Der eiserne Gustav. Ханс Фаллада

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада страница 37

Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада

Скачать книгу

hat mit großen Augen diesen Ausbruch angehört, nun faßt sie vorsichtig nach der Weinenden. »Fräulein Gudde, bitte, bitte nicht – das Kind!«

      Denn das Kind steht dabei, es weint nicht. Es versucht, die Mutter zu umfassen. »Mutti, liebe, gute Mutti, nicht!«

      »Ja, ja, es ist ja schon vorbei, Gustäving. Mutti lacht wieder. Sie lacht ja schon wieder, Gustäving. Fräulein Hackendahl, jetzt wissen Sie doch, was Sie wissen wollten, jetzt können Sie ruhig nach Haus gehen. – Ach, was werdet ihr ihm nun für Briefe in den Krieg schreiben! Nicht mal da wird er vor euch Ruhe haben ...«

      »Keiner hat Otto im Verdacht, glauben Sie mir doch, Fräulein Gudde! Wir haben es ihm einfach nicht zugetraut!«

      »Nein, nie habt ihr ihm etwas zugetraut!«

      »Und von mir erfährt auch keiner was, Sie sollen das Kind ganz allein für sich behalten. Ich verstehe Sie ja, ich verstehe ja, daß Sie alles Hackendahlsche hassen ... Ich bin ja auch eine Hackendahl, und ich – ich bin genauso unglücklich wie Otto ...«

      Jetzt ist es an Eva, die zu weinen beginnt, aber sie fängt sich rascher.

      »Sehen Sie«, sagt sie zu der stummen anderen, »ich hab kein Kleines wie Sie – und ich darf auch nie eins haben. So unglücklich bin ich! Darum bin ich hierhergekommen, weil ich Sie mit einem Kind gesehen habe, so einem hübschen, gesunden Kind. Weil ich früher immer gewünscht habe, ich möchte mal Kinder haben, und nun war ich so neidisch auf Sie ... Sie müssen das doch verstehen ...!«

       Die Gudde sieht sie einen Augenblick stumm an, dann sagt sie kurz: »Kommen Sie rein, Fräulein Hackendahl!«

      Das Kind an der Hand, ging die Gudde ihrem Gast voran in die Stube. »Geben Sie mir mal den Stoff, Fräulein.«

      Und Eva gab den Stoff, und die Schneiderin holte Modeblätter und zeigte und schlug vor und fragte: »Wollen Sie es so haben?« und: »Ich würde aber nicht die Keulenärmel nehmen, Fräulein Hackendahl, ich würde nur eine ganz kleine Puffe machen.«

      Und Eva antwortete ganz ordentlich, wie man eben bei jeder Schneiderin antwortet, und war sogar schon ein bißchen interessiert. Denn der blaue Stoff mit seinen weißen Pünktchen war wirklich nett, und es ließ sich schon etwas Hübsches daraus machen.

      Plötzlich aber sagte die Gudde: »Einen Augenblick mal!« und ging ins Nebenzimmer, und nach einer Weile kam sie wieder und trug vorsichtig etwas in der Hand. Sie zeigte es Eva und sagte stolz: »Sehen Sie, diesen Christus am Kreuz hat er auch geschnitzt – ist er nicht schön?« Sie wartete aber keine Antwort ab, sondern sagte: »Ich hätte ihn schon zehnmal verkaufen können, ich geb ihn aber nicht her. Sonst trage ich alles, was er schnitzt, in ein Geschäft. Sie bezahlen nicht schlecht, und der Inhaber sagt, er hätte das Zeug zu einem richtigen Künstler, er müßte nur ein bißchen Ausbildung und Material haben. – Aber daraus wird nichts«, sagte sie mit der alten Feindseligkeit im Ton und stellte den Christus vorsichtig beiseite. »Er muß ja bei euch die Pferde putzen und den Stall fegen!«

      Eva sah die Schwägerin hilflos an, die aber sagte schon wieder ganz ruhig: »Ich rede natürlich nie so zu ihm wie jetzt zu Ihnen. Ich habe ihm immer gesagt: ›Otto, tu, was dein Vater sagt.‹ Denn das sehe ich auch, daß er einen schwachen Willen hat und daß ich ihn bloß unglücklich mache, wenn ich ihn zum Streit mit euch reize.«

      Eva sagte vorsichtig: »Vielleicht kommt er wirklich stärker aus dem Krieg zurück. Sie können doch hier nicht immer allein mit dem Kind sitzen, und wenn Otto solche Gaben hat ... Vater hat doch Geld genug ...«

