Nana. Emile Zola
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»Den Teufel auch, ich will nicht gerade nein sagen, aber ich habe noch nichts davon gehört … Es ist ein kleines Herrchen hier, der Foucarmont, mit dem Vandeuvres vorhin sprach: den findet man in jedem Winkel. Übrigens hat man ja noch weit unwahrscheinlichere Dinge erlebt. Was mich betrifft, so scher' ich mich wenig darum … Gewiß ist nur, daß die Gräfin, wenn sie sich darin gefällt, auf Abwegen zu wandeln, es sehr schlau anfangen muß, denn man hört niemanden davon klatschen.«
Dann meinte er, ohne daß Fauchery sich die Mühe nahm, ihn zu fragen, daß er manches über die Familie Muffat wisse. Während die Damen vor dem Kamin ihr Geplauder fortsetzten, steckten Fauchery und Faloise die Köpfe zusammen und sprachen mit leiser Stimme; man hätte glauben mögen, wenn man sie in ihren weißen Handschuhen und weißen Krawatten sitzen sah, daß sie in gewählten Phrasen über irgendein ernstes Thema sprächen. Also die Mutter des Grafen, erzählte Faloise, sei eine unausstehliche alte Person gewesen, die in einem fort bei den Pfaffen gelegen habe, übrigens von stolzem, hochfahrendem Wesen, eine starre Vertreterin des Autoritätsprinzips, vor der sich alles beugen mußte. Muffat selbst sei der nachgeborene Sohn eines durch Napoleon I. zum Grafen ernannten Generals. Auch ihm fehle der leichte Sinn, aber man halte ihn allgemein für einen ehrenhaften Mann und geraden Charakter. Von seiner Stellung bei Hofe, von seinen Würden und Tugenden habe er übrigens eine so hohe Meinung, daß er den Kopf wie eine Monstranz zu tragen pflege. Seine Mutter hatte seine Erziehung geleitet: tagtäglich hatte er zur Beichte gehen müssen, nie hat er sich austummeln dürfen, kurz und gut, seine Jugend in keiner Weise genossen. Schließlich, um ihn ganz getreu zu schildern, flüsterte Faloise seinem Vetter ein Wort ins Ohr.
»Nicht möglich!« sagte dieser.
»Man hat's mir auf Ehrenwort versichert! … Er war noch unschuldig, als er sich verheiratete.«
Fauchery betrachtete lachend den Grafen, dessen von Koteletten eingerahmtes Gesicht ohne Schnurrbart noch würdiger und härter erschien.
»Meiner Treu, er hat ganz den Kopf danach«, flüsterte er. »Ein niedliches Geschenk übrigens, das er seiner Frau gemacht hat! … Ach, die arme kleine Gräfin! Hat die sich langweilen müssen! Sie weiß sicher kein Sterbenswörtchen davon, was?«
Er blieb in der Nähe der Gräfin, und während er sich mit ihr unterhielt, fuhr er in seinen Betrachtungen fort. Sie sah jünger aus, als sie war, und schien höchstens achtundzwanzig Jahre zu zählen; besonders ihre Augen sprühten ein Jugendfeuer, das von langen Wimpern beschattet war. In einem ungeregelten Familienleben großgezogen, den einen Monat beim Marquis de Chouard, den andern bei der Marquise verbringend, hatte sie sich beim Tode ihrer Mutter sehr jung vermählt, ohne Zweifel von ihrem Vater hierzu gedrängt, dem sie im Wege stand. Ein schrecklicher Mann, dieser Marquis, über den man trotz seiner hohen Frömmigkeit allmählich sonderbare Geschichten berichtete. Fauchery fragte sie, ob er sich nicht erlauben dürfe, ihn zu begrüßen. Gewiß, entgegnete sie, ihr Vater werde kommen, jedoch erst sehr spät, weil er zu stark beschäftigt sei. Der Journalist, der zu wissen glaubte, wo der alte Herr seine Abende verbrachte, blieb ernst und still. Jedoch ein Mal, das er auf der linken Wange der Gräfin in der Nähe des Mundes bemerkte, setzte ihn in Erstaunen. Sonderbar, Nana hatte genau dasselbe. Über das Mal hinweg kräuselte sich ein leichter Flaum; nur daß bei Nana die Härchen blond und hier tiefschwarz waren. Gleichgültig, diese Dame hatte sicher keinen Liebhaber.
