Leidenschaft. Andreas Nass

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Leidenschaft - Andreas Nass

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wurde am kugelrunden Bauch von einer dunklen Lederschürze verdeckt. Aus seinem vorstehenden Unterkiefer ragten zwei gelbe Hauer hervor.

      Geschmeidig glitt ich mit schwingenden Hüften zum Tresen. Die Zwillinge sorgten dafür, dass ich dort Platz hatte und pfiffen gemeinsam nach dem gewichtigen Schankmeister.

      »Grmpf«, schnaufte er und sah mich mit matten Augen an.

      »Füll acht von dieser Giftmischung ab«, forderte ich, »dann hol mir den Herbergswirt und einen Stallburschen heran.«

      Erneut schnaufte der Fleischberg und widmete sich dem Abfüllen. Ohne ein Wort stellte er die Getränke vor mir ab und winkte dann mit grunzenden Lauten eine der Frauen herbei. Ihr Haar war verfilzt, der Rock mit Flicken übersät. Ein wildes Gemisch aus kaum zu deutenden Worten folgte. Offenbar hatte der Ork keine Zunge mehr. Die Bedienstete nickte und sah mich immer wieder mit großen Augen an, bevor sie sich abwandte und hinter einem löchrigen Vorhang verschwand.

      Ich schickte Hacasin zu dem Pärchen, das bei unseren Reittieren geblieben war. Vorsichtig roch ich an dem Getränk und musste beinahe niesen. Der erste Schluck reizte meinen Hals und ich hatte Schaum an der Oberlippe. Sorgfältig leckte ich ihn ab. Dann kehrte bereits die Frau in Begleitung eines hoch gewachsenen Orks zurück. Seine Arme wirkten irgendwie zu lang, dafür hatte er eine flache Stirn. Stechend gelbe Augen zeugten von einem wachen Verstand. Eine saubere Weste und knielange Hosen deuteten auf eine Pflege, die ich diesem Haus bislang nicht zugemutet hätte.

      »Guten Abend und lohnende Geschäfte«, grüßte der Wirt in der Sprache der Kaufleute, »Ihr habt nach mir rufen lassen, werte Dame? Mein Name ist Tanglar, Herbergsmeister des Fleischerhaken.«

      »Glück und Wohlstand, Tanglar«, erwiderte ich kaufmännisch, »ich bin Crish und suche Unterkunft und Verpflegung für mich und meine sieben Begleiter samt unserer Reittiere.«

      »Mein Stallmeister wird sich persönlich darum kümmern«, versprach der Wirt. »Wie lang werdet Ihr in meinem Hause verweilen?«

      »Nur diese Nacht, dafür erwarte ich ein ausgiebiges Abendessen, vier saubere, nebeneinander liegende Unterkünfte, jeweils mit zwei stabilen Betten und einer Gelegenheit zum Waschen. Und wenn die Sonne aufgeht, ein reichhaltiges Frühstück. Ach, und besorgt meinem Egniaygir ein junges Fohlen.« Ich legte klimpernd einen Beutel mit Gold in seine Hände. »Und wenn es sich einrichten lässt, dann wascht doch bitte die beiden Bediensteten und holt noch zwei Frauen eures Volkes hinzu, die sich meiner Begleiter annehmen. Bis zum Morgen.« Ein weiterer Beutel folgte und ich hatte das Gefühl, seine gelben Augen verwandelten sich in funkelnde Goldmünzen.

      »Alles wird wie gewünscht veranlasst«, eifrig sah er sich um, scheuchte dann einige Landsleute von einem länglichen Tisch fort, wartete, bis wir Platz gefunden hatten und eilte alsbald mit den beiden Bediensteten hinaus.

      Kurz darauf traten Hacasin und das Paar herein. Zwei handliche Orkfrauen servierten uns mehrere Platten mit Wildbret, Brot und Käse, bedienten die Zwillinge persönlich und durften sie auch füttern. Sith’e’thak erzählte seinem Kameraden bereits von den beiden Frauen, die sich um sie sorgen sollten. Als eine gute Stunde und zahlreiche Getränke später die nächste Runde aufgetischt wurde, staunte ich nicht schlecht. Gekämmt, gewaschen und neu gekleidet lächelten zwei bäuerliche, junge Frauen in die Runde. Ihre Wangen schimmerten sanft rosa, die dunklen Haare trugen sie offen und ihre Kleider hatten tiefe Ausschnitte, unter denen sich straffe Brüste spannten. Den Männern fielen beinahe die Augen aus und sie wurden sehr ausgelassen, besonders, als sich die wohligen Rundungen auf ihren Schoss setzten.

      Um das neu gefundene Pärchen musste ich mir keine Gedanken machen und gab der hellhäutigen Frau einen Schlüssel. Zwei weitere gingen an die Zwillinge und den beiden menschlichen Begleitern.

