Ricarda Huch: Deutsche Geschichte 2 Zeitalter der Glauben-Spaltung - Band 2 - bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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Albrecht II. von Habsburg (in einer Handschrift um 1560) Albrecht II. von Österreich, genannt der Weise oder der Lahme (* 12. Dezember 1298 auf der Habsburg; † 20. Juli 1358 in Wien).
Der frühe Tod des tatkräftigen Albrecht II., des Schwiegersohns und Nachfolgers Kaiser Siegmunds, entzog der Reformbewegung den Ansporn, den die kaiserliche Teilnahme ihr bis dahin gegeben hatte. Ein seltsames Verhängnis fügte es, dass Friedrich III., der durch Nichtwollen und Nichttun die Nation lähmte und sich selbst erhielt, über 50 Jahre regierte. Versenkt man sich in die wunderliche Existenz dieses Habsburgers, so kommt einem wohl das Bild der Riesenschildkröte in den Sinn, die man zuweilen in Aquarien sieht. Ein gigantischer Klotz von phantastisch urweltlichem Umriss hängt im Wasser. Lebt dies Geschöpf oder ist es in Jahrtausenden versteinert? Wie lange man es auch beobachtet, es bewegt sich nicht; aber plötzlich sieht man, dass der Felsen Augen hat, aus denen es böse herausblitzt, ein unzugänglicher, tückischer, lauernder Wille. Weder durch gütliche Vorstellung noch durch Drohung war Friedrich III. nach irgendeiner Richtung hin zu bewegen. Seine Politik hat sich in einem späteren Jahrhundert in der Regierung eines gleichfalls langlebigen Habsburgers und seines langlebigen Kanzlers wiederholt, die nämlich, nichts am Bestehenden zu ändern, weil in einem morschen Gebäude die Verrückung eines einzigen Steins zum Zusammenbruch des Ganzen führen könne. Nachdem Friedrich sich entschlossen hatte, dem Papst die Obedienz zu leisten, bevor die ersehnte Reform verbürgt war, verbanden sich die beiden mittelalterlichen Häupter zum Widerstand gegen jede Neuerung. Obwohl auch jetzt noch, wie im Mittelalter, der Papst den kaiserlichen Einfluss in Italien bekämpfte, der Kaiser zuweilen rücksichtslos diesen Einfluss durchsetzte, so wurde doch mehr und mehr der Erzherzog von Österreich und römische Kaiser des Papsttums wichtigste Stütze. Die beiden universalen Mächte blieben in einer Zeit, wo die selbständig gewordenen Nationen das alte Weltgebäude zerbrachen, aufeinander angewiesen. Eine Reichsreform im Sinne des Cusa hätte dem Kaiser erwünscht sein müssen; allein sie zu erzwingen, hätte es mehr Interesses für das Reich und mehr Lust, sich dafür einzusetzen, bedurft, die der ganz der Sorge für seine Erblande hingegebene Friedrich nicht hatte. Denn dies geheimnisvolle Urtier, das am liebsten still vor sich hin Rosen züchtete und Edelsteine sammelte, war nicht ohne Empfindung, er hatte sogar Leidenschaft für sein Land Österreich und im Zusammenhang damit für seinen Sohn und Erben. Wenn er ihm auch misstrauisch keinen Einblick in die Regierung gestattete, so war der Sohn ihm doch teuer als der künftige Herr des Weltreichs Österreich. Austriae Est Imperare Orbi Universo. Alles Erdreich Ist Österreich Untertan. Das Ostreich, zu dem König Rudolf im 13. Jahrhundert den Grund gelegt hatte, das Rudolf der Stifter weitergeträumt hatte, wogte als große Vision vor der dunklen Seele Friedrichs III. Gespeist mit seinen ausschweifenden Vorstellungen, schwoll es in der unterirdischen Höhle zu ungeheurem Ausmaß an. Das Ostreich, bestehend aus Polen, Ungarn, Böhmen und Österreich, war da; aber gerade zur Zeit Friedrichs III. eroberten es tatkräftige Emporkömmlinge, erst Georg Podiebrad von Böhmen, dann Mathias Corvinus von Ungarn. Die Führung des Bollwerks, das Europa vor den Türken schützen musste, schien dem Hause Habsburg zu entgleiten. Wien selbst, Österreichs schöne Hauptstadt, fiel dem König von Ungarn zur Beute, Friedrich III. schlug sich kläglich als Gast seiner guten Städte durchs Reich. Das machte ihn nicht irre im Glauben an die Bestimmung seiner Dynastie.
Matthias I. Corvinus (Mátyás Hunyadi) König von Ungarn (seit 1458) und Böhmen (seit 1476), * 23.2.1443 Klausenburg (Siebenbürgen), † 6.4.1490 Wien.
