Nana. Emile Zola
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Nana - Emile Zola страница 2
»Ihr Theater … « begann er mit dünner Stimme.
»Bitte, sagen Sie: mein Bordell!« unterbrach ihn Bordenave als Mann, der es liebt, sich ungeniert zu bewegen und auszudrücken.
Faucherys Lippen umspielte ein beifälliges Lächeln, während Faloise mit seiner höflichen Phrase, die ihm im Halse steckenblieb, verdutzt dastand und so tat, als versuche er dem von Bordenave hingeworfenen garstigen Worte Gefallen abzugewinnen. Dieser hatte sich schleunigst einem dramatischen Kritikus, dessen Feuilleton großen Einfluß hatte, genähert, um einen Händedruck mit ihm auszutauschen. Als er zurückkam, trat Faloise, der für einen Provinzler angesehen zu werden fürchtete, wenn er sich allzu bestürzt zeigte, wieder zu ihm.
»Mir ist erzählt worden«, ergriff er wieder das Wort, da er absolut etwas reden wollte, »daß Nana eine herrliche Stimme haben soll.«
»Die!?« rief der Direktor achselzuckend. »Die reinste Krähe!«
Der junge Mann beeilte sich, seiner vorigen Bemerkung hinzuzufügen: »Doch eine ausgezeichnete Komödiantin soll sie sein!«
»Die!? … Der reinste Klotz! Weiß ja nicht einmal, wie sie die Beine und Hände halten soll.«
Faloise errötete leicht. Er wußte nicht mehr, was er denken sollte. Er stammelte: »Ich hätte um keinen Preis der Welt die heutige Premiere verpassen mögen … Ich wußte, daß Ihr Theater … «
»Bitte, mein Bordell!« unterbrach ihn Bordenave nochmals mit der Starrköpfigkeit eines Menschen, der für seine Überzeugung Gründe hat.
Währenddessen schaute sich Fauchery die eintretenden Frauen an. Er kam seinem Vetter zu Hilfe, als er ihn mit offenem Munde, nicht wissend, ob er lachen oder sich ärgern sollte, dastehen sah.
»Gönne doch Bordenave den Spaß und nenne sein Theater, wie er es wünscht, wenn ihm das Freude macht … Und Sie, mein verehrter Herr Direktor, führen Sie uns nicht auf den Leim! Wenn Ihre Nana nicht singen und nicht spielen kann, so werden wir eben einen Durchfall zu registrieren haben, weiter nichts.«
»Einen Durchfall!? Einen Durchfall!« schrie der Direktor, während sein Gesicht sich puterrot färbte. »Muß denn ein Frauenzimmer nur singen und spielen können? Ach, mein Herrchen, du bist ein wenig allzu dämlich … Nana hat andere Dinge, ei Donnerwetter! Etwas, was für jeden anderen Mangel entschädigt. Ich hab' sie aufgestöbert, und das, was ich meine, ist ganz famos bei ihr vertreten, oder meine alte Spürnase ist nicht mehr wert als die des dümmsten Einfaltspinsels … Du sollst sehen, junger Herr, du sollst sehen: sie braucht nur aufzutreten, und der ganze Saal läßt die Zunge lang aus dem Halse heraushängen.«
Er hatte seine feisten Hände emporgehoben, und wie erleichtert senkte er jetzt die Stimme und brummte:
»Oh, sie wird's weit bringen … Eine Haut, oh! Eine Haut hat diese Nana … «
Und jetzt verstand er sich auf Faucherys Fragen dazu, Einzelheiten zu geben, mit einer Roheit in den Ausdrücken, die für Hector de la Faloise viel Verletzendes hatte: er habe Nana kennengelernt und habe sich vorgenommen, sie groß herauszustellen, da es sich gerade getroffen, daß er eine Venus brauchte. Er pflege sich nicht erst lange den Kopf warm zu machen mit »so 'nem Frauenzimmer«, sondern halte es für besser, gleich brühwarm damit vor das Publikum zu rücken. Aber er sei in des Teufels Küche geraten in seiner Baracke, die durch die Ankunft dieses langen Weibsbildes ganz aus den Fugen gegangen sei. Rose Mignon, sein Stern, eine vollendete Schauspielerin und bewunderte Sängerin, hatte, weil sie eine Nebenbuhlerin witterte, wütend gedroht, ihn im Stich zu lassen. Und wie's an die Plakate gegangen war, Herrgott, was hatte das für einen Spektakel gesetzt! Es sei ihm zuletzt nichts übriggeblieben, als sich dazu zu bequemen, die Namen der beiden Künstlerinnen in Buchstaben gleicher Größe auf den Theateranschlägen drucken zu lassen. Sonst aber lasse er sich nicht eben viel vormachen. Wenn eines seiner »kleinen Weibsen«, wie er sie nannte, Simonne oder Clarisse, nicht tanzen wolle, wie er pfeife, so gebe er ihnen sehr einfach einen Tritt in den Hintern; anders sei mit solchem Korps kein Auskommen. Er handle ja mit ihnen und wisse sehr wohl, was sie wert seien, diese albernen Mädel!
