mehr. Thomas Häring
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Thomas Häring
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Inhaltsverzeichnis
Undank ist der Welten Klon
Früher hatte ich immer geglaubt gehabt, daß die Mehrzahl von Klo Klon lauten würde, aber dann hatte ich diesen verrückten Professor getroffen, der mir heimlich meinen genetischen Fingerabdruck abgenommen hatte und aus meinen in Massen ausgefallenen Haaren hatte er mein Ebenbild geschaffen und das stand nun samt seinem Schöpfer vor meiner Haustür. „Hallo, Herr Witschke, das hier ist Ihr Klon. Wollen Sie nicht gleich mal mit ihm aufs Klo gehn? Passen Sie bitte gut auf ihn auf!“ verlangte der irre Wissenschaftler und dann war er auch schon verschwunden. Da stand ich nun, ich armer Thor, und war noch genauso nackt wie zuvor. Wenigstens schien das meinen Klon nicht zu stören, die Nachbarin im Haus gegenüber machte dagegen gleich immer ein großes Geschrei, aber die Polizistin, die dann jedesmal herbeigerufen wurde, freute sich immer aufs Neue über meinen Anblick und verschwand dann meistens für eine halbe Stunde mit mir in meinem Haus. Ehrlich geschrieben wußte ich zunächst überhaupt nicht, was ich mit meinem Klon anfangen sollte, doch da es ihm genauso ging, brachte ich ihn erst einmal ins Haus. Dort zeigte ich ihm alle Räume und erklärte ihm das Nötigste, jedoch stellte ich sehr schnell fest, daß er nicht wirklich etwas begriff. „Das kann ja was werden“, dachte ich mir und merkte plötzlich, daß mein Goldfisch in seinem Mund zappelte. Oh je!
Mit der Zeit gewöhnten wir uns aneinander und ich programmierte ihn so gut ich konnte. Er lernte recht schnell und ich richtete ihn so ab, wie ich ihn brauchte. Das Tolle an meinem Klon war, daß er keine Fragen stellte, aber trotzdem hervorragend zuhören konnte. So nickte er verständnisvoll, wenn ich mich über meinen Chef beschwerte, lauschte gebannt, sobald ich über meine privaten Probleme sprach und hörte sich sogar meine selbst komponierten Klavierstücke an. Irgendwann konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, ohne meinen George Kloni, wie ich ihn liebevoll nannte, zu leben und wußte auch nicht mehr, wie mir das früher gelungen war. Er machte mir das Frühstück, putzte die Wohnung, brachte den Müll raus, kochte, wusch ab, staubsaugte, goß die Pflanzen, kurz und gut: Er machte alles, worauf ich eigentlich keinen Bock hatte. Doch dann machte ich eines Tages meinen ersten großen Fehler. Ich war leicht erkältet und ziemlich müde, also schickte ich ihn in die Arbeit und schärfte ihm ein, daß er nichts weiter reden solle, dann würde niemand den Schwindel bemerken. Er hielt sich daran, doch als ich am Tag darauf wieder selbst malochen ging, da hagelte es Lob von allen Seiten, sogar mein Chef klopfte mir auf die Schulter und schon in dem Moment hätte mir klar sein müssen, daß ich dieses Spiel nicht gewinnen konnte, denn Kloni war einfach besser als ich. Damals habe ich das natürlich noch nicht begriffen, sondern mich nur darüber gefreut, daß alle so zufrieden waren. „Du bist ein guter Junge“, lobte ich Kloni zuhause. „Ich weiß“, bemerkte er selbstzufrieden und auch das hätte mir zu denken geben müssen. Zu jener Zeit hatte ich bereits seit zwei Jahren eine Freundin, die ich sehr mochte, auch wenn sie mir manchmal tierisch auf die Nerven ging. Eines Tages hatte ich keine Lust darauf, mir ihr stundenlanges Lamento anzuhören, weshalb ich Kloni zu ihr schickte, damit er sie fickte. Am darauffolgenden Tag sprang sie mir überglücklich in die Arme und bedankte sich noch einmal voller Begeisterung für die „schönste Nacht meines Lebens“. „Was hast Du denn mit der gemacht?“ wollte ich von Kloni wissen. „Das, was sie von mir wollte“, lautete seine Antwort. Ich erschrak fürchterlich, denn das bedeutete ja, daß ich in Zukunft immer an der Potenz und Verspieltheit meines Klons gemessen wurde und das war rein gar nicht in meinem Interesse. Außerdem hatte sich meine Freundin auch noch für die Blumen bedankt. Ich hatte ihr noch nie Blumen geschenkt! Schön langsam begann mir zu dämmern, daß man seinem Klon vielleicht nicht zu viele Aufgaben zuschanzen sollte, denn er war ohne Zweifel in vielen Dingen besser als ich und er wurde auch immer selbstbewußter.
