Der Politiker. Geri Schnell
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Nur kurz lässt er seine düsteren Gedanken aufkommen, dann umarmt er Gabi und sie verlassen die Stadt. Zügig schreiten sie voran. Auf dem Weg haben sie eine schöne Sicht auf den Rhein.
Die erste Rast legen sie in einem Wäldchen ein, sie ziehen sich etwas zurück, so dass sie von niemandem gesehen werden. Auf einer Waldlichtung breiten sie eine Decke aus, dann schauen sie sich in die Augen. Beide haben nur einen Gedanken, heute wollen sie es wissen. Gabi ist bereit und hat keine Lust, weiter nur theoretisch zu wissen, wie es geht. Bald liegen sie nackt auf der Decke und können nicht genug voneinander bekommen.
Es dauert lange, bis sie ihre Wanderung fortsetzen, zu viel gibt es für beide zu entdecken. Eigentlich wollten sie noch den Hügel erklimmen, doch dazu reicht es nicht mehr. Sie kehren vorher um. Beide sind mit dem Ergebnis des Ausflugs zufrieden. Marschieren kann Willi nächste Woche noch genug, aber die Liebe zu Gabi, die musste unbedingt gefestigt werden. Das war beiden wichtig, sie wollen aufeinander warten.
Mit einem flauen Gefühl im Magen, sitzt Willi am Montagmorgen im Zug nach Mannheim. Dort ist seine Sammelstelle. Eine halbe Stunde vor seinem Termin steht er bereits auf dem Sammelplatz und beobachtete die eintreffenden Rekruten. Wie er kommen die meisten allein. Es gibt nur wenige Eltern, welche sich tränenreich von ihrem Sohn verabschieden. Wie Willi wollten die meisten Rekruten nicht als Muttersöhnchen dastehen.
Pünktlich auf die Sekunde betritt ein Offizier ein Rednerpult und begrüsst die jungen Männer mit einem zackigen: Heil Hitler!
Danach beginnt er sofort mit der Organisation des komplizierten Musterungsvorgangs. Die Männer müssten sich in Zehnerreihe aufstellen. Jede Kolonne steht nun vor einem Tisch, an welchem ein Feldwebel mit einer langen Liste sitzt. Der Vorderste der Kolonne schreit laut seinen Namen. Der Feldwebel sucht nun den Namen auf seiner Liste. Dort ist vermerkt, in welche Abteilung er eingeteilt ist.
«Wilhelm Wolf!», ruft Willi.
Nach einigen Sekunden kommt die Antwort: «Abteilung D, wegtreten!»
Willi blickt kurz um sich, dann sieht er das Schild mit dem Buchstaben D. Er stellt sich zu den dort wartenden. Ohne dass sie dazu aufgefordert werden, reihen sie sich in Viererkolonne ein und warten.
Die Schlange vor den Tischen wird kürzer. Einig Minuten später räumen die Feldwebel ihre Papiere zusammen und bringen die Tische in einen Schuppen. Danach verteilen sie sich auf die neu entstandenen Kolonnen. Abteilung A, beginnt mit dem Abmarsch. Später folgt die Abteilung von Willi ihrem Feldwebel, der sich in Richtung Bahnhof entfernt. Etwas abseits steht ein Zug, welcher nur aus drei Wagen besteht.
«Los einsteigen!», brüllt der Feldwebel, «ein bisschen Beeilung, wir sind nicht in einem Mädchenpensionat!»
Nun geht es zügig voran, keiner will auffallen. Einige versuchen mit einem Leidensgenossen ein kurzes Begrüssungsgespräch zu führen, das kommt beim Feldwebel gar nicht gut an, er brüllte sofort los. Also bleibt man ruhig und hängt seinen eigenen Gedanken nach.
Der Zug setzt sich in Bewegung und die nächsten Stunden hörten die jungen Männer nur das Rattern der Räder. Anfänglich weiss Willi noch, in welche Richtung sie fahren, doch schon bald fährt der Zug auf einer Strecke, die er nicht kennt. Dann wird es draussen dunkel und der Zug fährt immer noch.
Die meisten schlafen, als der Zug anhält und der Feldwebel losbrüllte.
«Alles aussteigen!», schrie er die Rekruten an, «alles persönliche Gepäck mitnehmen!»
Das kleine Bahnhofsgebäude ist nur spärlich beleuchtet, sie reihen sich in der Kolonne ein, jeder hatte ein kleiner Rucksack mit persönlichen Sachen dabei. Was erlaubt war und was Pflicht war, dass man es dabei hat, wurde ihnen vor Wochen schriftlich mitgeteilt.