      »Vergnügt euch«, grinste ich die Versammelten an, »und wir sehen uns alle hier zum Frühstück wieder. Ein Prost auf den kommenden Abend!« Wir stießen an und leerten schnell die Krüge.

      Mit Torvac machte ich den Anfang und ging auf das Zimmer. Es war frisch gefegt, wenngleich sich in den Ecken der Staub gesammelt hatte. Die Einrichtung war schlicht, eine große Schüssel mit Wasser und nahezu saubere Tücher befanden sich auf einem wackeligen Tisch. Die beiden Betten überlebten meine stürmische Nacht mit Torvac nicht.

      Während ich mich befriedigt und glücklich an sein nach Moschus duftendes Fell kuschelte frage ich mich, wie es meinen Begleitern ergangen war.

      Doch ich war zu müde, um in der Nacht mit den Kräften meines dämonischen Blutes noch den Blick zu versetzen.

      2. Kapitel

      Am Morgen lagen noch einige Alkoholleichen im Schankraum. Die Zwillinge saßen bereits am Tisch und kauten auf geröstetem Speck. Der würzige Geruch vertrieb alle anderen Düfte und machte mich hungrig. Ich lehnte meine Reisetasche an ein Tischbein, drehte einen Stuhl und setzte mich – mit den Armen auf der Rückenlehne abgelegt – und lauschte den übermütigen Erzählungen der beiden Orks, während ich an einem frischen Brot knabberte.

      Verschlafen wankte Chalice die Treppe hinab. Sie gähnte, stütze sich an einen Balken, bevor sie sich seufzend und sehr behutsam auf einen Stuhl niederließ. Ihr wollenes Hemd war nicht zugeknöpft, mein Blick fiel auf ihre flachen Brüste.

      Polternd kamen die drei Männer herunter. Hacasin hielt seinen Kopf fest, als fürchtete er, ihn zu verlieren. Sha’Red sah grimmig zur stillen Frau herüber, dann nahm er einen Stuhl so weit wie möglich weg von ihr. Die Nacht verlief offensichtlich nicht für alle befriedigend.

      Als sich Sith’e’thak grinsend genau der Albino gegenüber setzte, knöpfte sie demonstrativ ihr Hemd zu. Mir war egal, was meine Begleiter füreinander empfanden, so lange sie mir treu ergeben waren.

      »In einer halben Stunde sind alle abmarschbereit«, verkündete ich, nachdem mein Magen genug verzehrt hatte, »wir treffen uns vor dem Gasthaus. Ich werde noch eine Runde drehen. Grai, nimm meine Reisetasche mit, wenn ihr hier fertig seid.« Mein auffordernder Blick gebot Torvac, mit mir auszutreten.

      Auch am Morgen schwebte feiner Staub durch die Gassen und mischte sich mit dem Geruch von Fäkalien und allem, was in der Nacht sonst noch verdaut oder ausgebrochen wurde. Die Bergluft war kühl, die Sonne wanderte über die Gipfel und warf lange Schatten. Zwischen den Baracken und einfachen Gebäuden tummelten sich zahlreiche Bewohner. Händler bauten ihre Stände ab, Frauen tätigten ihre Einkäufe und Jäger reinigten ihre Waffen. Die nachtaktiven Orks nutzten das schwindende Dämmerlicht, bevor es ihnen in den Gassen zu hell wurde.

      Schaulustig widmete ich mich einigen Händlern. Ihre Waren hatten für mich keinen Wert, die eifrig vorgebrachten Angebote ignorierte ich. Sie sahen an meinem Schmuck den gesellschaftlichen Status, den ich innehatte. Bald wetteiferten mehrere Geschäftsleute um meine Gunst. Als sie abrupt verstummten bemerkte ich, wie weit wir uns bereits vom Gasthaus entfernt hatten.

      Vor uns versperrten mehrere mit Knüppeln und rostigen Kurzschwertern bewaffnete Orks die schattige Gasse. Torvac knurrte bedrohlich und schwang seine Axt. Allzu weit konnte er nicht ausholen, dafür standen die Gebäude zu dicht. Am nahenden Konflikt Unbeteiligte drängten an uns vorbei. Diese Gelegenheit nutzte ein Angreifer, unbemerkt in meinen Rücken zu gelangen. Die Bewegung nahm ich nicht mehr rechtzeitig war, dafür spürte ich schmerzhaft die spitze Klinge, die sich bis zum Heft in meinen Rücken bohrte.

      In einer fließenden Bewegung drehte ich mich herum und trat einen Schritt zurück, um weiteren Stichen zu entgehen.

      Hohnlachend hielt mir der Schurke die blutige Klinge vor

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