Vom Winde verweht. Margaret Mitchell

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Vom Winde verweht - Margaret Mitchell страница 49

Автор:
Серия:
Издательство:
Vom Winde verweht - Margaret Mitchell

Скачать книгу

die Blockade geschmuggelt. Kapitän Butler ... ich mag den Namen nicht mehr hören. Also, Pitty, wi r haben keine Zeit, länger zu reden, du mußt kommen. Im hinteren Raum sieht dich niemand, und Melly fällt ohnehin nicht auf. Die Bude liegt ganz amEnde und ist nicht sehr hübsch. Da bemerkt euch niemand.«

      »Ich finde, wir sollten hingehen«, mischte sich Scarlett ein und versuchte, so harmlos wie irgend möglich auszusehen. »Es ist das mindeste, was wir für das Lazarett tun können.«

      Keine der Besucherinnen war auch nur auf den Gedanken gekommen, eine Frau, die kaum ein Jahr Witwe war, bei dieser gesellschaftl ichen Veranstaltung um ihre Mitwirkung zu bitten. Sie sahen sie scharf und erstaunt an; mit großen Kinderaugen hielt Scarlett ihren Blick aus. »Ich finde, jeder hat die Pflicht, das Seine zu tun. Melly und ich könnten doch vielleicht zusammen diese Bude übernehmen, denn ... macht es nicht auch einen besseren Eindruck, wenn wir zu zweien da sind, als eine allein? Was meinst du, Melly?«

      »Gott, ja«, stammelte Melly hilflos. Der Gedanke, auf einer gesellschaftlichen Veranstaltung öffentlich zu erscheinen, während sie in Trauer waren, schien ihr so unerhört, daß sie damit nicht zurechtkommen konnte.

      »Scarlett hat recht«, sagte Mrs. Merriwether. Sie stand auf und schüttelte den Reifrock zurecht »Ihr beide ... ihr alle müßt kommen. Nein, Pitty, fang nicht wieder mit Entschuldigungen an. Bedenk doch nur, wie dringend das Lazarett Geld braucht! Und wie lieb wäre es Charlie, wenn ihr der heiligen Sache helfen würdet, für die er starb!«

      Pittypat war einer stärkeren Persönlichkeit gegenüber immer hilflos. »Wenn ihr meint, daß die Leute es richtig verstehen ...«

      »Es ist zu schön, um wahr zu sein! Es ist zu schön, um wahr zu sein!« jubelte Scarletts Herz, als sie unauffällig in die rosa und gelb verhängte Bude schlüpfte, die eigentlich den McLureschen Mädchen gehörte. Sie war auf einer Gesellschaft! Nach einjähriger Abgeschiedenheit in Trauerkleidern und mit gedämpften Stimmen, nach einer Langeweile, die sie schier verrückt gemacht hatte, war sie nun wirklich auf einer Gesellschaft, der größten, die Atlanta je erlebt hatte. Sie konnte wieder Leute sprechen, durfte Lichter sehen und mit eigenen Augen die entzückenden Spitzen, Kleider und Rüschen betrachten, die der berühmte Kapitän Butler auf seiner letzten Fahrt durch die Blockade geschmuggelt hatt e.

      Sie sank auf einen der kleinen Hocker hinter der Auslage der Bude und blickte den langen Saal entlang, der noch vor kurzem ein kahler Exerzierraum gewesen war. Wie mußten die Damen heute noch gearbeitet haben, um ihn schön zu machen! Jeder Leuchter und jede Kerze aus ganz Atlanta schienen heute abend hier aufgestellt zu sein. Silberne Leuchter mit einem Dutzend gespreizter Arme, Porzellankandelaber mit zierlichen Figürchen am Fuße, hohe würdige Messingleuchter, alle mit Kerzen von jeder Größe und Farbe versehen, waren auf den Gewehrständern, an den Wänden, auf den langen blumengeschmückten Tischen und sogar vor den offenen Fenstern aufgestellt, durch die die warme Sommerluft gerade kräftig genug hereinwehte, um die Flämmchen ins Flackern zu bringen. Die häßliche Riesenlampe, die in der Mitte der Halle an rostigen Ketten von der Decke herabhing, war mit Efeu und Weinlaub, das in der Hitze schon schlaff wurde, völlig verkleidet worden. Die Wände waren ebenfalls über und über mit würzig duftenden Kiefernzweigen bedeckt, in den Ecken hatte man hübsche Lauben für die alten Damen entstehen lassen. Um die Fensterrahmen und die bunten Buden schlangen sich zierliche Laubgewinde, und inmitten des Grüns prangten überall auf Flaggen und Fahnentüchern die hellen Sterne der Konföderierten auf ihrem rotblauen Hintergrund. Besonders kunstvoll war das erhöhte Podium für die Musik geschmückt: alle Topfund Kübelpflanzen der Stadt waren hier zusammengetragen worden, Geranien, Hortensien, 0leander, Begonien und sogar Mrs. Elsings ängstlich gehütete Gummibäume, die als Ehrenposten an den vier Ecken aufgestellt waren.

