Jules Verne: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Teil 2. Jules Verne

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Jules Verne: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Teil 2 - Jules Verne maritime gelbe Buchreihe

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      Oktant

      Das wäre leicht gewesen, wenn es gelang, die verschiedenen Erscheinungen der Magnetnadel-Abweichung auf einfache, unveränderliche Gesetze zurückzuführen. Dazu fehlte jedoch jede Unterlage. Man wusste zwar, dass in den indischen Meeren, zwischen Bourbon, Madagaskar und Rodriguez, eine Abweichung von vier Graden in der Richtung der Magnetnadel ungefähr einen Längenunterschied von fünf Graden entsprach; dagegen war auch bekannt, dass die Deklination der Magnetnadel an ein und demselben Orte Veränderungen unterlag, deren Ursachen man nicht zu ergründen vermochte.

      „Eine Deklination von zwölf Graden, von Norden nach Westen, entsprach vor zwanzig Jahren“, schrieb Verdun de la Crenne im Jahre 1778, – „unter einer gewissen Breite einer Länge von 61° westlich von Paris; es ist leicht möglich, dass die Deklination sich seit diesen zwanzig Jahren um zwei Grad verändert hat, was einen Irrtum von zweiundeinhalb Grad oder nahezu fünfzig Seemeilen in der Länge ergäbe, den man auf Grund dieser Abweichung herausrechnen würde.“

      Wenn man die Zeit auf dem Schiffe kennt, d. h. die richtige Stunde für den Meridian, auf dem sich das Schiff im Moment der Beobachtung befindet, und man kennt gleichzeitig ebenso die Tagesstunde des Hafens, von dem man abfuhr oder die eines bekannten Meridians, so ergibt der Unterschied der Stunden auch diejenige der beiden betreffenden Meridiane, da jede Stunde Unterschied fünfzehn Längengraden entspricht. Das Problem der genauen Längenbestimmung fällt zuletzt also damit zusammen, wissen zu können, welche Zeit es über einem gegebenen Meridiane in jedem Augenblicke ist.

      Hierzu erschien es als nötig, eine Taschen- oder Wanduhr zu besitzen, welche bei jedem Zustande des Meeres und jedem Wechsel der Temperatur einen vollkommenen isochronischen Gang behielt.

      Nach dieser Seite hin waren schon vielerlei Versuche angestellt worden. Im 16. Jahrhundert hatten Besson, im 17. Huyghens und später Sully, Harrison, Dutertre, Gallonde, Rivas, Le Roy und Ferdinand Berthoud die Lösung dieses Problems versucht oder arbeiteten noch an derselben.

      Überzeugt von der Wichtigkeit eines solchen vollkommenen Instrumentes, hatten die englische und die französische Regierung hohe Belohnungen dafür ausgesetzt und auch die Akademie der Wissenschaften eröffnete ein förmliches Preisausschreiben. Im Jahre 1765 lieferte Le Roy zwei Uhren zur Prüfung ein, während der im Auftrage des Königs arbeitende Berthoud noch von der Bewerbung zurückstehen musste. Le Roy's Uhren bestanden tadellos alle Proben, die man auf dem Lande mit ihnen anstellte. Jetzt galt es zu prüfen, ob sie sich auf dem Meere ebenso gut bewähren würden.

      Zu diesem Zwecke ließ der Marquis von Courtanvaux die leichte Fregatte „l’AURORE“ auf seine Kosten ausrüsten. Le Roy meinte aber selbst, dass eine Seereise, die mit Einschluss des Aufenthaltes in Calais, Dunkirchen, Rotterdam, Amsterdam und Boulogne vom 25. Mai bis 29. August gedauert hatte, viel zu kurz sei, und wünschte deshalb eine zweite Probe. Nun brachte man seine Uhren auf die Fregatte „l'ENJOUÈE“, welche von Havre abfuhr, bei Saint-Pierre, nahe Neufundland, dann bei Sale in Afrika, ferner in Cadix vor Anker ging und nach vier und einem halben Monat dauernder Seefahrt nach Brest zurückkehrte. Diese Prüfung vollzog sich also, bei wechselndem Zustande des Meeres, in sehr verschiedenen Breiten. Wenn Le Roy's Uhrenkonstruktion sich hierbei bewährte, so verdiente sie den Preis. Dieser wurde derselben auch zuteil.

      Die Akademie wusste indes, dass sich noch andere Künstler mit den nämlichen Versuchen beschäftigten und aus mancherlei Gründen bei der Preisbewerbung noch nicht hatten auftreten können. Sie schrieb für dieselbe Aufgabe also im Jahre 1771 noch einmal einen Preis aus und verdoppelte diesen gar im Jahre 1773.

      F. Berthoud glaubte nun alle wünschenswerte Vollkommenheit erreicht zu haben, doch fehlte seiner Uhr noch die Erprobung auf einer weiten Reise.

