Vier Jahre für Lincoln. Stillwell Leander

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Vier Jahre für Lincoln - Stillwell Leander Zeitzeugen des Sezessionskrieges

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erstreckte, bis sie beiderseits der Wald vor unseren Blicken verbarg. Was hatte das zu bedeuten? Wo kamen diese Burschen her? Ich lief neben Enoch Wallace, dem Ordonnanzsergeant meiner Kompanie, her. Er war ein nervenstarker und mutiger Mann und mit seinen Worten und Taten hatte er an jenem Tage mehr dazu beigetragen, uns unerfahrene Jungs zum Halten unserer Stellungen und zur Erfüllung unserer Pflicht zu animieren als jeder andere Mann in der Kompanie. Doch angesichts der scheinbar verzweifelten Lage der Dinge hatte selbst er offenbar jegliche Hoffnung aufgegeben. Ich fragte ihn: "Enoch, was tun diese Männer hier?" Er antwortete mit leiser Stimme: "Ich glaube, man hat sie hier postiert, um die Rebellen in Schach zu halten, bis die Armee über den Fluss gesetzt hat." Dies war zweifellos die Vermutung eines jeden halbwegs intelligenten Soldaten in unserer geschlagenen Kolonne und genau hier zeigt sich, wie wenig der einfache Soldat von den tatsächlichen Entwicklungen im größeren Maßstabe wusste. Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass diese Gefechtslinie die letzte Stellung der "Fighting 4th Division" unter General Hurlbut darstellte, dass zu ihrer Rechten die Division von McClernand (die Jungs von Fort Donelson) stand und dass zu deren Rechten die rechtwinkelig zurückgebogenen Truppen des guten, alten Sherman die rechte Flanke der Armee bildeten und sich verbissen an der Straße von Crump's Landing über den Snake Creek festkrallten, über die Lew Wallace mit seinen 5.000 Mann heranmarschierte. Kurz gesagt: Wir hatten dem Feinde noch immer eine ungebrochene Frontlinie entgegenzusetzen, die aus Männern bestand, welche noch keineswegs von unserer Niederlage überzeugt waren. Auch wussten wir nicht, dass unser flüchtender Haufen lediglich aus einigen Regimentern von Hurlbuts Division und wenigen weiteren isolierten Einheiten bestand, welche man nicht rechtzeitig von Hurlbuts planmäßigem Rückzug zwecks Formierung einer neuen Verteidigungslinie in Kenntnis gesetzt hatte und welche deswegen beinahe das Schicksal von Prentiss' Männern geteilt hätten und den Rebellen als Gefangene in die Hände gefallen wären. Ich selbst fand diese Dinge erst 20 Jahre nach der Schlacht heraus und doch sind sie so unzweifelhaft wahr wie die Tatsache, dass gestern Morgen die Sonne aufging. Wir marschierten also durch Hurlbuts Linie hindurch, hielten an, formierten uns neu und wandten uns wieder dem Feind entgegen. Man postierte uns ein wenig hinter Hurlbut, wo wir einige schwere Geschütze bewachten. Es muss dies so etwa um 17.00 Uhr gewesen sein. Plötzlich ertönte von unserer äußersten Linken, ein wenig oberhalb der Anlegestelle, her eine ohrenbetäubende Explosion, die förmlich die Erde unter unseren Füßen erzittern ließ und der in kurzen und regelmäßigen Abständen weitere Explosionen folgten. Der Ausdruck von Verwunderung und Neugierde auf den Gesichtern der Soldaten wich bald offenkundiger Freude und Begeisterung, als wir begriffen, dass sich die Kanonenboote endlich den Festivitäten angeschlossen hatten und 25-Pfund Parrott-Granaten in den Hohlweg vor Hurlbuts Stellung feuerten (sehr zum Schrecken und Unbehagen unserer Widersacher).

      Die letzte Position, die mein Regiment besetzt hielt, lag nahe der Straße zur Anlegestelle. Plötzlich hörte ich die Klänge von Militärmusik und sah eine Kolonne die Straße heraufmarschieren. Ich schlüpfte aus der Formation und lief an den Straßenrand, um zu schauen, welche Truppen das wohl sein mochten. Ihre Kapelle spielte "Dixie's Land" und sie war gut. Die Männer marschierten im Eilschritt und trugen ihre Waffen, Patronentaschen, Brotbeutel, Feldflaschen und aufgerollten Decken bei sich. Ich sah, dass sie offensichtlich noch nicht gekämpft hatten, da ihre Gesichter nicht von Pulverrauch geschwärzt waren. "Welches Regiment ist das?" fragte ich einen jungen Sergeant, der die Marschkolonne flankierte. Er antwortete vergnügt: "Wir sind das 36th Indiana, die Vorhut von Buells Armee."

