Der Politiker. Geri Schnell
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«Das kann ich verstehen», antwortet Franz, «ich habe hier fünf Rehfelle, die machen vorne die Abrechnung und hatten keine Zeit sie zu liefern, da habe ich sie selbst vorbei gebracht.»
«Wie geht es Wilhelm?»
«Der studiert in Aachen, wir sehen ihn nur noch selten, aber er kann ein Luftfahrtstudium machen, das war immer sein Wunsch!»
«Ja das habe ich schon damals feststellen, das Fliegen hat ihn fasziniert. Schön dass es geklappt hat.»
«Und, wie geht es ihnen Frau Kunz, sicher ist es im Lager ruhiger, als bei diesen Bengel.»
«Das schon, aber es gibt viel zu tun, leider habe ich keine Zeit zum schwatzen. Die Felle müssen noch eingeräumt werden», sie reicht ihm die Hand und drückt sie sanft, zum Dank, dass er so gut mitgespielt hat, «hat mich gefreut etwas von meinem einstigen Schüler zu erfahren. - Heil Hitler, Herr Wolf.»
Franz geht nachdenklich ins Lohnbüro, er ist froh, dass die Goldbergs wenigstens einen Lohn haben, so können sie überleben. Er weiss, dass sich Josef gut verstecken kann, um ihn macht er sich keine Sorgen und wenn Maria wieder Witwe Kunz spielt, bleibt sie unbehelligt.
In Aachen setzt sich Willi im Studium ein und hat seinen Rückstand auf Sepp aufgeholt. Ob der politischen Lage ist das Studium etwas in den Hintergrund getreten. Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten erscheinen einige Studenten in Uniform zum Unterricht. Anfänglich wollten die Lehrer sie aus dem Saal weisen, doch mittlerweile ist das zu gefährlich. Der erste Dozent welcher die Studenten aus dem Saal verwies, wurde auf den Heimweg verprügelt. Der nächste Dozent gab seinen Widerstand schnell auf, ihm kann es egal sein, er liebt seinen Beruf und will sich aus der Politik so gut wie möglich heraushalten.
Inzwischen hat Willi seine SA-Uniform bekommen. Am ersten Abend feiern sie mit Sepp und seinen Freunden aus der SA dieses Ereignis. Endlich gehört Willi dazu. Im Studentenlokal spendiert er eine Runde Bier. Das verkraftet sein Budget eben noch. Es wird ein geselliger Abend.
Auf dem Heimweg zu ihrer Studentenbude marschieren sie in Viererkolonne, singend durch die Stadt. In einem Park treffen sie auf einen Obdachlosen, welcher sich auf einer Parkbank für die Nacht eingerichtet hat. Er wird sofort angepöbelt. Ein Wort gibt das andere. Dann eskaliert die Situation, Sepp schlägt zu. Mit einem kritischen Blick fordert er Willi dazu auf, sich nicht nur aufs zuschauen zu begrenzen. Auch Willi gibt dem armen Penner eins auf die Nase. Die beginnt zu bluten, was man in der Dunkelheit aber nicht sieht. Willi bemerkt das Blut an seiner Faust erst, weil etwas Warmes über seine Hand läuft.
Als er feststellt, dass auch die neue Uniform mit Blut verschmiert ist, wird er wütend und schlägt noch drei Mal heftige zu. Der Mann geht zu Boden und bleibt wimmernd liegen. Mit einem Fusstritt in die Rippen verabschiedet sich jeder der Gruppe von ihrem Opfer.
«Dem haben wir’s gegeben», grölt Sepp und klopft Willi stolz auf die Schulter, «du hast dich gut gehalten, ich dachte schon, du traust dich nicht.»
Bei Willi halten sich die Freude darüber, dass er nun dazu gehört und die Scham, dass er einen Wehrlosen zusammengeschlagen hat, die Waage. Er rechtfertigt sich damit, dass man Deutschland vor solchen Schmarotzer befreien muss.
Nachdem er eine Nacht schlecht geschlafen hat, geht er zur Tagesordnung über. Er stürzt sich ins Studium. Abends ist er nun vermehrt in Uniform mit seinen Freunden unterwegs. Lediglich die Tatsache, dass sich in Aachen keine asozialen Leute mehr auf die Strasse wagen, ist es zu verdanken, dass er keine weiteren Personen zusammenschlagen muss. Die Leute haben gelernt und vermeiden es, auf den Strassen von Aachen aufzufallen. In den kleinen Gemeinden der Umgebung sind sie sicherere.