»Ei, sieh da!« unterbrach er sich. »Mignon und Steiner! Immer beisammen! Sie wissen doch, daß Steiner seit einiger Zeit bis über die Ohren bei der Rose drin sitzt, und nun weicht der Herr Gemahl dem guten Manne nicht mehr von der Pelle, aus Furcht, daß er durch die Lappen gehen könnte.«
Auf dem Trottoir warf die Lampenreihe, die an der Fassade des Theatergebäudes entlang aufflammte, eine Fläche von lebhafter Helle. Zwei Bäumchen hoben sich deutlich mit leuchtendem Grün ab; eine Säule, die so hell erleuchtet war, daß man die Plakate wie beim vollen Tageslicht zu lesen vermochte, schimmerte weiß, und darüber hinaus breitete sich die dichte Nacht des Boulevards mit winzigen Flämmchen, die in dem Bereich der auf und nieder wogenden Menge bald hier, bald dort emporzitterten. Viele traten nicht sogleich ein, sondern blieben, um plaudernd ihre Zigarre zu Ende zu rauchen, draußen unter dem Lichtbereich der Lampenreihen stehen, der ihren Gestalten eine fahle Blässe gab und ihre kurzen schwarzen Schatten auf dem Asphalt abhob. Mignon, ein langer, breitschulteriger Lebemann mit dem dicken Schädel eines Jahrmarktherkules, brach sich einen Weg mitten durch die Gruppen, an seinem Arm den Bankier Steiner schleppend, einen Mann von winziger Figur mit einem spitzen Bäuchlein und einem runden, von einer Krause ergrauenden Barthaars umrahmten Speckgesicht.
»Ah, Herr Steiner«, wandte sich Bordenave an den Bankier, »Sie haben sie ja gestern in meinem Büro gesehen.«
Mignon hörte mit gesenkten Lidern zu und drehte in nervöser Erregung an seinem Finger einen dicken Diamanten. Er hatte begriffen, daß es sich um Nana handelte: und als jetzt Bordenave eine Photographie seiner Debütantin hervorlangte, die eine Flammenröte auf den Wangen des Bankiers entzündete, konnte er nicht länger dem Drang, sich ins Mittel zu legen, widerstehen.
»Aber ich bitte Sie, mein Lieber, lassen Sie doch dieses Dämchen! Das Publikum wird ihr schön heimleuchten! … Steiner, mein kleiner Schwede, Sie wissen, daß meine Frau in ihrer Loge auf Sie wartet.«
Er wollte ihn fortziehen. Aber Steiner weigerte sich, Bordenave zu verlassen. Eine Menschenschlange drängte und quetschte sich vor ihnen an der Kontrolle, ein Getöse verworrener Stimmen wurde laut, aus dem der Name Nana mit all dem munteren Klang seines Silbenpaares hervortönte. Die Menschen, die sich vor den Plakaten aufpflanzten, sprachen ihn aus mit lauter Stimme; andere warfen ihn im Vorübergehen mit einem fragenden Ton hin, während die Frauen, vor sich hinlächelnd, ihn mit einer Miene des Erstaunens nachsprachen. Niemand kannte Nana. Wo kam denn Nana eigentlich hergeschneit? Allerhand Histörchen kursierten, Späße und Witze wurden von Ohr zu Ohr getuschelt. Es war ein allerliebstes Kosewort, dieser kurze Name, dessen Silbenpaar im Flug jedem Munde vertraut war. Ein Fieber der Neugierde jagte die Menschen, die der leicht auszusprechende Name in kindische Freude versetzte, jene der Pariser Luft eigentümliche Neugierde, die der Heftigkeit eines hitzigen Fieberanfalls gleichkommt. Alle Welt wollte Nana sehen. Einer Dame wurden die Volants ihres Kleides abgerissen, ein Herr verlor seinen Hut.
»Ah, ich bitte, meine Herrschaften! Sie verlangen wahrhaftig