James Bond für Besserwisser. Danny Morgenstern
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In „Moonraker - streng geheim“ (1979) und „Der Spion, der mich liebte“ (1977) enthält die Pre-Title-Sequenz einen sogenannten „Doppelprolog“. Neben den für die Haupthandlung unwichtigen, jedoch furiosen Action-Szenen sind für die Handlung inhaltlich wichtige Szenen zu sehen, mit denen der Haupt-Plot eingeleitet wird.
Vor seinem Urlaub stellte Regisseur John Glen beim letzten Durchsehen des Films „Octopussy“ (1983) fest, dass die Pre-Title-Sequenz mit knapp über 7 Minuten recht lang war. Er entschied, das Ende zu schneiden. Die Einstellungen, in denen James Bond mit seinem Mini-Düsenjet an eine Tankstelle rollt, um ihn volltanken zu lassen, hätte also niemals ein Kinogänger zu sehen bekommen.
[no image in epub file]Roger Moore als Story-Board-Zeichnung für „Octopussy“ (1983)
Eines Abends im Urlaub sah Glen im Kino zufällig den Trailer zu „Octopussy“ (1983). Maurice Binder, der Gestalter des Titelvorspanns, wusste von Glens nachträglicher Kürzung nichts und hatte für seine Werbetrailer noch die ursprüngliche Version der Pre-Title-Sequenz vorliegen. Teile von Bonds Landung mit dem Jet vor der Tankstelle waren nun im Trailer enthalten. Das Kinopublikum reagierte auf die Einstellung mit einem großen Lacher. John Glen brach seinen Urlaub ab und fügte die geschnittenen Szenen in London wieder in den Film ein.
Als 1983 auch der Konkurrenz-Bond-Film „Sag niemals nie“ (1983) produziert wurde, kam es zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Albert R. Broccoli und Kevin McClory53, der das Feuerball-Remake inszenierte. Gerichtlich wurde festgelegt, was die „Nachahmer“ tun durften und was nicht. So wurde die Gun-Barrel-Sequenz rechtlich Teil der offiziellen Bond-Filme, und man musste sich für Connerys Comeback als 007 in „Sag niemals nie“ (1983) etwas Neues einfallen lassen. Es entstand eine Verbindung zwischen Pre-Title-Sequenz und Titelvorspann: Die Schriften laufen ab, aber man sieht, was James Bond tut. So gab es für die Produzenten keine rechtlichen Konsequenzen, und der Zuschauer glaubt, einen Film vor dem Film zu sehen.
Es gibt nur eine Pre-Title-Sequenz, in der James Bond einer gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommt: In „Lizenz zum Töten“ (1989) wird der Agent in eine rasante Jagd verwickelt, obwohl er eigentlich nur als Trauzeuge an Felix Leiters (David Hedison54) Hochzeit teilnehmen wollte. Bonds private Vergnügungen ohne Bezug zur Mission sind in den Hauptfilmen sehr rar: seine Hochzeitsfeier in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969) und das Achterbahnfahren55 mit Kara Milovy in „Der Hauch des Todes“ (1987).
Wer die Idee zu den Pre-Title-Sequenzen hatte, war jahrelang ungeklärt, da die Macher sich in Interviews unterschiedlich äußerten. Mittlerweile steht fest: Regisseur Terence Young traf diese Entscheidung bei „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), dem zweiten 007-Film. Young hielt es für eine gute Idee, den Film mit einem spannungsgeladenen Anfang zu beginnen statt mit der herkömmlichen Schrift. Im Schneideraum, zusammen mit Cutter Peter Hunt, kam dann der Einfall, zunächst eine Filmsequenz zu zeigen, danach in die Haupttitel, also die Schriften, überzugehen, die schließlich zum Hauptfilm führten. Der Titelvorspann konnte als vollwertiges Filmstück angesehen werden und nicht als verzichtbares Fragment am Anfang. Der Tod James Bonds in der Pre-Title-Sequenz von „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) wurde vom Publikum wie erwartet aufgenommen: Viele Zuschauer glaubten, James Bond sei tot.
In späteren Bond-Filmen versuchte man, an diesen vorgetäuschten Tod anzuknüpfen. So sieht der Zuschauer in der Pre-Title-Sequenz von „Feuerball“ (1965) einen Sarg mit den Initialen „J.B.“, aber nicht Bond liegt im Sarg, sondern angeblich Jacques Bovier (im Film dargestellt von Bob Simmons und Rose Alba56)57, und in „Man lebt nur zweimal“ (1967) wird 007 in einem einklappbaren Bett eingeklemmt und von Maschinengewehrsalven durchlöchert. Doch Bond lebt, und der vorgetäuschte Tod (der bis zu einer Seebestattung führt) sollte nur die Feinde von Bond ablenken (M zu Bond: „Tote vergisst man schnell, und damit haben Sie Bewegungsfreiheit.“).
