Der eiserne Gustav. Ханс Фаллада

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Der eiserne Gustav - Ханс Фаллада

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Geld war Geld, ob aus Papier oder Gold ...

      Hackendahl geht jetzt durch die Kleine Frankfurter Straße. Ihm fällt ein, daß hier ein Lokal ist, wo oft Pferdehändler sitzen. Er wird einmal nachsehen, ob jemand da ist. Er kann dann hören, wie es mit Pferden steht. Ein paar Pferde mehr im Stall wäre nicht schlecht ...

      Die kleine Kneipe ist gesteckt voll, und Hackendahl, der eiserne Gustav, wird mit Hallo empfangen.

      »Dich haben sie heute schön in der Mache gehabt, Gustav! Gaul auf Gaul, aber du hattest auch Pferde wie die Puppen!«

      »Wird eine Stange Gold kosten, die wieder zu kaufen! Da wirst du tüchtig was drauflegen müssen, Gustav!«

      »Gibt's denn Pferde zu kaufen?«

      »Heut nicht, aber vielleicht in zwei, drei Wochen. Ich denk, ich kriege in Ostpreußen einen Transport zusammen.«

      »Ich geh nach Holland ...«

      »Die Dänen haben auch ganz hübsche Pferdchen ...«

      »Pferde wird's schon wieder geben, aber was sie kosten werden ...!«

      »Red doch nicht! Gustav ist doch der Mann, der zahlen kann!«

      »Wenn sie mir zu teuer werden ...«

      »Mensch, Gustav, red nicht! Wie können die denn zu teuer werden? Deinen Stall hast du, deine Droschken hast du, also mußt du auch Pferde haben! Wie können da die Pferde zu teuer sein!? Du mußt sie doch haben!«

      »Oder er macht seinen Laden zu!«

      »Der Gustav? Daß ich nicht lache! Der läßt noch Droschken fahren, wenn mir kein Zahn mehr weh tut! Der ist doch eisern, der Gustav! Nicht wahr, das bist du doch, Gustav? Eisern!«

      Es tat gut, in soviel Anerkennung und Bewunderung zu sitzen. Die erkannten an, was er geleistet hatte. Es war keine Kleinigkeit gewesen, aus dem verlotterten Betrieb vom Schwiegervater solchen Musterstall zu machen! Das hatte Arbeit gekostet, Nachdenken, Sorgen – dreißig Kutscher in Ordnung halten, die immer mal gerne einen über den Durst trinken, das war schon eine Sache! Zu Haus fanden sie alles immer selbstverständlich. Hier erinnerten sie sich: »Und weißt du noch, Gustav, wie dir der alte Kublank den Fuchs aufreden wollte? Dem er Arsenik zu fressen gegeben hatte? Und du wolltest durchaus nicht ...?«

      Geschichten von Pferden, die lange tot waren, von Händlern, die in keiner Gewerberolle mehr standen – uralte Geschichten. Aber man wurde warm dabei. Hackendahl blieb viel länger sitzen, als er gewollt hatte, aber was sollte er zu Haus?

      Sie aßen alle zusammen am Biertisch ihr Abendbrot, kalte Buletten oder warme Würstchen mit Kartoffelsalat. Dann gingen sie sogar noch weiter. Einer wußte ein kleines Bier-Varieté in der Nähe. Sie saßen um einen großen Tisch, neugierig, beifällig, unverwöhnt sahen sie zu der kleinen Bühne, auf der eine Chansonette schrill schrie, ein kümmerlicher Zauberer kümmerliche Kaninchen verschwinden ließ und zum Schluß Kartenkunststücke zeigte, die die Pferdehändler besser auszuführen wußten. Dann warf eine Tänzerin ihre spitzenbesetzten weißen Röcke in die Höhe und drehte sich zum Schluß rasend im Kreise, daß man ihre Hosen sah. Die Männer klatschten rasend Beifall.

      Aber es kam noch etwas, eine Zugabe. Der Unternehmer ging mit der Zeit. Auf der Bühne standen zwei Mädchen, die eine durch Gewehr und Helm als Soldat, die andere durch Säbel und Monokel als Leutnant gekennzeichnet. Der Soldat sollte exerzieren, aber der Soldat wollte nicht. Der Leutnant klirrte mit dem Säbel, er schnarrte viele Ähs, verlor sogar sein Monokel – aber der Soldat blieb dabei: Er wollte nicht exerzieren.

      Nicht mehr. Rasch stellte es sich heraus, daß der Soldat meinte, er könne genug, er wollte nach Paris! Nach Paris! Der Leutnant war begeistert von diesem Gedanken. Er faßte seinen Soldaten um, gemeinsam walzten die beiden den Siegeswalzer nach Paris – aus der Kulisse wurden schwarzweißrote Fähnchen geschwenkt, bengalisches Licht flammte auf.