Nein, sie hatte keinen: das fiel in die Augen; man brauchte sie nur dort bei ihrer Tochter zu sehen, so nichtssagend und geziert auf ihren Sessel niedergelassen. Dieser grabesähnliche, von Kirchengeruch erfüllte Salon sagte zur Genüge, unter welcher Eisenhand, einer wie strengen Lebenszucht sie sich beugen mußte. In diese altertümliche, von Feuchtigkeit schwarze Behausung hatte sie nichts von ihrem Wesen hineinzutragen vermocht. Muffat gab den Ton an und herrschte mit seiner frömmelnden Erziehung, seinem Büßen und Fasten. Jedoch das Gesicht des kleinen Graukopfes mit den schadhaften Zähnen und jenem verschmitzten Lächeln, das dieser hinter den Damen ganz plötzlich in seinem Lehnstuhl zeigte, war viel entscheidender für sein Urteil. Er kannte die Persönlichkeit: es war Théophile Venot, ein alter Sachwalter, welcher sich besonders mit Kirchenprozessen beschäftigt hatte; mit einem ansehnlichen Vermögen hatte er sich zurückgezogen und führte eine ziemlich geheimnisvolle Existenz, während man ihn überall empfing, äußerst ergeben begrüßte, ja selbst ein wenig fürchtete, gerade als ob er eine große Macht repräsentierte, eine verborgene Macht, die man hinter ihm vermutete. Im übrigen zeigte er sich äußerst demütig, war Kirchenvorstand in der Magdalenenkirche und hatte auch bescheidenerweise eine Adjunktenstelle beim Maire des neunten Bezirks angenommen, um, wie er meinte, seine Mußestunden auszufüllen. Potz Wetter, die Gräfin war schön umringt; mit ihr war nichts anzufangen.
»Du hast recht, man könnte hier umkommen«, sagte Fauchery zu seinem Vetter, als er aus dem Damenkreise entschlüpft war.
»Wir wollen schlau sein.«
Allein Steiner, den Graf Muffat und der Abgeordnete soeben verlassen hatten, trat wütend auf sie zu und murmelte halblaut:
»Beim Henker, wenn sie nichts sagen wollen, so mögen sie schweigen … Ich werde schon Leute finden, die reden.«
Darauf drängte er den Journalisten in eine Ecke, und mit veränderter Stimme rief er triumphierend aus:
»Nicht wahr? Also morgen … Ich bin dabei, mein Teurer!«
»Ah!« murmelte Fauchery erstaunt.
»Sie wußten das nicht? Oh, ich habe Mühe gehabt, sie zu Hause zu treffen! Auch ließ mich der vertrackte Mignon nicht einen Augenblick allein!«
»Also die Mignon sind auch dabei?«
»Ja, sie hat es mir gesagt … Kurz, sie hat mich also empfangen und eingeladen … Pünktlich um Mitternacht, nach dem Theater.«
Der Bankier strahlte vor Freude. Er blinzelte mit den Augen und fügte hinzu, während er seinen Worten einen besonderen Nachdruck verlieh:
»So weit also sind Sie schon, mein Herr?«
»Was denn?« sagte Fauchery, der nicht zu verstehen schien. »Sie hat sich bei mir wegen meines Artikels bedanken wollen und ist daher zu mir gekommen.«
»Ja, ja … Sie sind glücklich! Man belohnt Sie … Apropos, wer zahlt morgen?«
Der Journalist breitete die Arme aus, um gleichsam zu erklären, daß man dies nie im voraus wissen könne.
Inzwischen wagte Faloise seinen Vetter zu fragen, indem er ihm nachschlich und ihm leise zuflüsterte: »Das Souper findet also morgen abend bei einer Dame statt? … Bei wem? He? Bei wem?«
Fauchery gab ein Zeichen; es bedeutete, daß sie gehört würden. Soeben hatte sich die Tür wieder geöffnet und es trat eine alte Dame ein. Ihr folgte ein junger Mensch, in dem der Journalist den kaum aus dem Gymnasium Entlassenen wiedererkannte, der am Abend der »Blonden Venus« das verhängnisvolle »Famos, famos!« ausgerufen hatte, wovon immer noch gesprochen wurde. Die Ankunft dieser Dame brachte den Salon in Aufregung. Gräfin Sabine hatte sich rasch erhoben, um ihr entgegenzugehen, hatte ihre beiden Hände erfaßt und nannte sie ihre »liebe Madame Hugon«. Als Faloise gewahrte, wie sein Vetter neugierig dieser Szene zuschaute, machte er ihn, um ihn in Anspruch zu nehmen, in kurzen Worten mit den Verhältnissen bekannt. Obwohl Madame Hugon, eine Notarswitwe, sich nach Les Fondettes, einer alten Familienbesitzung in der Nähe von Orléans, zurückgezogen hatte, blieb sie mit Paris stets in inniger Verbindung, da sie in der Rue Richelieu ein Haus besaß; hier verweilte sie jetzt einige Wochen, um ihren jüngsten Sohn, Student der Rechte im ersten