Die Göttliche Komödie. Dante Alighieri

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Die Göttliche Komödie - Dante Alighieri

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Und wir ersahn dort seitwärts nah bei ihnen

       Frei eine Höh hellem Lichte glühn,

       Vor welcher alle klar vor uns erschienen.

       Dort gegenüber auf dem samtnen Grün

       Sah ich die Großen, ewig Denkenswerten,

       Die heut mir noch in solzer Seele blühn.

       Elektren sah ich dort mit viel Gefährten,

       Äneas, Hektorn hatt ich bald erkannt,

       Cäsarn, den mit dem Adlerblick bewehrten.

       Penthesilea war auf grünem Land;

       Zur andern Seite sah ich auch Latinen,

       Der bei Lavinien, seiner Tochter, stand.

       Ich sah den Brutus, der verjagt Tarquinen,

       Lucrezien, Julien, Marzien, und, allein

       Beiseite sitzend, sah ich Saladinen.

       Dann, höher blickend, sah im hellen Schein

       Ich auch den Meister derer, welche wissen,

       Der von den Seinen schien umringt zu sein,

       Sie all ihn hochzuehren sehr beflissen;

       Den Plato ihm zunächst und Sokrates,

       Die dort den Sitz vor andern an sich rissen.

       Den Anaxagoras, Diogenes,

       Den Demokrit, des Welt der Zufall machte,

       Den Zeno, Heraklit, Empedokles.

       Ihn, der ans Licht der Pflanzen Kräfte brachte,

       Den Dioskorides, den Orpheus dann,

       Den Seneka, der Schmerz und Luft verlachte.

       Auch Ptolemäus kam, Euklid heran,

       So auch Averroes, der, seinen Weisen

       Erklärend, selbst der Weisheit Ruhm gewann.

       Doch nicht vermag ich jeden hier zu greifen,

       Denn also drängt des Stoffes Größe mich,

       Daß ihren Dienst mir kaum die Wort erweisen.

       Hier teilten nun die sechs Gefährten sich.

       Mich führt auf anderm Weg mein weiser Leiter

       Dahin, wo Stille lautem Tosen wich,

       Und dorthin, wo nichts leuchtet, schritt ich weiter.

      Fünfter Gesang

      So gings hinab vom ersten Kreis zum zweiten,

       Der kleinern Raum, doch größres Weh umringt,

       Das antreibt, Klag und Winseln zu verbreiten.

       Graus steht dort Minos, fletscht die Zähn und bringt

       Die Schuld ans Licht, wie tief sie sich verfehle,

       Urteilt, schickt fort, je wie er sich umschlingt.

       Ich sage, wenn die schlechtgeborne Seele

       Ihm vorkommt, beichtet sie der Sünden Last;

       Und jener Kenner aller Menschenfehle,

       Sieht, welcher Ort des Abgrunds für die paßt,

       Und schickt sie soviel Grad hinab zur Hölle,

       Als oft er sich mit seinem Schweif umfaßt.

       Von vielem Volk ist stets besetzt die Schwelle,

       Und nach und nach kommt jeder zum Gericht,

       Spricht, hört und eilt zu der bestimmten Stelle.

       "Du, der in diese Qualbehausung bricht,"

       So rief mir Minos, als er mich ersehen,

       Und ließ indes die Übung großer Pflicht;

       "Schau, wem du traust! Leicht ists hineinzugehen,

       Doch täusche nicht dich ein verwegner Drang."

       Mein Führer drauf: "Laß dir den Groll vergehen!

       Nicht hindre den von Gott gebotnen Gang,

       Dort will mans, wo das Können gleicht dem Wollen.

       Nicht mehr gefragt, denn unser Weg ist lang."

       Bald hört ich nun, wie Jammertön erschollen,

       Denn ich gelangte nieder zu dem Haus,

       Zur Klag und dem Geheul der Unglückvollen.

       Jedwedes Licht verstummt im dunkeln Graus,

       Das brüllte, wie wenn sich der Sturm erhoben,

       Beim Kampf der Winde lautes Meergebraus.

       Nie ruht der Höllenwirbelwind vom Toben

       Und reißt zu ihrer Qual die Geister fort

       Und dreht sie um nach unten und nach oben.

       Ihr Jammerschrei, Geheul und Klagewort,

       Nahn sie den trümmervollen Felsenklüften,

       Verlästern fluchend Gottes Tugend dort.

       Daß Fleischessünder dies erdulden müßten,

       Vernahm ich, die, verlockt vom Sinnentrug,

       Einst unterwarfen die Vernunft den Lüsten.

       So wie zur Winterszeit mit irrem Flug

       Ein dichtgedrängter breiter Troß von Staren,

       So sah ich hier im Sturm der Sünder Zug

       Hierhin und dort, hinauf, hinunterfahren,

       Gestärkt von keiner Hoffnung, mindres Leid,

       Geschweige jemals Ruhe zu erfahren.

       Wie Kraniche, zum Streifen lang gereiht

       In hoher Luft die Klagelieder krächzen,

       So sah ich von des Sturms Gewaltsamkeit

       Die Schatten hergeweht mit bangem Ächzen.

       "Wer sind die, Meister, welche her und hin

       Der Sturmwind treibt, und die nach Ruhe lechzen?"

       So ich—und er: "Des Zuges Führerin,

       Von welchem du

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