eat. M. Fernholz
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Demnach kommt Melanie, wie so oft, nicht in Ballbesitz und kann nur zusehen, wie ihr Bruder stehen bleibt, den Basketballkorb anvisiert, dann hochspringend wirft und tatsächlich einen Treffer landet. Gekonnt fängt er den am Schuppen abprallenden Ball und versucht es erneut, doch diesmal trifft er nur den Rand des Korbes.
»Mist …!«, äußert er entsprechend und wischt sich mit der flachen Hand den Schweiß von der Stirn. Anschließend wendet er sich, um das hopsende Rund einzufangen.
Melanie, deren dunkles Haar mit einem Reif geschmückt ist, lächelt. Sie freut sich darüber, dass Tim soeben keinen Erfolg erzielen konnte und wartet beobachtend auf den hopsenden, ihr näher kommenden Ball. Dann ergreift sie die Chance – mit der Hand gleitet sie über den kurz vor ihr abprallenden Basketball. Dennoch hat sie das runde Spielgerät nicht recht unter Kontrolle, und da kommt Tim auch schon angerannt und nimmt den Ball rasch in Besitz.
»Ich hatte ihn eben gehabt«, schimpft die Siebenjährige. Ihr langes Haar weht im angenehmen Sommerwind, als sie ihren Bruder bockig ansieht.
Tim dagegen grinst, und stänkernd kommt er mit dem Ball dribbelnd auf Melanie zu. »Und jetzt hab ich ihn wieder. So geht Basketball eben.«
Ungeschickt versucht sie daraufhin, den hochspringenden Ball zu gewinnen, doch zügig entfernt sich Tim ein Stück von ihr. »Ach man!«, reagiert sie genervt.
Den Ball prellt er konzentriert weiter, und in kurzen Abständen blickt er immer wieder zu seiner Schwester, um ihr keine Chance der Ballentnahme zu ermöglichen. »Komm doch, komm doch …!«, neckt er.
»Das geh ich Mami sagen!« Frech streckt sie ihm die Zunge entgegen, und übertrieben bockig stapft sie los, während Tim sich unbeeindruckt umdreht und im Zickzack-Kurs auf den Basketballkorb zusteuert.
Die beiden streiten sich ständig. In diesem Alter finden Jungs Mädchen eben doof und umgekehrt genauso. Allerdings ist Tim meistens derjenige, der anfängt zu zoffen, weil er sich von seiner Schwester genervt fühlt. Er meint immer, sie sei noch zu klein und kann alles, was er so macht, noch nicht. Und das lässt er sie mit seiner gemeinen Umgangsform spüren. Er ist viel zu sehr sein eigener Typ und legt manchmal Allüren an den Tag, die darauf schließen lassen, dass er sich im späteren Leben garantiert durchzusetzen weiß.
Auf der Terrasse sitzen Jessica und Heiko, schauen konzentriert auf den Tisch. Die Eltern der beiden Kinder haben einen Straßenatlas vor sich liegen, um den Streckenverlauf ihrer bevorstehenden Reise zu optimieren und gedanklich zu festigen.
»Hier hab ich eine größere Karte«, meldet sich nun Anton durch die Terrassentür nach draußen kommend. Sich setzend, überreicht er sie seinem Sohn Heiko.
Augenblicklich faltet der 31-Jährige sie dann auseinander, um sie über die kleinere Straßenkarte zu legen. Konzentriert betrachtet er das vor ihm liegende Papier, schiebt dabei seine Brille ein Stück auf.
Auch er verflucht die verdammte Hitze. Die leichte Brise, die das blonde, etwas längere und zum dezenten Scheitel gekämmte Haar durchweht, hilft kaum.
»Ah ja«, meint Heiko nach kurzem Begutachten der Karte und nickt dabei vor sich hin. Mit dem Finger zeichnet er die Fahrstrecke ab Brandenburg auf der Karte nach. »Wir werden das schon schaffen. So kompliziert wird’s schon nicht werden.« Er folgt dem Streckenverlauf, um besser zu visualisieren und erklärt weiter: »Von der A2 müssen wir auf die A9 und bleiben dort bis München.« Seinen Blick wendet er nun zu Jessica, die mitdenkend nickt. »Bis dahin«, ergänzt Heiko, »haben wir dann die Hälfte der Strecke geschafft.« Dann sieht er wieder zur Karte und fährt in üblicher Weise die Route nach. »Und bei Rosenheim müssen wir von der A8 auf die A12 kommen, um über Innsbruck nach Verona zu gelangen. Mésola ist dann nur noch ein Katzensprung entfernt.«
Verstehend nickt Jessica, als sie die Fahrstrecke nochmals gedanklich durchgeht. Doch die Halbitalienerin mit modern frechem Kurzhaarschnitt wird unterbrochen, als Melanie nach ihr ruft. Entsprechend wendet sie sich ihrer Tochter, die ein trauriges Gesicht macht, zu.