Eines Tages kamen Polizisten in mein Haus und durchsuchten alles. Sie fanden jede Menge Sachen, von denen sie nichts wissen konnten und am Abend stellte ich Kloni zur Rede: „Sag mal, bist Du noch ganz dicht? Wenn das so weitergeht, dann bringst Du mich noch in den Knast.“ Er zuckte nur mit den Schultern und entgegnete: „Ich habe von Dir gelernt, daß es in diesem Land verboten ist, Bomben zu basteln.“ „Du bist ja schlimmer als ein kleines Kind. Also, paß mal gut auf ...“ Und dann erklärte ich ihm ganz genau, wie es bei uns ablief. Daß der Ehrliche immer der Dumme war und daß man manchmal Dinge tun mußte, die man eigentlich nicht tun durfte, aber am Ende schien er es begriffen zu haben, denn er faßte zusammen: „Wenn ich also hier alleine wohnen möchte, dann muß ich Dich umbringen, auch wenn ich das eigentlich nicht darf.“ Ich stutzte. George Kloni war drauf und dran, mir den Rang abzulaufen und offensichtlich plante er bereits einen Putsch. Daraufhin änderte ich meine Strategie und stellte auf „teile und herrsche“ um. Ich gewährte ihm einige Freiheiten, er durfte sogar abends alleine außer Haus, denn ich wußte, daß er sich besser und anständiger benehmen würde, als ich es je konnte. Das Problem an der Sache war bloß, daß ich feststellen mußte, daß Kloni wesentlich beliebter war als ich und daß er sich mehr und mehr anschickte, mich überflüssig zu machen. Ich verdrängte meine Sorgen, indem ich etwas Flüssiges zu mir nahm und ich verwahrloste immer mehr. Meine Freundin traf sich nur noch mit Kloni, sie hatte von mir die Schnauze voll und wußte Bescheid, daß es mich inzwischen in doppelter Ausführung gab. Im Grunde hatte sich alles geändert. Kloni ging zur Arbeit, machte den Haushalt und führte eine glückliche Beziehung. Ich dagegen hing den ganzen Tag nur herum und wußte nichts mit mir anzufangen. So hatte ich mir das alles nicht vorgestellt. Irgendwann hatte ich keinen Alkohol mehr, weshalb ich mich aufraffte und das Haus verließ. Mein Orientierungssinn hatte stark nachgelassen und so verlief ich mich, bis ich plötzlich vor einem Haus stand, das eine merkwürdige Klingel hatte, welche mich so faszinierte, daß ich sie drücken mußte. Der verrückte Professor öffnete und rief entsetzt: „Kloni! Du meine Güte! Was hat er denn nur mit Dir gemacht?“ „Ich bin nicht Kloni. Kloni kriecht gerade meinem Chef in den Arsch, danach fickt er meine Freundin in den Arsch und ich bin total im Arsch“, gestand ich resigniert. „Ach so ist das“, murmelte er und bat mich herein. Er machte mir einen Zaubertee und danach ging es mir noch schlechter. Am Ende einigten wir uns darauf, daß ich bei ihm einziehen und sein Assistent werden sollte. Wenn das von Anfang an sein Ziel gewesen war, so hatte er es nun erreicht.
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