      »Doch, das kann ich! Ich kann hier gut allein mit meinem Kind sitzen und auf ihn warten. Dann habe ich das Kind allein und ihn allein, wenn es auch immer nur für eine kurze Zeit ist. Und das Geld – nie will ich einen Pfennig von eurem Geld. Ihr denkt, Geld macht glücklich, aber euch alle hat es bloß unglücklich gemacht!«

      Sie sah Eva wieder zornig an, aber sie besänftigte sich gleich wieder, als sie deren blasses, müdes Gesicht sah. »Nein, nun will ich auch nicht mehr schelten. Sie sagen ja, Sie sind ebenso unglücklich wie Otto. – Aber Sie wissen gar nicht, wie unglücklich der ist.«

      »Sie wissen ja auch nicht, wie unglücklich ich bin«, sagte Eva. Aber sie besann sich schnell und fragte: »Wann kann ich denn zur Anprobe kommen? Oder soll ich gar nicht mehr kommen? Ich sage bestimmt nie etwas zu Haus.«

      »Sie können alle Tage kommen – wenn Sie Gustäving sehen wollen.«

      »Und«, sagte Eva, »es kann ja sein, daß Mutter nach Ihnen schickt oder selber zu Ihnen kommt, denn Mutter ist neugierig. Da dürfen Sie sich nicht verraten – Mutter denkt mit keinem Gedanken an Otto. Sie können ja sagen, es ist das Kind von einer Verwandten.«

      »Ich wegen Gustäving lügen? Nie! Ich werde es ihr schon sagen, daß es mein Kind ist, aber wer der Vater ist, das kann sie mir nun doch nicht abfragen.«

      »Dann gehe ich also«, sagte Eva und sah noch einmal durch die Stube und auf das spielende Kind.

      Gertrud Gudde sah den Blick. »Geben Sie ihm doch einen Kuß«, sagte sie. »Ich bin Ihnen bestimmt nicht mehr böse.«

      Aber Eva machte bloß eine abwehrende Bewegung, sie flüsterte leise: »Nein, nein«, und ging wie gehetzt über den kleinen dunklen Flur zur Wohnungstür, ohne jeden Abschied. Sie öffnete die Tür, und erst, als sie auf dem Treppenabsatz stand, sagte sie: »Vielleicht komme ich schon morgen wieder.«

       »Gut«, sagte die Gudde und nickte.

      »Ich überlege immer«, sagte Eva und bückte sich nieder zu dem Namensschild an der Klingel, »wie Sie mit Vornamen heißen. Gertrud also. Ich heiße Eva.«

      »Er sagt Tutti ...«, sagte die Gudde ganz leise.

      »Adieu – Tutti«, nickte Eva.

      »Adieu – Eva«, sagte die Gudde.

      Dann ging Eva – auf die Straße zurück.

      Es war ein erregter Tag gewesen, für Gustav Hackendahl, eigentlich war es ein großer, ein stolzer Tag gewesen!

      Am Morgen der stattliche Auszug mit den zweiunddreißig Pferden zur Musterung, die Gesichter der Leute, die sich nach dem hellen Geklapper der Eisen auf dem Pflaster umgedreht hatten. Dann die Musterung selbst, der Oberleutnant, der seine Pferde gelobt hatte. Selbst an das etwas unerwartet verlaufene Abenteuer mit dem Spion konnte man mit ein wenig Stolz zurückdenken. Dann war der Nachmittag gekommen. Man hatte zu den Allerersten gehört, die für das Vaterland einen Sohn in den Krieg schickten, und ein zweiter Sohn würde auch schon in den allernächsten Tagen Uniform tragen ...

      Jawohl, es war ein stolzer Tag gewesen, vielleicht gab es heute nicht viele Männer in Berlin, die soviel für ihr Vaterland gegeben hatten wie er.

      Aber dann war man nach Haus gekommen, in Haus und Hof, die immer sein Stolz gewesen waren, und es war so seltsam gewesen, öde, leer ...

      Eine ganze lange Zeit hatte er bei Rabause im Stall gestanden und hatte sich mit ihm unterhalten, genauer, er hatte ihm von allem, was er am Tage erlebt hatte, erzählt. Rabause hatte tüchtig zu tun gehabt, der ganze Stall mußte ja umgekrempelt werden, statt zweiunddreißig Pferden standen jetzt hier fünf.

      Rabause

Скачать книгу