Leidenschaft. Andreas Nass

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Leidenschaft - Andreas Nass

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Stuhl«, grunzte der König lautstark, »und Wein, der so rot leuchtet wie ihre Lippen. Schnell!«

      ›Wenn alle meine Zauber so gut wirkten‹, gingen mir die Gedanken durch den Kopf, ›dann war der weitere Verlauf meiner Audienz ein Kinderspiel.‹ Schweigend wartete ich auf die Sitzgelegenheit und ermöglichte so dem Herrscher, meine verlockende Weiblichkeit zu bewundern.

      Mehrere Diener mühten sich ab, dem Befehl des Königs nachzukommen. Galant nahm ich dann auf dem mit Kissen gepolsterten Sessel Platz. Auf einem niedrigen Tisch wurde das Tablett mit Weinkaraffe und einem Glas abgestellt. Mir wurde eingeschüttet, ich kostete den roten Saft und leckte sündig meine Lippen ab. Überraschend guter Wein rann erfrischend über meine Zunge.

      »Wie kann ich dem Scharlachroten Tempel behilflich sein, Prinzessin?«, offerierte mein Gastgeber.

      »Vrath’par gilt im Tempel als die stolzeste aller Städte im Orkgebirge«, lobpreiste ich. »Nirgendwo sonst finden sich glorreichere Krieger und mutigere Streiter. Und genau diese brauche ich für einen Besuch Eurer heiligsten Stätte, dem Feurigen Auge.«

      »Jedes Eurer Worte ist wahr gesprochen. Niemand wagt es, einen Kultruk herauszufordern«, brüstete sich Zuboko. »Leider befinden sich viele meiner besten Krieger im Kampf gegen die Reiche des Westens. Mich wundert es, dass so wenige Männer Euren Weg begleiten.«

      »Auch der Tempel litt unter dem Krieg, und hätte ich noch so viele Soldaten mitgebracht, kaum einer von ihnen kennt das Gebirge. Zudem hättet Ihr denken können, ich plante einen Angriff. Nichts liegt mir ferner, als die guten Verbindungen unserer Reiche zu gefährden. Doch ist meine Reise zum Feurigen Auge von großer Bedeutung. Und eine Eskorte aus Eurem Stamm wird zu meinem Erfolg beitragen.«

      »Eine Eskorte, sagt Ihr?« Der König rieb grübelnd sein Kinn. »Bis zum Feurigen Auge sind es drei Nachtmärsche, dabei werden wir das Gebiet der Bergwölfe durchqueren. Wir dürfen auch nicht den Berg betreten, ohne den Herrscher des Gebirges um Erlaubnis zu bitten.«

      »Davon bin ich ausgegangen«, lächelte ich, »Ihr eilt meinen Gedanken voraus. Vrath’par liegt wahrlich in den Händen eines würdigen Anführers.«

      Unter meinem Lob streckte sich Zuboko. Es gefiel ihm, von einer schönen Frau umschmeichelt zu werden. »Scrag wird Euch begleiten, nur er darf den Herrscher wecken.«

      Nur kurz nahm der angesprochene Ork den abgetrennten Finger aus seinem Mund und deutete eine Verneigung an. Dann kaute er weiter.

      »Mein Neffe Guzud wird die Eskorte anführen. Auf seine scharfen Augen ist Verlass. Er kennt jeden Stein im Gebirge. Bis zum nächsten Abend wird er genug Männer mobilisiert haben. Nutzt den Tag zur Ruhe, Prinzessin, und seid heute Nacht mein Gast.« Den Überschwang in seiner Stimme hatte ich befürchtet. Eine Nebenwirkung meiner Kraft war, dass die Betroffenen glaubten, mein bester Freund zu sein. Da lag es nahe, auch das Bett mit mir zu teilen.

      Diesem Wunsch wollte ich aber nicht entsprechen. Weder war ich auf die Stadt erpicht, noch wollte ich Torvac das Vergnügen gönnen, den breiten Schädel des Königs zu spalten.

      »So sehr ich Eure Einladung schätze, ist mir viel daran gelegen, noch heute Abend aufzubrechen. Wenn meine Reise von Erfolg gekrönt ist wird es sicherlich Besuche zwischen unseren Häusern geben, die allein der vertrauensvollen Zusammenarbeit dienen.« Mein Augenaufschlag hätte selbst einen Frostriesen zum Schmelzen gebracht. »Ich bitte um Euer Verständnis in dieser Angelegenheit.«

      Seufzend nickte der König. »Euren Wünschen kann ich einfach nicht widersprechen. Guzud wird so viele um sich scharen, wie er bis zum Abend auftreiben kann.«

      Danach folgte noch höfisches Geplauder. Uns wurden einfache Quartiere zugewiesen, die wohl dem Besten entsprachen, was in dieser Stadt geboten werden konnte. Die Reittiere bekamen im Marstall reichlich zu fressen. Über Tag ruhte die Stadt, denn Orks scheuten das helle Sonnenlicht.