In „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) wird Bonds vorgetäuschtes Ende im übertragenen Sinn gezeigt: Francisco Scaramanga, Bonds Gegner, schießt einer 007-Wachsfigur vier Finger der linken Hand ab. Eine Botschaft, die beim Publikum als „007 ist so gut wie tot“ ankommt. Diese Pre-Title-Sequenz erinnert an die zu „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), denn die Kulisse ist ein moderner Irrgarten, wie das Heckenlabyrinth aus dem zweiten 007-Film.
In „Skyfall“ (2012) „erschießt“ Eve Moneypenny58 James Bond versehentlich von einem fahrenden Zug, als sie einen Killer ausschalten will. M ist das Risiko, Bond zu verlieren, zwar eingegangen, zeigt sich jedoch bestürzt, als sie von seinem Tod erfährt. Sie schreibt seinen Nachruf, der mit den Zeilen aus Ian Flemings Roman „You Only Live Twice“ beginnt: „Obit: M. writes : As your readers will have learned from earlier issues, a senior officer of the Ministry of Defence, Commander James Bond, CMG, RNVR, is missing, believed killed, while on an official mission to Japan. It grieves me to have to report that hopes of his survival must now be abandoned. It therefore falls to my lot, as the Head of the Department he served so well, to give some account of this officer and of his outstanding services to his country.“ In „Skyfall“ (2012) schreibt „M“: „Commander James Bond, CMG., RN, is missing, believed killed, while on an official mission to Turkey.“
Sam Mendes bestätigte, dass die Quelle der James-Bond-Filme noch immer die Romane Ian Flemings sind. Die Grundlage für „Skyfall“ liege in den letzten drei düsteren Romanen, in denen Bond unter Depressionen leidet und viel Bitterkeit, Zynismus und Selbstverachtung zeigt.
Wie auch in „Man lebt nur zweimal“ (1967) „stirbt“ James Bond in „Skyfall“ (2012) und kommt verändert zurück.
Aber nicht nur die Filme enthalten den vermeintlichen Tod des Agenten. In der zweiten Hälfte des Romans „The Man from Barbarossa“ wird James Bond plötzlich während einer Schießerei getötet - das soll der Leser jedenfalls glauben. Bonds angebliche Leiche wird geborgen und beerdigt. Auf dem Grab steht ein Stück Holz mit der Inschrift: „Hier liegt der Körper eines tapferen britischen Offiziers, vermutlich Captain James Bond, Royal Navy. Er starb für seine Sache am 9. Januar 1991.“ Die Nachricht erreicht „M“, der wie Bill Tanner und Miss Moneypenny am Boden zerstört ist.
Das Motiv des vorgetäuschten oder angedeuteten Todes findet sich auch in „Diamantenfieber“ (1971). Hier ist nicht James Bond das Opfer, sondern Ernst Stavro Blofeld (Charles Gray59) bzw. dessen Doppelgänger, der echte Blofeld lebt noch. Bei der Vorgehensweise orientierte man sich am Vorgänger „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969), in dem Bonds Gesicht erst sehr spät gezeigt wurde.60
Da in „Casino Royale“ (2006) die eigentliche Pre-Title-Sequenz nicht vor dem Titelvorspann, sondern vor der Gun-Barrel-Sequenz abläuft, müsste man sie „Pre-Barrel-Sequenz“ nennen.
In den meisten 007-Filmen wird der jeweilige James-Bond-Darsteller in diesem kurzen Film vor dem Film eingeführt.
Viele deutsche und englische Filmtitel haben mit Tod, Leben und Sterben zu tun: „Man lebt nur zweimal“, „Leben und sterben lassen“, „In tödlicher Mission“, „Im Angesicht des Todes“, „Der Hauch des Todes“, „Lizenz zum Töten“, „Der Morgen stirbt nie“, „Stirb an einem anderen Tag“. Romane oder Kurzgeschichten tragen Titel wie „Leben und sterben lassen“, „Tod im Rückspiegel“, „Du lebst nur zweimal“, „Der Hauch des Todes“, „Niemand lebt für immer“, „Sieg oder stirb, Mr. Bond!“, „Lizenz zum Töten“, „Tödliche Antwort“, „Der Morgen stirbt nie“, „Tod auf Zypern“, „Stirb an einem anderen Tag“, „Stille Wasser sind tödlich“, „Zurück kommt nur der Tod“, „Reden ist Silber, Schweigen ist tödlich“, „Der Tod kennt