Nana. Emile Zola
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»O ja, sie ist wirklich ein gutes Geschöpf!« meinte Nana, die ihr halb mit Interesse, halb mit unterdrückter Bewunderung zuhörte.
»Ich dagegen muß sagen, daß ich recht viel Malheur gehabt habe«, fing Madame Lerat an.
Und indem sie näher zu Madame Maloir heranrückte, machte sie ihr allerhand vertrauliche Mitteilungen. Sie lutschten zum Zeitvertreib an einem Stück Zucker, das sie in Kognak tauchten. Aber Madame Maloir hörte sich wohl die Geheimnisse der anderen an, ohne indessen jemals über sich selbst etwas auszuplaudern. Man erzählte sich, daß sie ihr Leben von einer mysteriösen Pension in einem Zimmer friste, in das noch niemand Zutritt erhalten hatte.
Plötzlich geriet Nana in Zorn.
»Aber Tante, so spiel' doch nicht mit den Messern … Du weißt, das bringt mich außer Rand und Band!«
Ohne sich dabei etwas zu denken, hatte Madame Lerat eben zwei Messer kreuzweise auf den Tisch gelegt. Übrigens verwahrte sich Nana entschieden dagegen, daß sie abergläubisch sei; sie legte zum Beispiel keinen Wert darauf, ob Salz umgeschüttet wurde, und auch der Freitag galt ihr wie jeder andere Tag der Woche; aber Messer hatten sie noch nie belogen, gegen diese blieb sie voreingenommen. Ganz gewiß würde ihr nun etwas Widerwärtiges zustoßen. Sie gähnte und sagte dann, aufs äußerste gelangweilt:
»Schon zwei Uhr … Ich muß jetzt gehen. Nein, wie zuwider mir das ist!«
Die beiden Alten schauten erst einander, dann Zoé an. Alle drei schüttelten, ohne zu sprechen, mißbilligend den Kopf. Ganz sicher war das nicht immer amüsant … Nana hatte sich abermals in ihren Stuhl zurückgelehnt und steckte sich eine neue Zigarette an, während die beiden anderen diskret, unter philosophischen Betrachtungen, die Lippen zusammenkniffen.
»Während wir auf Sie warten, wollen wir eine Partie ,Mariage' spielen«, meinte Madame Maloir nach einer kurzen Pause des Schweigens. »Sie spielen doch Mariage, Madame?«
Gewiß, Madame Lerat spielte Mariage und noch dazu sehr gut. Es sei völlig unnütz, Zoé zu inkommodieren, die sich bereits entfernt hatte; ein Tischeckchen genüge vollauf, und man schlug die Tischdecke über die noch mit Speiseresten gefüllten Teller zurück. Aber als Madame Maloir jetzt die Karten aus einer Schublade des Büffets hervorlangte, meinte Nana, daß sie vielleicht so freundlich wäre, ihr, bevor sie sich zum Spiel setzte, einen Brief zu schreiben. Nana selbst schrieb nicht gern Briefe, es war ihr einerseits zu langweilig, andererseits war sie in der Orthographie nicht ganz sicher, während ihre alte Freundin seelenvolle Briefe zu schreiben verstand. Sie eilte nach ihrem Schlafzimmer, einen schönen Briefbogen zu holen. Ein Tintenfaß, ein Fläschchen Tinte für drei Sou nebst einer halbverrosteten Feder lagen auf einem Schrank herum. Der Brief war für Daguenet bestimmt. Madame Maloir schrieb mit ihren hübschen, englischen Schriftzügen: »Mein holder kleiner Schatz!« und gab ihm hierauf Nachricht, daß er am nächsten Tage nicht kommen solle, weil »es nicht angeht«, aber »ob fern, ob nah, zu allen Zeiten weile ich in Gedanken bei Dir«.
»Und mit ›tausend Grüße und Küsse‹ werde ich schließen«, murmelte die Alte.
Madame Lerat hatte einen jeden Satz mit einem Nicken ihres Kopfes gebilligt. Ihre Blicke flammten, sie bewegte sich mit ungeheurer Vorliebe in Herzensaffären. Sie wollte auch von ihrem Senf etwas dem Brief anfügen und gluckste, indem sie eine schmachtende Miene aufsetzte:
»Tausend Küsse auf deine schönen Augen!«
»So ist's recht: Tausend Küsse auf deine schönen Augen!« wiederholte Nana, während ein glückseliger Ausdruck über die Gesichter der beiden Alten glitt.