      Bis zum Abend hatte sich die Eskorte eingefunden. Guzud stand neben einem großen Macan und verneigte sich vor mir. Der Anführer hatte ungewöhnlich große Hände und Füße und wirkte leicht untersetzt. In seinen grün gesprenkelten Augen funkelte mehr Verstand, als ich auf den ersten Blick vermutete. Sein Reittier, das einem übergroßen Wolf mit schwarzem Fell und listigen, dunkelroten Augen glich, knurrte. Die hochgezogenen Lefzen entblößten rasiermesserscharfe Fangzähne.

      Freudig präsentierte mir Guzud siebzig Orks und dreizehn Halboger. Alle führten Speere und Kurzschwerter, Buckler dienten ihnen als Schilde. Auf den mit Ringen verstärkten Lederrüstungen prangte ein Reptilienschädel, das Zeichen des Stammes Kultruk. Stämmige Ponys standen gesattelt als Reittiere bereit.

      Scrag, als Vertreter der Augen des Buu-naa, verzichtete auf ein Reittier. In Geschwindigkeit und Ausdauer hielt er – genauso wie Torvac – mit den Tieren zu Fuß mit. Die Macht seines Gottes war mit ihm.

      Zwei Nächte lang zogen wir durch das Gebirge. Immer näher kamen wir dem Feuer speienden Vulkan, dessen Ausbrüche über die Berge donnerten.

      Am Morgen des dritten Tages, als wir unter der aufgehenden Sonne in eine Senke ritten, um dort das Lager zu errichten, eilte die Vorhut auf uns zu. Direkt hinter ihnen erschienen Dutzende von großen Macanen, auf denen Orks mit dem Zeichen des gehörnten Wolfes auf ihrer Brust ritten.

      Eiligst organisierte Guzud einen Gegenangriff, doch nicht alle hörten noch auf ihn. Torvac und das Auge des Buu-naa liefen brüllend auf die sich schnell nähernden Angreifer zu, die ich nun auf zehn bis zwölf Dutzend Reiter schätzte.

      Von dem Kampfschrei des Minotauren schreckte sogar der heranstürmende Macanreiter zurück. Ängstlich kläffend drehte das Tier um und hastete so schnell es konnte davon.

      Scrag rotierte brüllend mit seiner imposanten Axt. Durch die Klingen an beiden Enden formte er so einen vernichtenden Wirbel. Er ignorierte ihn treffende Speere, schlug reihenweise Hände, Arme, Beine und Köpfe ab.

      Das Zwillingspaar hatte abgesessen und mit ihren Langbögen hinter Findlingen Stellung bezogen. Gezielt mähten sie die Anstürmenden mit einem Pfeilhagel nieder. Ihre Köcher lieferten unentwegt neue Pfeile, was nur durch starke Verzauberung erklärbar war.

      Für ihre Feinde unsichtbar verschmolz die Albino förmlich mit den Felsen. Ihre Wurfdolche schleuderte sie mit tödlicher Präzision in die Rücken vorbei eilender Orks. Nach jedem Treffer wechselte sie unerkannt die Position und wartete auf eine neue Gelegenheit.

      Die restlichen Reiter, darunter auch die drei Männer des Tempels, lieferten sich ein offenes Gefecht mit den Macanreitern. Im Galopp trafen die beiden Seiten aufeinander. Speerspitzen durchbohrten Rüstungen und Brustkörbe, zerbarsten unter der Wucht des Aufpralls, flogen mehr oder weniger zielgerichtet durch die Luft. So chaotisch wie das Schlachtfeld war auch der Kampfeslärm. Waffenklirren, Wutschnauben, Todesschreie, splitternde Knochen. Blut rauschte in meinen Ohren, dämonische Mordlust ergriff Besitz von mir.

      Von meiner rückwärtigen Position aus sah ich vier Macanreiter auf einer Anhöhe stehen. Sie hatten ebenso wenig ins Kampfgeschehen eingegriffen wie Guzud und ich. Gargarhaykal bleckte bereits seine Zähne. Er reagierte sofort auf meinen Schenkeldruck, preschte schräg nach vorne in die Luft und wechselte mit mir in den Ätherraum. Im schnellen Galopp zogen die Schemen des Kampfes an uns vorbei, dann hatten wir die Anhöhe erreicht. In einer scharfen Kehre wendete ich mein Ross, wechselte auf die Materielle Ebene und begrüßte die gegnerischen Anführer mit einem psionischen Gedankensturm, der Orks und Macane ins Taumeln brachte.

      Um den Hals des am nächsten befindlichen Orks baumelte das Glaubenszeichen des Buu-naa. Ich überließ den Kleriker

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