Und als die Kleine auf der Terrasse ankommt, meint sie: »Mami, Tim lässt mich nicht mitspielen. Immer hat er den Ball.«
Jessica setzt daraufhin eine mitleidend traurige Miene auf, schmunzelt dann aber. »Ihr sollt euch doch vertragen. Hol den Tim doch mal her! Wir wollen jetzt frühstücken, damit wir für die lange Reise fit sind.« Die Lippen lächelnd zusammengepresst, nickt sie auf zuckende Art und kneift dabei kurz die Augen zu.
»Fahren wir dann gleich los, wenn wir fertig sind?«, will Melanie aufgeregt wissen.
Ihre Mutter macht nur große Augen und nickt langsam.
»Juhu …!«, jubelt die Siebenjährige euphorisch und rennt hüpfend zu Tim, der den Basketball in den Korb manövriert. »Tim, komm schnell frühstücken! Wir fahren bald los.«
Die Eltern schauen lächelnd zu ihren Sprösslingen, als Marianne, Heikos Mutter, mit Tassen und Frühstücksbrettern nach draußen kommt. Und dann sehen sie sich an; beide freuen sich darauf, Jessicas Familie endlich wieder zu sehen. Doch nicht nur das, denn die liebevollen Eltern haben sich entschieden, in Italien Wurzeln zu schlagen. Für die vierköpfige Familie beginnt ab heute ein neuer Lebensabschnitt.
KAPITEL 2
An der Motorhaube des älteren Ford Escord lehnt Ronny. Er ist 20. Sein dunkles Haar ist kurzgeschoren. Ganz bewusst stutzt er es auf maximal acht Millimeter, denn es lang wachsen zu lassen, vermeidet er, weil sich sonst eine Lockenpracht auftun würde, die er überhaupt nicht leiden kann. Und sein Piercing an der linken Ohrmuschel würde optisch dann auch nicht mehr hervorstechen.
Am Leib trägt er ein ärmelloses, enges Shirt, wodurch sein athletischer Körperbau optimal zur Geltung kommt. Die dunkelbraune Baggyhose mit auffällig farbigen Nähten flattert im sommerlichen Wind.
Ronny nimmt einen Schluck aus der Plastikflasche, die er in der Hand hält. Er liebt dieses isotonische Getränk. Nicht nur weil es schmeckt, sondern auch, weil er bei seinen sportlichen Betätigungen die verlorenen Nährstoffe zurückerhält. Und natürlich ist das Sportgetränk auch ein idealer Energiespender bei diesem Wetter.
Ihm gegenüber steht der etwas stabiler gebaute und ein Jahr jüngere Alexander. Schon jetzt ist dieser ziemlich durchgeschwitzt, wie an den feuchten Stellen des weißen T-Shirts zu erkennen ist. Den Schweiß auf der Stirn wischt er mit seinem Unterarm weg. Um seine Frisur braucht er sich jedenfalls keine Sorgen machen; die etwas längeren, nach hinten gekämmten Haare bleiben dank des Schweißes in Form.
Sein Styling ist nicht unbedingt zeitgemäß, auch deshalb, weil er Koteletten trägt, aber ihm steht der Look. »Wenn die Klimaanlage nicht versagt, schaffen wir es, ohne anzuhalten«, vermutet Alexander.
»Nun bleib locker«, reagiert Ronny. »Wir haben alle Zeit der Welt. Ob wir nun heute Abend oder ´ne Rast einlegen und erst morgen ankommen, ist doch scheißegal.« Wieder nimmt er einen Hieb aus der Flasche. »Mann, wir haben zwei Wochen Urlaub.«
»Schon, aber umso früher, desto mehr können wir entdecken und Spaß haben. Der Bayrische Wald ist schließlich nicht gerade klein«, argumentiert der 19-Jährige.
Ronny fängt an zu