden mit sich selbst und ihrer Umwelt. So wie die Natur ihnen den größten Teil ihrer Nahrung gibt, so gibt sie ihnen auch Kleidung. Die Felle der erlegten Tiere werden von den Jungen und Männern gegerbt und zu Stiefeln und warmen Jacken verarbeitet. Die Frauen weben aus Flachs, der in einer weiten Ebene am Waldrand wächst, einfache braune und beige Gewänder. Hin und wieder färben sie die Kleider auch rot oder blau, mit Beerensäften.
Im Laufe der Jahrhunderte haben viele Almachen sich auf etwas spezialisiert, das sie besonders gut beherrschen. Sie sind Schmiede oder Zimmerer, Jäger, Fischer, Bauern und Schneider. Heute tauschen sie ihre Erzeugnisse untereinander und treiben Handel mit Durchreisenden. Niemand muss hungern, die Almachen leben in bescheidenem Wohlstand.
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Elmar fühlte sich glücklich. Seit Monaten war er nicht mehr mit seinem alten Weggefährten auf die Jagd gegangen. Wenn er mit Sonji unterwegs war, fühlte er sich wieder jung. So wie damals, als sie tatsächlich noch jugendlich und wagemutig gewesen waren und er nicht verheiratet. „Meine geliebte Missa“. Elmar dachte voller Zärtlichkeit an die Frau, die ihm nun schon beinahe 20 Jahre eine treue Gefährtin war und ihm drei Kinder geboren hatte. Seine Töchter bereiteten ihm nur Freude. Die Älteste konnte schon bald daran denken, selbst zu heiraten. Marga war die Vernünftige. Sie schneiderte gern und war sehr geschickt im Umgang mit der Nadel. Ein bisschen eifersüchtig