Man klingelte der Zofe, die den Brief einem Dienstmann zur Besorgung übergeben sollte; sie plauderte eben mit einem Theaterdiener, der für Madame eine am Vormittag vergessene Bestellung gebracht hatte. Nana ließ den Mann hereinkommen und bat ihn, auf dem Rückweg den Brief an Daguenet zu besorgen, richtete auch noch mancherlei Fragen an ihn. Oh, Monsieur Bordenave sei überaus zufrieden, das Theater sei schon auf acht volle Tage ausverkauft; Madame könne sich gar nicht denken, wie groß die Zahl der Herren sei, die seit heute morgen sich nach ihrer Wohnung erkundigt hätten. Als der Diener fortgegangen war, meinte Nana, daß sie höchstens eine halbe Stunde ausbleiben werde. Wenn Besucher kämen, sollte Zoé sie bitten, ein Weilchen zu warten. Während sie noch sprach, läutete die elektrische Glocke. Gläubiger Numero eins: der Wagenverleiher pflanzte sich im Vorzimmer auf eine Bank. Der mochte ruhig bis zum Abend seine Daumen drehen, mit dem war's nicht eilig.
»Vorwärts, Nana! Courage!« sprach Nana, die sich träge reckte und gähnte, zu sich selbst. »Ach, wenn ich doch schon unten wäre!«
Aber sie rührte sich noch immer nicht vom Fleck. Sie verfolgte das Spiel ihrer Tante, die eben hundert As angemeldet hatte. Das Kinn in die Hand gestützt, vertiefte sie sich in das Zuschauen. Aber als sie es jetzt drei Uhr schlagen hörte, fuhr sie jäh in die Höhe.
»Donnerwetter!« stieß sie aufgeregt hervor.
Madame Maloir, die ihre Points zählte, sprach ihr mit weicher Stimme Ermutigung zu.
»Meine liebe Kleine, es wäre sicher besser, Sie machten Ihren Gang ohne weiteren Verzug!«
»Gewiß, mach geschwind, dann hast du's vom Halse«, meinte Madame Lerat, indem sie die Karten mischte. »Ich kann ja um halb fünf Uhr noch fahren, wenn du bis vier Uhr mit dem Geld hier bist!«
»Das soll nicht lange dauern!« murmelte Nana leise.
In zehn Minuten hatte sie mit Zoés Hilfe ihr Kleid angezogen und ihren Hut aufgesetzt. Sie fragte nicht danach, ob sie gut angekleidet war oder nicht. Als sie hinuntergehen wollte, läutete es abermals. Diesmal war es der Kohlenhändler. Oh, der mochte nur dem Wagenverleiher Gesellschaft leisten, das würde diese Leute zerstreuen. Lediglich weil sie einen Skandal befürchtete, schritt sie durch die Küche und schlüpfte die Dienstbotentreppe hinab.
»Einer liebenden Mutter verzeiht man alles!« sprach Madame Maloir salbungsvoll, als sie mit Madame Lerat allein war.
»Ich melde achtzig in Rot«, erwiderte diese, ganz vertieft in ihr Spiel.
Beide versenkten sich in eine endlose Partie. Der Tisch war noch nicht abgedeckt. Ein trüber Dunst, halb der Geruch des Frühstücks, halb Zigarettenrauch, füllte das Zimmer. Die beiden Alten tauchten wieder Zucker in Kognak und lutschten. Zwanzig Minuten mochten sie so beim Spielchen gesessen haben, als nach einem dritten Läuten Zoé plötzlich ins Zimmer gerannt kam und sie, als wären sie ihresgleichen, ohne alle Umstände hinausschob.
»Hören Sie! Da läutet's noch einmal … Sie können hier nicht sitzenbleiben. Wenn viele Leute kommen sollten, brauche ich alle Räume … Vorwärts, hopp, hopp, marsch!«
Madame Maloir wollte erst die Partie zu Ende spielen, aber da Zoé Miene machte, die Karten ohne weiteres zusammenzupacken, entschloß sie sich, das Spiel fortzunehmen, während Madame Lerat die Kognakflasche, die Gläser und den Zucker hinaustrug. Beide eilten nun nach der Küche, wo sie sich am Tischende zwischen dem zum Trocknen aufgehängten Aufwaschlappen und dem mit Spülwasser gefüllten Scheuerfaß festsetzten.
»Wir hatten dreihundertundvierzig … An Ihnen ist die Reihe.«
»Ich spiele Herz.«
Als Zoé zurückkam,