49 Anregungen zum Reflektieren. Georg Ferdinand Weidner
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Freiheit wird vor allem dadurch garantiert, dass es Regeln gibt. Was sich zunächst als Widerspruch darzustellen vermag, ist jedoch eine simple Feststellung: Entweder gibt es die Freiheit von etwas, oder die Freiheit für etwas (vgl. „Die Masse der Freiheit“ #51EZN). Hegelianisch gesprochen (wie auch in „Die Masse der Freiheit“ #51EZN dargelegt): Freiheit allein kann nicht existieren, erst in der Reflektion ihrer absoluten Andersartigkeit, des Zwanges, kann Freiheit auftreten. Auch ohne Hegel zu bemühen, kommt man durch Verstandesbetätigungen darauf, dass Freiheit für sich allein nicht gedacht werden kann. Freiheit ist nicht nur Wahlmöglichkeit. Freiheit bedeutet in der Wahlfreiheit nochmal frei zu sein.
Freiheit bedarf also Regeln. Es klingt kontraintuitiv: Wenn ich mich an Regeln halte, dann bin ich frei. Ein gutes Beispiel ist die Wahlfreiheit oder Kunstfreiheit – diese bestehen aus Regeln. Die Freiheit in der Freiheit wäre (vgl. „Die Masse der Freiheit“ #51EZN), ergriffe ich die Freiheit in der Wahlfreiheit, mich an gar keine Regeln zu halten, führte das in den Abgrund der Freiheit.
Wenn ich mich an gar keine Regeln halte, dann bin ich auch frei von meinem Gewissen. Das führt in eine subjektive Sackgasse. Denn Regeln oder auch das Gewissen haben einen sozialen Charakter, jeder ist mit ihnen und/oder ihm verbunden.
Wenn ich jedoch die Freiheit in der Freiheit wähle, versacke ich in meinem Selbst und es herrscht Willkür.
5. Autorität bedeutet Erziehung
Ob man es will, oder nicht, gerade auch als Kind, Autorität bedeutet Erziehung. Die Eltern sind die erste sichtbare Autorität für ihre Kinder. Bei Ihnen also liegt der Erziehungsauftrag. Eine Stufe weiter gedacht: in der Schule verkörpern die Lehrer die Autorität, ihnen obliegt die Erziehung. Autorität bedeutet also nicht nur Macht, wie zum Beispiel die Gestaltung einer Schulstunde, sondern auch die Erziehung, wie man beispielsweise in Gruppenarbeiten miteinander spricht, wie man im Unterricht auftritt. Es geht weiter im Beruf, wo der oder die Vorgesetzte die Autorität verkörpert. Auch hier ist es nicht nur die Autorität, die sagt, was wann gemacht werden muss, sondern auch wie.
Das ist besonders deswegen so interessant, weil es in der Gesellschaft, in Familien oder an Arbeitsplätzen immer wieder zu Unmutsäußerungen über die vorzufindenden Autoritäten kommt. Solange es dabei um das „ob“ und nicht um das „wie“ geht, ist die Kritik oder der Anstoß daran rein zerstörerisch, und nicht produktiv im Sinne einer Qualitätssteigerung.
Der Mensch durchläuft in jeder Altersphase unterschiedliche Autoritätssysteme. Es wäre zu hoffen, dass dieser „Macht-Raum“ qualitativ und produktiv genutzt wird.
6. Mülleimer
Nicht aus dem Haushalt, sondern aus dem Freundes-, Bekannten- oder Familienkreises sind Ihnen Mülleimer bekannt. All ihre Sorgen und Probleme werden bei Ihnen abgeladen. Sie selbst kommen gar nicht zu Wort, so dass nach dem Gespräch sich ein Gefühl der Schwere und Energielosigkeit entsteht, welches eigentlich ein neues Gespräch, aber mit einem Energiegeladenen, bedürfte. Gemeint sind hier explizit keine Therapiegespräche. Für so was wären sich die „negativen Mülleimer“ auch zu schade.