      In den letzten Monaten des Jahres 1768 wurde in Rochefort eine Fregatte von 18 Kanonen, die „ISIS“, in Dienst gestellt, deren Führung Chevalier d'Eveux de Fleurieu, später bekannt unter dem Namen Claret de Fleurieu, übernahm.

Grafik 65

      Chevalier d'Eveux de Fleurieu (Claret de Fleurieu) – 1738 – 1819

      Damals noch Schiffsfähnrich, war derselbe trotz seiner dreißig Jahre, doch schon ein hervorragender Gelehrter. Wir hatten schon Gelegenheit, seinen Namen zu erwähnen, und werden ihm später noch wiederholt begegnen. Damals hatte der, für die Mechanik eingenommene Fleurieu sich an Berthoud's Arbeiten beteiligt; um jeden Verdacht einer Voreingenommenheit seinerseits abzulenken, übertrug er die Beobachtung der ihm anvertrauten Uhr gleichzeitig mehreren begleitenden Offizieren.

      Nach der Abfahrt im November 1768 ankerte die „ISIS“ nach und nach in Cadix, bei den Kanaren, in Gorée, an den Inseln des Grünen Vorgebirges, bei Martinique, St. Domingo, Neufundland, den Kanaren und Cadix, und kehrte am 31. Oktober 1769 nach der Insel Aix zurück.

      In kalten, heißen und gemäßigten Klimaten waren die Uhren jeder Temperatur ausgesetzt gewesen und hatten auch die stärkste Wellenbewegung während der rauen Jahreszeit ausgehalten.

      In Folge dieser mit Ehren bestandenen Probe erhielt Berthoud ein Patent und die Stelle eines Inspektors der See-Uhren.

      Die erwähnte Probefahrt lieferte aber auch noch andere, uns näher berührende Resultate. Fleurieu hatte viele asThronomische Beobachtungen und hydrographische Aufnahmen ausgeführt, die ihn berechtigten, auf Grund eigener Erkenntnis die gebräuchlichen Karten jener Zeit zu be-, aber auch zu verurteilen.

      „Ich habe mich lange gesträubt, schreibt er in seinem Reiseberichte, die Karten des Depots einer eingehenden Kritik zu unterziehen und wollte mich darauf beschränken, auf die neuen Messungen hinzuweisen, nach denen jene verbessert werden könnten; ihre Fehler sind aber so zahlreich und gefährlich, dass es ein Vergehen gegen alle Seefahrer wäre, wenn ich ihnen diese wichtigen Mitteilungen vorenthielte...“

      Weiter kritisiert er mit gutem Grunde die Karten eines seiner Zeit sehr angesehenen Geographen.

      „Ich lasse mich nicht darauf ein“, sagt er, „hier auf alle in Bellins Karten gefundenen Fehler hinzuweisen, denn diese sind unzählig. Zum Beweise der Notwendigkeit der von mir unternommenen Arbeit begnüge ich mich, nur die hervorzuheben, welche von allgemeinem Interesse sind, ob man z. B. die Lage gewisser Orte auf seinen Karten vergleicht mit der, die sie haben sollten, wenn Bellin die zu verschiedenen Zeiten veröffentlichten astronomischen Beobachtungen hätte benutzen wollen, oder die Lage anderer betrachtet, die wir erst durch eigene Messungen festgestellt haben.“

      Er schließt dann mit der Aufzählung eines langen Verzeichnisses der fehlerhaften Lagenangaben der besuchtesten Küstenpunkte Europas, Afrikas und Amerikas mit folgenden bezeichnenden Worten:

      „Berücksichtigt man die vielen Fehler, auf welche ich in Bellins Karten hingewiesen habe, so fühlt man sich unwillkürlich zu einer zwar niederschlagenden, aber doch nicht zu vernachlässigenden Betrachtung gedrängt. Wenn nämlich die Karten, welche die bekanntesten Teile der Erdkugel wiedergeben und über die die meisten Beobachtungen vorhanden sind, so wenig verlässlich erscheinen, was sollen wir dann von den Karten erwarten, welche das nach sehr dehnbaren Schätzungen und oft unbegründeten Schlussfolgerungen entworfene Bild wenig besuchter Inseln und Küstenstrecken darstellen?“

      Bisher hatte man die Uhren einzeln und durch verschiedene Beobachter prüfen lassen. Jetzt handelte es sich darum, sie gleichzeitig denselben Proben zu unterwerfen und zu sehen, welche diese siegreich bestehen würden. Zu diesem Zwecke wurde in Brest die Fregatte „LA FLORA“ ausgerüstet und deren Kommando einem ausgezeichneten Offizier, Verdun de la Crenne, übertragen, der im Jahre 1786 zum Geschwaderchef

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