      Am anderen Ende des Saales, dem Podium gegenüber, hingen große Bildnisse von Präsident Davis und Georgias eigenem »Little- Alec« Stephens, dem Vizepräsidenten der Konföderierten Staaten. Über ihnen prangte ein Riesenbanner, und darunter lag auf langen Tischen alles, was die Gärten nur hatten hergeben können, Farne, Haufen von roten, gelben und weißen Rosen, stolze Sträuße goldgelber Gladiolen, bunte Kapuzinerkresse, hohe steife Stockmalven, die ihre rotbraunen und rahmweißen Köpfe über die anderen Blumen erhoben. Dazwischen brannten helle Kerzen wie auf einem Altar. Die beiden Gesichter blickten von den Bildern auf das Schauspiel herab. Es waren zwei so verschiedene Gesichter, wie sie zwei Männer am Steuer eines so folgenschweren Unternehmens nur haben konnten: Davis mit den eingefallenen Wangen und kalten Augen eines Asketen, die schmalen, stolzen Lippen fest aufeinandergepreßt; Stephens mit tiefliegenden, dunkel glühenden Augen in einem Antlitz, das nur von Krankheit und Schmerz wußte, ihrer aber mit Humor und Feuer Herr geworden war - zwei Gesichter, die sehr geliebt wurden. Nun kamen die ältlichen Komiteedamen, in deren Händen die ganze Verantwortung für die Veranstaltung ruhte, wie mit vollen Segeln hereingerauscht und trieben die verspäteten jungen Frauen und kichernden Mädchen auf ihre Plätze in den Buden, dann wogten sie durch die Türen in die hinteren Räume, wo die Erfrischungen angerichtet wurden - Tante Pitty keuchend hinter ihnen her. Die Musikanten kletterten auf ihr Podium, eine schwarze grinsende Gesellschaft, die fetten Gesichter glänzten schon von Schweiß. Sie begannen ihre Geigen zu stimmen und strichen und lärmten mit ihren Bogen im Vorgefühl ihrer Wichtigkeit. Der alte Levi, Mrs. Merriwethers Kutscher, der seit der Zeit, da Atlanta noch Marthasville hieß, auf jedem Basar und auf jedem Ball das 0rchester dirigierte, klopfte geräuschvoll mit dem Bogen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Aller Augen wendeten sich ihm zu. Dann fingen die Geigen, Bratschen, Akkordeons und Banjos unter Begleitung der Schlagzeuge an, »Lorena« zu spielen, vorerst noch zum Tanzen zu langsam. Der Tanz sollte erst später beginnen, wenn die Buden leergekauft waren. Scarlett schlug das Herz rascher, als die süße Schwermut des Walzers an ihr 0hr klang:

      »Langsamschwinden die Jahre, Lorena!

      Auf den Feldern liegt wieder der Schnee.

      Schon tief steht die Sonne amHimmel, Lorena ...!«

      Eins, zwei, drei; eins, zwei, drei; tiefe Verbeugung und drehen drei; eins, zwei, drei. Was für ein herrlicher Walzer! Sie breitete die Arme aus, schloß die Augen und wiegte sich in dem traurigen Rhythmus, der einen nicht wieder losließ. In der schwermütigen Melodie von Lorenas verlorener Liebe lag etwas, was sich mit ihrer eigenen Erregung verschmolz und ihr beklemmend in die Kehle stieg.

      Dann drangen, als hätte die Walzermusik sie hereingeholt, Klänge von der schattigen, mondbeschienenen Straße herauf: Pferdegetrappel und Wagenrollen, getragen von der warmen, lieblichen Luft, viel frohes Gelächter, Stimmen der Farbigen in ihrer eigentümlich weichen Schärfe, die sich um die Plätze zum Anbinden der Pferde stritten. Von der Treppe her hörte man die frischen Stimmen der Mädchen, die sich mit den Bässen ihrer Begleiter vermischten, muntere Ausrufe der Begrüßung und des freudigen Wiedererkennens. Plötzlich kam Leben in den Saal, die Mädchen erschienen in ihren schmetterlingsbunten Kleidern mit riesigen Reifröcken und Spitzenhöschen, die darunter hervorlugten; kleine, runde, nackte Schultern, zarteste Ansätze ferner, weicher Brüste unter Spitzenrüschen, leicht über den Arm geschlagene Schals, Fächer aus Schwanendaunen und Pfauenfedern, die an Samtbändern von zierlichen Handgelenken herabhingen. Mädchen mit schlicht über den 0hren zurückgestrichenen Haaren, die hinten zu so schweren Knoten geschlungen waren, daß die Köpfe sich in herrischer Gebärde zurückbogen, Mädchen mit blonden Locken um schlanke Nacken und schweren goldenen 0hrgehängen dazwischen. Geschmuggelte Seiden, Spitzen, Borten und Schleifen, alles um so stolzer getragen, als es den Yankees zum Hohn die Blockade durchbrochen hatte.

      Nicht alle Blumen der Stadt waren den beiden Führern der Konföderierten Staaten als Tribut dargebracht worden. Mit den allerfeinsten, allerduftigsten Blüten waren diese jungen Mädchen geschmückt. Teerosen staken hinter rosigen 0hren, Jasmin und Rosenknospen hingen in kleinen Girlanden über fallenden Seidenlocken. Blüten wurden sittsam in Atlasschärpen getragen und fanden, noch ehe die Nacht zu Ende ging, ihren Weg als kostbare Andenken in die

Скачать книгу