Vom Winde verweht. Margaret Mitchell

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Vom Winde verweht - Margaret Mitchell

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aus einer peinlichen Unterhaltung zu entkommen suchte, hakte sie ihn leise ein und sagte: »Ich habe auf dich gewartet. Ich wußte ja nicht, daß du so spät kommen würdest. Ich wartete nur, umzu hören, ob du Dilcey gekauft hast.«

      »Freilich habe ich sie gekauft, sie und ihr kleines Mädel Prissy, und der Preis hat mich ruiniert. John Wilkes wollte sie mir schenken, aber niemand soll sagen, daß Gerald 0'Hara sich etwas schenken läßt. Schließlich hat er dreitausend für die beiden angenommen.«

      »Um Himmels willen, Pa, dreitausend! Und du hättest es doch gar nicht nötig gehabt, Prissy auch zu kaufen!«

      »Ist es schon soweit, daß meine eigenen Töchter über mich zu Gericht sitzen?« donnerte Gerald pathetisch. »Prissy ist ein nettes kleines Ding, und deshalb ...«

      »Ich kenne sie, ein albernes, gerissenes Balg«, erwiderte Scarlett ruhig. Sein Lärmen machte auf sie keinen Eindruck. »Du hast sie einzig und allein gekauft, weil Dilcey dich darum gebeten hat.«

      Gerald machte ein betretenes Gesicht wie immer, wenn er auf einer guten Tat ertappt wurde, und Scarlett mußte lachen, weil er so ohne weiteres zu durchschauen war.

      »Und wenn schon! Es hat doch keinen Zweck, Dilcey zu kaufen, wenn sie nachher des Kindes wegen immer den Kopf hängen läßt. Aber nie wieder erlaube ich einem Schwarzen, ein Mädchen von anderswo zu heiraten, das ist mir zu teuer. So, kommmit, Puß, hinein zum Abendessen.«

      Das Dunkel wurde immer undurchdringlicher. Der letzte grünliche Schimmer war vom Himmel verschwunden, und die laue Frühlingsluft hatte einer leichten Kühle Platz gemacht. Scarlett überlegte, wie sie wohl das Gespräch auf Ashley bringen konnte, ohne Argwohn zu erregen. Das war schwierig, denn Scarlett besaß keine Spur von Durchtriebenheit, und Gerald glich ihr darin so sehr, daß er ihre schwachen Winkelzüge immer sofort durchschaute, genau wie sie die seinen. Und taktvoll war er auch nicht dabei.

      »Wie geht es denn denen drüben in Twelve 0aks?«

      »Nun, so ziemlich wie immer. Cade Calvert war da, und als ich wegen Dilcey abgeschlossen hatte, saßen wir alle auf der Galerie und tranken einige Whiskys. Cade war gerade von Atlanta gekommen, und da ist alles aus dem Häuschen und spricht nur von Krieg.«

      Scarlett seufzte. Wenn Gerald einmal vom Krieg anfing, konnte es stundenlang dauern, bis er wieder aufhörte. Schnell brachte sie etwas anderes zur Sprache.

      »Haben sie etwas vomGartenfest morgen gesagt?«

      »Ja, nun fällt es mir wieder ein. Miß ... wie heißt sie denn ... das nette kleine Tierchen, das voriges Jahr hier war, Ashleys Cousine, weißt du ... ach ja, Miß Melanie Hamilton und ihr Bruder Charles waren schon aus Atlanta heraufgekommen und ...«

      »Ach, ist sie schon da?«

      »Ja, ein nettes stilles Ding, das nie von selber etwas sagt, ganz wie eine Frau sein sollte. Aber kommjetzt, Mutter sucht uns sicher schon überall.«

      Scarlett sank das Herz in die Schuhe, als sie das hörte. Gegen alle.

      Wahrscheinlichkeit hatte sie gehofft, daß irgend etwas Melanie Hamilton in Atlanta, wohin sie gehörte, zurückhalten würde, und in der Erkenntnis, daß sogar Gerald ihr sanftes stilles Wesen, das von ihrem eigenen so gänzlich verschieden war, guthieß, konnte sie nicht länger mehr an sich halten.