      Das Klavier trommelte: »Heil dir im Siegerkranz«, stehend sang das Publikum mit, alle waren ernst und begeistert.

      Erst beim Nachhausegehen merkte Hackendahl, daß er nicht nur begeistert gewesen war. Man konnte es den beiden Mädchen nachsehen, daß ihr Griffekloppen nicht geklappt hatte. Davon verstanden Mädchen nichts. Aber man sollte so etwas doch lieber nicht machen. Siegeswalzer nach Paris – das sah ja so aus, als brauchte man nur einfach hinzutanzen, als könne es gar keine Kämpfe geben, als sei all die schwere Friedensarbeit am Militär ganz überflüssig gewesen! Nein, so nicht!

      Hackendahl versprach sich, nicht wieder in dieses Lokal zu gehen. Auch bei den Händlern würde er sich so bald nicht wieder sehen lassen. Die sollten erst einmal arbeiten, Pferde heranholen. Ein Mann, der auf sich hält, trinkt nicht mehr, als er vertragen kann.

      Er kommt auf seinen Fuhrhof, gewohnheitsmäßig geht er erst in den Stall. Nur eine Stallaterne brennt, Rabause ist nicht da. Logisch, es lohnt sich nicht, wegen fünf Pferden eine Stallwache zu bezahlen.

      Hackendahl tritt in den Stand des Schimmels; das Pferd steht müde da, mit tief hängendem Kopf. Es hat noch Heu genug in der Raufe, aber es hat ein paar Strohhalme von der Streu ins Maul genommen – und sie zu kauen vergessen. Da steht das Tier, abgetrieben, die Strohhalme spießen aus seinem Maul, es sieht jämmerlich aus. Es hat die Wettfahrt nicht überwunden, es hat sich damals überjagt. Hackendahl sagt sich, daß der Schimmel nie wieder zurechtkommen wird.

      Aber er braucht kein Stroh zu fressen, auch kein Heu; Hackendahl hat für seinen Schimmel etwas Besseres. Als sie vorhin zum Abschluß im Varieté eine Tasse Kaffee tranken, hat der Kellner eine Dose mit Zucker auf den Tisch gesetzt. Natürlich haben alle Pferdehändler in die Dose gegriffen, Hackendahl mit. Sie haben die Dose geleert, nicht für ihren Kaffee, nein, für die Pferde, die jeder von ihnen zu Haus stehen hat. In Lokalen, in denen Pferdehändler regelmäßig verkehren, stellt man keine Zuckerdose auf den Tisch, da zählt man die Zuckerstückchen zu – die Dosen werden zu schnell leer!

       Hackendahl hält seinem Schimmel den Zucker hin. Der Schimmel dreht das trübe blaue Auge im gelblichen Weiß nach seinem Herrn. Er schnuppert mit den Lippen an der Hand, am Zucker – und läßt den Kopf wieder sinken.

      »Willst du nicht?« sagt Hackendahl im plötzlichen Ärger. »Dann läßt du's eben bleiben!«

      Aber er hat nun keine Lust mehr, den Zucker an die anderen Pferde zu verteilen. Ärgerlich geht er aus dem Stall. Er steigt die Treppe zur Wohnung hinauf. Während er das tut, überlegt er, wie er sonst eigentlich die Treppe hinaufgeht, nachts, ob laut oder leise oder mit seinem gewöhnlichen Schritt. Aber er kommt nicht darauf. Jedenfalls wird er nicht extra leise gehen: Er hat nicht mehr getrunken, als er vertragen kann!

      Oben steht er einen Augenblick überlegend still. Natürlich muß er seinen gewohnten Rundgang wie alle Abende machen; keiner soll ihm anmerken, daß er was getrunken hat.

      Als er die Tür zum Schlafzimmer der Jungen öffnet, ist er überrascht, wie dunkel es darin ist. Er kann nicht erkennen, ob sie in ihren Betten liegen und schlafen. Dann fällt ihm ein, daß er heute ja seinen Gang viel später als sonst macht, darum ist es schon so dunkel. Es ist ja schon Nacht, wieviel Uhr eigentlich? Na, jedenfalls schon Nacht, und sonst ist Abenddämmerung.

      Vorsichtig, auf den Zehenspitzen tastet er sich in den Raum. Er fährt mit der Hand über das Kopfende des Bettes, er fühlt noch einmal nach: Er hat richtig gefühlt, es stimmt, das Bett ist leer. Er steht nachdenklich da. Das war eben nicht richtig, es stimmt ja grade nicht! Das Bett sollte nicht leer sein,

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