Georg von Podïebrad (Jiří z Poděbrad; eigentlich von Kunstadt, Poděbrader Linie) König von Böhmen, * 6.4.1420, † 22.3.1471 Prag.
Und wie er erlebte, dass Mathias Corvinus seinen einstigen Beschützer, Georg Podiebrad von Böhmen, entthronte, so erlebte er auch den Tod dieses kriegsgewaltigen Usurpators.
Ja es gelang ihm, als sein Nebenbuhler im Westen, Herzog Karl von Burgund, die Reichsstadt Neuß belagerte, ein Reichsheer zum Entsatz zu führen, zu dem selbst aus dem Norden, aus Lübeck, stattliche Abteilungen heranrückten. Auch dieser erstaunliche Aufschwung jedoch gehört in den Kreis seiner österreichischen Berechnungen. Es genügte ihm, die Reichshilfe im einzelnen Fall erwirkt zu haben. Grundsätzliche Beschlüsse zur Ordnung des Reichs hat er nicht erstrebt und nicht erreicht; denn die Reformation, die seinen Namen trägt, die ein Reichstag des Jahres 1442 zum Gesetz erhob, ließ außer einigen Bestimmungen, an die sich noch dazu niemand kehrte, alles beim alten.
Indessen, obwohl vom Kaiser aufgegeben, ruhte die Idee der Reichsreform keineswegs. Ihr Vertreter war der Heidelberger Martin Mayr, wie Cusa aus dem Bürgerstande hervorgegangen. Da er für sich allein nichts hätte erreichen können, trat er nacheinander in den Dienst verschiedener Fürsten, die geneigt waren, sich für die Reformation einzusetzen, einmal auch in den Dienst Podiebrads, als der sich mit der Absicht trug, römischer König und Nachfolger Friedrichs zu werden. Die Pläne zur Reichsreform, die man allmählich von der Kirchenreform abtrennte, waren sich in den wesentlichen Punkten gleich, wie die Übel, die sie abschaffen sollte, die gleichen blieben. Die Verwüstung des Reiches war die Folge der Fehden, deren Zahl und deren brutaler Charakter im Laufe des 15. Jahrhunderts in erschreckendem Maße zunahm; die Abstellung der Fehden war also das nächst liegende Bedürfnis. Im Beginn des 15. Jahrhunderts hatten die Fehden ein solches Ausmaß mit so heillosen Folgen erreicht, dass man ernstlich an ihre Beschränkung dachte; aber man verfiel auf ein höchst ungeeignetes Mittel. Im Jahr 1442 wurde ein Gesetz erlassen, das nur diejenigen Fehden für erlaubt erklärte, die dem Befehdeten drei Tage vor Beginn angesagt wären. Durch Beobachtung einer leicht durchzuführenden Förmlichkeit glaubten nun die Ritter in Ehren ihre Mitstände überfallen und schuldlose Menschen ausplündern, einkerkern und misshandeln zu können. Man sah ein, dass dem Fehdewesen auf andere Weise entgegengetreten werden müsse. Ursprünglich war das Recht der Fehde ein Recht der Selbsthilfe, wenn die Gerichte versagten. Es folgt daraus, dass für schnelles und gerechtes Gericht gesorgt werden musste, damit die Friedebrecher sich nicht mit dem Vorwand entschuldigen konnten, es sei ihnen kein Recht geworden. Wiederum konnte das Gericht nur wirksam werden, wenn hinter seinen Beschlüssen eine Vollziehungsgewalt stand, die dem Verbrecher mit der Waffe entgegentreten konnte. Beide, Gericht und Heer, mussten natürlich regelmäßig besoldet werden, ein Kostenaufwand, der nur durch eine allgemeine Steuer gedeckt werden konnte. Verbot der Fehde, Reichsgericht, Reichsheer, Reichssteuer, das waren die immer wiederkehrenden Forderungen der Reichsreform; zweifelhaft blieb aber und gekämpft wurde darum, ob diese Institutionen mehr vom Kaiser oder vom Reich, das heißt von den Ständen, abhängen, wessen Macht sie verstärken sollten.
Das höchste Gericht, das Hofgericht, war an die Person des Kaisers gebunden, der den Vorsitz führte oder den Vorsitzenden ernannte. Es ist einleuchtend, dass, da die Kaiser keine ständige Residenz hatten und vollends seit Friedrich III. sich fast ständig in Österreich aufhielten, das für viele Deutsche schwer erreichbar war, das Hofgericht den Anforderungen einer pünktlichen Justiz nicht genügte. Unter Maximilian kamen die wunderlichsten Dinge vor.
Johann XX. von Dalberg (* 14. August 1455 in Oppenheim; † 27. Juli 1503 in Heidelberg) war als „Johann III.“ Bischof von Worms