      Als ich dies hörte, hütete ich mich, meine Mütze in die Luft zu schleudern und zu jubeln, denn somit hätte ich diesen Burschen aus Indiana nur einen Anlass geliefert, mich zu necken und mit Spötteleien zu überziehen, was ich natürlich tunlichst vermeiden wollte. Also verschluckte ich einen tiefen Seufzer der Erleichterung und blieb scheinbar seelenruhig an Ort und Stelle stehen, während mir innerlich ob dieser sagenhaften Neuigkeit das Blut in der Halsschlagader hämmerte und mein Herz vor Freude schier durch meine enge Uniformjacke bersten wollte. Einem Soldaten muss ich die unbeschreibliche Freude beim Anblick nahender Waffenbrüder in der finstersten Stunde einer Schlacht wohl nicht erst zu erklären versuchen. Was mich persönlich betrifft, so kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, dass mir während meiner gesamten bescheidenen Soldatenlaufbahn der Anblick von Verstärkungen niemals wieder so ersehnt und willkommen war wie an jenem Sonntagabend, als die Strahlen der sinkenden Sonne an den Bajonetten von Buells Vorhut blitzten, während die Männer an den Abhängen von Pittsburg Landing Aufstellung nahmen.

      Hiermit ist mein Bericht über die Schlacht so gut wie beendet. Meines Wissens wurde an jenem Abend nach Buells Überquerung des Flusses kaum noch gekämpft. Wir hatten wohl noch etwa eine volle Stunde Tageslicht, als alles, was man als organisierte und stetige Schusswechsel bezeichnen könnte, gänzlich erstarb. Was hätte passieren können, wenn Beauregard seine Truppen an unserer Linken konzentriert und versucht hätte, noch am späten Sonntagabend eine Entscheidung zu erzwingen, muss notwendigerweise reine Spekulation bleiben und hierbei hätte die Meinung eines einfachen Soldaten wohl kein sonderliches Gewicht.

      Am folgenden Tage wurde mein Regiment in Reserve gehalten und griff nicht mehr in die Kämpfe ein, weswegen ich über diesen Tag keine persönlichen Erlebnisse mitzuteilen habe. Nach der Schlacht von Shiloh wollte es das Schicksal, dass ich noch zu weiteren hitzigen Waffengängen meinen bescheidenen Beitrag leisten sollte, aber Shiloh war meine Feuertaufe. Hier sah ich erstmals, wie eine Muskete in tödlicher Absicht abgefeuert wurde, hier hörte ich erstmals das Pfeifen einer fliegenden Kugel und hier sah ich erstmals einen Menschen eines grausigen Todes sterben. All meine Erfahrungen, Gedanken, Eindrücke und Gefühle während jenes blutigen Sonntages werden mich zeit meines Lebens nicht mehr verlassen.

      Kapitel IV

       -

       Einige Ereignisse während der Schlacht von Shiloh.

      Bei Shiloh wurde ich Zeuge zahlreicher kleiner Ereignisse, die im vorangegangenen Artikel keine Erwähnung fanden. Meine Seitenzahl war begrenzt und so musste ich einige Dinge auslassen, doch nun steht mir beliebig viel Platz zur Verfügung, weswegen ich hier noch einige Vorkommnisse erwähnen möchte, die ich für einigermaßen nennenswert erachte.

      Ich erinnere mich noch genau an den ersten Schuss, den ich bei Shiloh abfeuerte. Es geschah, während wir unsere erste Stellung verteidigten, worüber ich ja bereits in dem Artikel berichtet habe. Ich glaube, als die Jungs den anrückenden Feind erblickten, begannen sie von alleine zu feuern, ohne auf den Befehl zu warten, zumindest kann ich mich an keinen Befehl erinnern. Obwohl ich in der vordersten Reihe stand, gab ich anfangs keinen einzigen Schuss ab. Ich wartete auf eine Gelegenheit, einen deutlich sichtbaren feindlichen Soldaten sorgfältig aufs Korn nehmen zu können, doch als unser Regiment seine erste Salve abfeuerte, blieben die Konföderierten wie angewurzelt stehen und begannen zurückzuschießen. Bald waren beide Gefechtslinien in dichte Rauchschwaden gehüllt. Ich hielt meine Muskete schussbereit und versuchte, durch den Rauch einen Feind zu erspähen, als ich plötzlich hinter meinem Rücken den aufgeregten Ausruf hörte: "Stillwell! Schieß! So schieß doch! Warum schießt du nicht?" Ich blickte mich um und sah, dass es Bob Wylder, unser Second Lieutenant, war, der mir dieses Kommando entgegenschrie. Er war ein junger Mann von wohl etwa 25 Jahren und während er an seinem Platz einige Schritte hinter der Gefechtslinie stand, hüpfte er vor Aufregung auf und ab wie ein aufgescheuchtes Huhn.

      "Aber Lieutenant" sagte ich, "Ich sehe nichts, auf das ich schießen könnte."

      "Schieß trotzdem! Schieß!"

      "In Ordnung" antwortete ich, "Wenn Sie wollen, dass ich schieße, dann schieße ich natürlich."

      Mit diesen Worten legte ich meine Muskete an, zielte niedrig in die Richtung des Feindes und jagte meine Kugel durch den Rauch. Ich bezweifele sehr, dass mein erster Schuss irgendwelchen Schaden anrichtete, aber ich kann es natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Trotzdem hatte der Lieutenant natürlich recht. Unsere Feinde standen in geringer

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