Verwehte Spuren. Franz Treller
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Читать онлайн книгу Verwehte Spuren - Franz Treller страница 12
Das Erstaunen der beiden ward hiernach nicht geringer.
»Ich sehe mit Vergnügen, daß der rote Mann ein großer Spurenfinder ist und daß die Gerüchte über den Scharfsinn der roten Leute nicht übertrieben sind.«
Der Indianer verstand wohl nicht alles, doch begriff er so viel, daß ihm ein Kompliment gemacht wurde, er entgegnete mit einem leichten Lächeln: »Roter Mann, viel sehen, viel hören, Erde sprechen, Baum sprechen, Wind auch, er viel sehen.«
»Ich habe es mit Staunen wahrgenommen. Wie nenne ich den roten Mann?«
»Grover nennen ihm John, weißer Name, Indianer nennen ihm Athoree, ihm sagen >Pfeil< in Sprache von Inglis.«
»Gut, bleiben wir bei Athoree.«
»Ihm lieber hören.«
»Desto besser.«
»Wie heißt der weiße Mann?«
»Graf Bender.«
»Nicht verstehen, ihm ander Namen geben.«
»Nun gut, Athoree, so gib mir einen andern Namen.«
»Er Krieger?«
»Ja, ich bin Soldat.«
»Gut. Er tapfer.«
»O,« lächelte Graf Edgar, »steht mir die Tapferkeit auf der Stirne geschrieben?«
»Gestern abend viel Nebel hier,« sagte der Indianer und deutete auf seine Stirne, »Nebel im Kopf, Nebel vor Auge, dicker Nebel, nicht viel hören, nicht viel sehen, Hand lahm, Fuß lahm.«
»Ja, es schien mir auch so, als ob der Nebel ziemlich dicht gewesen sei, der dein Haupt umwallte.«
»Dicker Nebel nicht viel sehen, nicht viel hören, aber ein wenig. Sehen jungen Krieger vor Rothand stehen er tapfer.«
»Also das hast du doch trotz deines starken >Nebels< bemerkt?«
»Ihm sehen. Gut.«
»Aber nun, mein Name. Ich werde nicht wenig stolz darauf sein, einen indianischen Namen mit nach Hause nehmen zu können.«
»Jungen Krieger nennen Neataru, ihm sagen in Inglis: Gutherz, er gutes Herz, er tapferes Herz, Athoree es sehen.«
»Gut, den Namen acceptiere ich und will ihm allezeit Ehre machen. Nun mußt du hier für Heinrich auch einen indianischen Namen finden.«
»Ihm später geben, erst kennen.«
»Schön.«
Indem kam Grover wieder aus dem Hause.
»O, ich sehe, Fremder, Ihr habt Euch bereits mit John bekannt gemacht.«
»Ja, er hat mich Spuren finden gelehrt und mir bereits einen Namen erteilt, der auf mein kleines Rencontre mit dem Burschen von gestern abend Bezug hat, er hat mich Gutherz genannt.«
»Ein schöner Name, und ist unter Umständen von einem Indianer erteilt etwas wert. Mich nennt er den Biber, weil ich mir so flugs ein eigenes Heim baue.«
»Ja, er Biber, er sitzen Winter im Bau,« sagte der Indianer.
Grover nahm den Grafen zur Seite und fragte halblaut: »Wie gefällt Euch die Rothaut?«
»Der Mann macht mir keinen unangenehmen Eindruck.«
»Der Bursche ist gut genug, wenn er nüchtern ist, er wäre schon der rechte Mann für Eure Fahrt. Wenn er übrigens gestern abend trotz seines schweren Rausches bemerkt hat, daß Ihr für ihn eingetreten seid, so ist das für sein künftiges Verhalten Euch gegenüber sehr günstig.«
»Er hat es wahrgenommen.«
»Das ist gut. Man sollte es kaum für möglich halten, daß solch ein roter Bursche selbst schwer betrunken noch mehr sieht und hört als wir. Wenn er übrigens dem Burschen, der ihm gestern die Haut ansengen wollte, begegnet, so darf sich dieser hüten, dies und den Tritt rächt der Indianer mit Blut. Wir wollen ihn doch übrigens gleich einmal befragen, ob er Euch auf Eurer Reise begleiten will. Wenn nicht, müssen wir für einen andern Führer sorgen.« Sie traten zu dem Indianer zurück und Grover sagte:
»Höre, John, der Herr hier will eine Fahrt in die Wälder machen, nach Norden zu, willst du nicht die Pfade für ihn suchen?«
»Will der Fremde jagen?«
»Nun, eigentlich nicht, er hat einen andern Zweck, er sucht eine Verwandte im Lande.«
»In den Wäldern des Nordens?«
»Es ist am besten, man schenkt dem Indianer, wenn man sich seiner versichern will, reinen Wein ein, Herr Graf.«
»Sagen Sie ihm die Wahrheit.«
»Der Herr, John, hat hier im Lande eine Schwester wohnen, oben am Manistee, sie ist von den Ottawas vor drei Jahren in die Gefangenschaft geschleppt, als diese die Streitaxt ausgegraben hatten, und er ist aus fernem Lande gekommen, um sie zu suchen.«
Der Indianer lauschte bewegungslos mit tiefem Ernste den Worten Grovers.
»Wird John ihn zu den Ottawas führen? Damit >Gutherz<, wie du ihn genannt hast, nach der Schwester sich umschaue?«
Der Indianer schwieg mit ehernem Gesicht, dann richtete er die dunklen Augen auf Graf Edgar und sagte langsam: »Athoree wird nachdenken. Er wird es sagen.«
»Ich fürchte, wie ich schon bei Baring äußerte,« flüsterte Grover dem Grafen zu, »er hat etwas bei den Leuten seiner Farbe auf dem Kerbholz, und traut sich nicht zwischen sie. Wir müssen's abwarten.«
»Hat der Biber die rote Hand und den Iltis vergessen?« sagte jetzt der Indianer.
»Des Teufels, nein. Fürchtest du Gefahr für uns, John?«
»Nein, er kommt nicht zurück. Ich werde bald auf seiner Spur sein.«
»Willst du ihn verfolgen, John?«
»Athoree wird ihm folgen.«
»Nun, und wie willst du ihn finden?«
»Wirst bald von ihm hören, Grover, dann Zeit, Spur zu folgen.«
Kaum hatte er ausgeredet, als er plötzlich das Haupt neigte und angestrengt nach der nach Westen hinführenden Straße lauschte. Dann sagte er: »Sie kommen schon, ihn zu jagen.«
Die andern lauschten auch, aber erst nach einer Weile erhaschte ihr Ohr fernher dröhnenden Hufschlag.
»Das sind Farmer und in starker Zahl,« sagte der Wirt, »die kommen eilig heran, da muß etwas geschehen sein. Sollten die blutigen Schurken das Land schon in Aufruhr versetzt haben?«
Sie horchten schweigend, das Geräusch galoppierender