Einmal begegneten sie auf dem Heimweg einer jungen Frau, welche eine Freundin besucht hatte und nun zu spät nach Hause will. Sie umringen die Frau und beginnen sie zu schubsen. Die Frau reagierte überraschend.
«Ich habe nichts gegen einen harten Pimmel», erklärt sie den verdutzten Jungs und beginnt ihre Bluse zu öffnen, «es darf ihn aber nur einer reinstecken und von dem hätte ich gern seinen Namen! Ich muss ja wissen, wie der Vater meines Kindes heisst, sollte es eines geben. Die anderen dürfen zuschauen, wer will mich haben?»
Die Jungs schauen sich verdutzt an. Damit haben sie nicht gerechnet. Nach einigen kritischen Blicken ist die Entscheidung gefallen, sie ziehen gemeinsam ab. Die Frau kann ihre Bluse wieder zuknöpfen.
«So eine Schlampe!»
Beschämt zieht die Bande weiter. Inzwischen wird ihnen klar, dass die Freizeit nicht mehr mit herumziehen gestaltet werden kann, sie müssen sich etwas Neues einfallen lassen. Die meisten konzentrieren sich wieder auf das Studium, wie es Willi noch so gerne tut. Nun hat er abends wieder seine Ruhe.
Das Semester geht zu Ende. Seine Noten sind ausgezeichnet und die Promotion ins nächste Semester ist nicht gefährdet. Nun geht es darum, in den Sommerferien ein Praktikum zu machen. Sein Vater hat ihm angeboten, bei der Lederfabrik in der Produktion zu arbeiten. Das Angebot lehnt er ab. Er will in der Luftfahrt Erfahrungen sammeln. Dank seinem Professor darf er nach Friedrichshafen, da bauen sie an einem grossen Luftschiff.
Willi kann für drei Tage nach Worms, dann muss er weiter mit dem Zug über Basel nach Friedrichshafen. Die Zeit in Worms ist kurz, aber es reichte für einige schöne Stunden mit Gabi. Es ist für Willi ungewohnt, in ziviler Kleidung rumzulaufen. In Aachen trägt er entweder die Schulkleidung oder im Ausgang die SA-Uniform. Nun freut er sich, endlich ein Luftschiff zu sehen. Die LZ129 soll im Bau sein.
Am Bahnhof in Friedrichshafen wird er von der Frau des Ingenieurs abgeholt. Er darf für die sechs Wochen bei der Familie wohnen. Die Frau ist sehr elegant gekleidete, so feine Damen sieht man sonst selten.
«Heil Hitler!», begrüsst sie ihn, «ich bin Elfriede, aber nenn mich Elfi, so nennen mich Freund.»
«Heil Hitler! Ich bin Wilhelm, die Freunde nennen mich Willi.»
«Dann wollen wir schauen, dass wir nach Hause kommen», schlägt Elfi vor, «mein Automobil steht da drüben.»
Jetzt wird Willi nervös, sie ist mit einem Automobil gekommen. Er ist noch nie mit einem Automobil mitgefahren.
«Es ist eigentlich nicht mein Automobil, es gehört meinem Mann, aber ich darf manchmal damit fahren.»
Willi legt seinen Koffer in das Gepäckfach des Wagens und steigt auf den Beifahrersitz. Gespannt beobachtet er, wie sie den Motor startet. Es ist eine moderne Ausführung und lässt sich mit einem Anlasser elektrisch starten. Beim dritten Versuch startet der Motor. Noch hustet er laut. Aus dem Auspuff qualmt schwarzer Rauch. Sie lässt den Motor laufen, bis er etwas ruhiger und regelmässiger klingt, dann legt sie einen Gang ein und lässt das Kupplungspedal langsam hochkommen. Mit einem Ruck fahren sie los.
«Hoppla, das war etwas zu schnell», kommentiert Elfi den ruckartigen Start.
Langsam fährt sie über den Bahnhofsplatz und biegt in die Hauptstrasse ein. Die Leute springen zur Seite und schauen dem Gefährt nach, welches eine schwarze Rauchwolke zurücklässt. Ihr Haus liegt etwas ausserhalb von Friedrichshafen direkt am Bodensee. Willi staunt, in einem so grossen Herrenhaus war er noch nie.
«In einer halben Stunde gibt es das Nachtessen, dann wird auch mein Mann von der Arbeit zurück sein.»
Willi packt seinen Koffer und steigt die Treppe hoch. Auf der Treppe liegt ein eleganter Teppich, sicher sündhaft teuer. An der Wand hängen Ölgemälde. Das Zimmer ist gross, mit einem Fenster