Dann marschieren sie los in die dunkle Nacht. Im Morgengrauen erreichten sie eine Kaserne. Sie haben noch einen halben Tag als Zivilist, dann stecken sie alle in der Uniform und der militärische Drill beginnt.
Erst nach zwei Monaten gibt es den ersten Urlaub. Als ihn Gabi am Bahnhof abholt, kennte sie Willi beinahe nicht mehr. Es sind nicht nur die kurzen Haare, darauf wurde sie vorbereitet. Die Gesichtszüge von Willi sind härter geworden. Man sieht auch, dass er gut trainiert ist, er hat mehr Muskeln zugelegt. Auch seine Stimme ist lauter, früher hat er ihr zärtlich Worte ins Ohr geflüstert, jetzt empfindet sie es, als ob er sie anschreien würde.
Sie lässt sich nichts anmerken, sie wird sich daran gewöhnen. So sind Soldaten und es wäre ihr nicht Recht, wenn Willi sich vor der Wehrpflicht drücken würde. Sie will, dass er ein stolzer Soldat wird. Vor dem Haus der Wolfs verabschiedet sich Gabi, sie weiss, dass Rosa ihren Sohn für sich haben will, sie werden abends noch tanzen gehen, dann hat sie ihren Willi für sich.
Rosa freute sich den ganzen Tag auf ihren Wilhelm und werkelt in der Küche. Da Samstag ist, muss Franz noch bis fünf Uhr arbeiten. Immer wieder blickt sie nach dem Kaninchenbraten im Backofen, dazu gibt es Sauerkraut aus dem eigenen Garten, sie ist stolz. Der Wilhelm würde Augen machen, so gut wird er in der Kaserne sicher nicht essen.
Nun hat sie ihren Sohn für sich. Schnell merkt sie, dass ihr Sohn mit einer Frau nicht über den Soldatenalltag sprechen will. Das versteht sie eh nicht. So berichtet sie ihrem Sohn, was sich in Worms ereignet hat. Sie informiert, dass die Lederfabrik viele neue Arbeiter einstellte. Die kommen mit der Produktion kaum nach. Die Nachfrage nach Bestandteilen zu Uniformen ist gross. Handschuhe, Gürtel, Stiefel, alles ist gefragt.
Doch diese Information hat ihm schon Gabi gegeben, sie arbeitet ja auch in der Fabrik und das erst noch im Büro, da weiss sie viel besser, als seine Mutter, wie gut die Fabrik arbeitet. Mutter arbeitet, als deutsche Hausfrau weniger lang. Rosa muss nur ein reduziertes Pensum in der Näherei leisten. Sie hat sich auf das Nähen von feinsten Handschuhen spezialisiert.
«Unser Gauleiter hat sich bei mir persönlich bedankt», erzählt sie stolz, «er hat die Fabrik besucht und erhielt vom Werksleiter Handschuhe aus sehr feinem Leder, dieses Leder darf nur ich bearbeiten.»
«Ja nähen hast du schon immer gut gekonnt.»
«Der Gauleiter war mit Worms nicht zufrieden und hatte sich beschwert, den Juden in Worms geht es immer noch zu gut. Noch immer können sie die Synagoge besuchen und der Rabi wird nicht an der Ausübung seines Amtes gehindert. Die meisten Leute in Worms findenden, dass das die Stadt in ein schlechtes Licht rückt.»
«Es sind eigentlich keine Juden, die meisten sind deutscher als mancher Linke.»
«Die sind auch eine Gefahr. Der Gauleiter will, dass sie in ein Lager müssen. Da hat man sie unter Kontrolle.»
«Sonst habt ihr in Worms keine Sorgen, die Stadt wirkt ruhig, die Leute trauen sich wieder auf die Strasse. Das ist mir sofort aufgefallen.»
«Ja, in den Strassen ist es wieder ruhig, die Juden wagen sich nicht nach draussen, sie verstecken sich.»
«Dann ist ja alles gut, solange sie nur in der Synagoge sind, stören sie nicht.»
«Trotzdem macht es auf den Gauleiter einen schlechten Eindruck, es ist eine Schande! Worms feierte letztes Jahr das 900 jährige bestehen der jüdischen Gemeinde.»
«Da siehst du, die sind gar keine Juden mehr, das sind Deutsche.»
«Worms