      »War Ashley auch dabei?«

      »Ja.« Gerald ließ den Arm seiner Tochter los, drehte sich um und blickte ihr scharf ins Gesicht. »Wenn du deswegen auf mich gewartet hast, warum sagst du es mir nicht gleich und gehst wie die Katze um den heißen Brei herum?«

      Nun fiel Scarlett nichts weiter ein, unwillig fühlte sie, wie sie rot wurde. »Also, heraus mit der Sprache!«

      Sie sagte noch immer nichts. Wenn sie doch den eigenen Vater packen, schütteln, ihm den Mund verbieten dürfte!

      »Er war da und hat sehr freundlich nach dir gefragt. Das taten auch seine Schwestern, sie hofften, daß nichts dich morgen abhalten würde, zum Gartenfest zu kommen. Es wird doch nicht etwa?« fragte er verschmitzt. »Nun, Mädchen, was soll das alles heißen mit dir und Ashley?«

      »Gar nichts«, sagte sie kurz und zerrte ihn am Arm. »Komm mit, Pa.«

      »So, so, nun willst du also nach Hause«, bemerkte er. »Aber ich bleibe hier auf dem Fleck, bis ich weiß, was mit dir los ist. Nun fällt mir auch ein, du warst eigentlich in letzter Zeit sehr sonderbar. Hat er dir den Kopf verdreht? Hat er dich gefragt, ob du ihn heiraten wolltest?«

      »Nein.«

      »Das wird er auch nicht«, sagte Gerald.

      Zornig flammte es in ihr auf, aber Gerald beschwichtigte sie mit einer Handbewegung.

      »Mund halten, kleines Fräulein! Ich habe heute nachmittag im strengsten Vertrauen von John Wilkes gehört, daß Ashley Miß Melanie heiraten will. Morgen soll es verkündet werden.«

      Scarletts Hand glitt matt von seinem Arm herab. Es war also doch wahr!

      Der Schmerz zerriß ihr wie mit Raubtierfängen das Herz. Bei alledem fühlte sie ihres Vaters Auge ein wenig mitleidig und zugleich ein wenig verdrießlich auf sich gerichtet, weil er vor einer Frage stand, auf die er keine Antwort wußte. Er hatte Scarlett lieb, aber es war ihm durchaus nicht geheuer, wenn sie mit ihren kindlichen Problemen zu ihm kam, damit er sie löse. Ellen wußte auf das alles eine Antwort. Scarlett sollte mit ihren Kümmernissen zu ihr gehen.

      »Du hast dich doch nicht etwa ins Gerede gebracht ... dich und uns alle?« fuhr er sie an. Wenn er aufgeregt war, wurde er immer laut. »Bist du hinter einem Mann hergelaufen, der dich nicht liebt ... wo du doch jeden in der Provinz haben kannst?«

      Zorn und verletzter Stolz verdrängten ihren Schmerz. »Ich bin nicht hinter ihm hergelaufen. - Es ... es hat mich nur so überrascht.«

      »Das lügst du!« Dann aber blickte Gerald ihr in das ganz von Schmerz verzerrte Gesichtchen und fügte in einem Anflug von Gutmütigkeit hinzu: »Es tut mir leid, Mädchen, aber schließlich bist du doch noch ein Kind, und andere Verehrer gibt es die Menge.«

      »Mutter war erst fünfzehn, als sie heiratete, und ich bin schon sechzehn«, sagte Scarlett mit erstickter Stimme.

      »Mutter war anders«, sagte Gerald. »Kein leichter Vogel wie du. Nun komm aber, Mädchen, Kopf hoch, nächste Woche nehme ich dich mit nach Charleston, wir besuchen Tante Eulalia, und bei all dem Hallo wegen Fort Sumter hast du Ashley in einer Woche vergessen.«

      »Er hält mich für ein Kind«, dachte Scarlett. Wut und Kummer verschlugen ihr die Stimme. »Er meint, er brauche mir nur ein neues Spielzeug vor die Augen zu halten, und ich vergäße auf der Stelle meine Beulen.«

      »Du brauchst das Kinn gar nicht so aufzuwerfen«, warnte Gerald. »Wenn du nur ein bißchen Verstand hättest, so hättest du Stuart oder Brent Tarleton längst geheiratet. Überleg's dir. Heirate einen von den Zwillingen, dann betreiben wir die Plantagen gemeinsam. Jim Tarleton und ich bauen dir gerade, wo sie zusammenstoßen, ein schönes Haus, dort in dem großen Kiefernhain, und ...«

      »Hörst du nun bald auf, mich wie ein Kind zu behandeln?« begehrte Scarlett auf. »Ich will nicht nach Charleston,

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