Gleiches gilt jedoch auch für positive Mülleimer. Auf sie getroffen und in ein Gespräch gegangen, erzählen sie von ihrem märchenhaften, sorgenfreien und strahlenden Leben, dass sich ein Schatten auf die Seele des Zuhörenden legt. Alles sei perfekt und schön, wird suggeriert, und der Zuhörende muss mit in den Kanon einstimmen, damit das Gespräch nicht abbricht. Leute, bei denen alles immer wahnsinnig gut läuft, und das in jedem Gespräch ausführlich darlegen, nenne ich deswegen „positive Mülleimer“. Jene sind auch in den sozialen Medien zu finden. Durch den Darstellungsdruck muss fast immer die Kamera oder das Handy laufen, und dort hat man positiv zu sein, weil, so die Annahme, niemand jemand schlechtgelaunten in seinem News-Feed haben will.
Wie schon in #51EZN in den Vorüberlegungen (Anm.: 0.1 und 0.2) vorgeschlagen, lohnt es sich zu überprüfen, ob ich derartige Mülleimer in meinem Umfeld habe. Zur Prüfung dessen eignet sich das Gewissen, wo mit einbezogen wird, ob ich als Zuhörer eventuell mal schlecht drauf war, und ich deswegen die Berichte des Bekannten oder der Bekannten als ausschließlich negativ respektive positiv erachtet habe. Wenn Sie bei sorgfältiger Prüfung zur Diagnose „positiver“ beziehungsweise „negativer Mülleimer“ kommen, brechen Sie den Kontakt ab.
7. Digitalisierungs-Drang
Was die Digitalisierung anbelangt, liegt Deutschland auf den hinteren Plätzen. Unmut macht sich in den Medien hierzulande breit, ob es an der Tatsache oder an der Eitelkeit darüber liegt, vermag ich nicht zu beurteilen.
Die Digitalisierung macht auch Angst. In Zukunft, wenn die KI (Künstliche Intelligenz) etabliert sei, würden viele Arbeitsplätze, die Menschen bekleiden, wegfallen. Die Sozialen Medien würden dazu führen, dass man eine Fake-Identität aufbaue, und somit die Diskrepanz zwischen digitalen Ich und tatsächlichem Ich immer größer würde (zu vermeiden ist es, durch die Einbeziehung des Gewissen [vgl. „Warum Nationalitäten nichts für Dumme sind“ #51EZN]). Und schließlich würden Kinder, Heranwachsende und junge Erwachsene die Digitalisierung dafür nutzen, Spiele im Internet mit Anderen zu spielen, so dass beinahe schon suchthaftes Verhalten auftrete.
Meiner Meinung nach sind diese Ängste oder diese Beobachtungen voll nachvollziehbar. Das Wegfallen von Arbeitsplätzen könnte dadurch gelöst werden, dass bestimmte Arbeitsbereiche von der Digitalisierung in ihrer Extremheit ausgeschlossen werden: z.B. in der Altenpflege. Dort sollten keine Roboter sich um die zu Pflegenden kümmern, sondern Menschen (vgl. „Mentale Sodomie versus Philantropie“, #51EZN). Trotzdem könnte man eine softe Digitalisierung vornehmen, indem beispielsweise Krankenakten digitalisiert werden, und Pflegerinnen und Pfleger über eine App darauf zugreifen können, damit alle zu jeder Zeit auf dem gleichen Stand sind.
Das Problem der Fake-Identität wäre zu lösen, in dem man das eigene Gewissen einbezieht (vgl. Kapitel 1 „Quintessenz aus 51 Ein-Ladungen zum Nach-Denken“ und „Zwang zur aktiven Reflexion“ #51EZN). Im Grunde spielt es nämlich keine Rolle, ob ich jetzt entweder digital oder im Familien-, Freundes- oder Mitarbeiterkreises eine Fake-Identität habe.
Dem totalitären Digitalisierungs-Drang oder -Wunsch muss also Einhalt geboten werden. Aber nicht in einer rein negativen Perspektive wie „das ist alles Hexenwerk“. Man muss auf die positiven Dinge, die Digitalisierung ermöglichen kann, blicken und sie zum Standard machen.
In den Sozialen Medien kann man Freundschaften aufrecht erhalten. Google bietet einem die Möglichkeit, von überall her ein Lexikon (Kochbuch etc.) aufzurufen. Es gibt zahlreiche Apps, mit denen man digital Sprachen, Handwerkliches oder Kochen lernen kann.
Es ist also Aufgabe aller, vor allem der Verantwortungsträger, die Digitalisierung klug zu nutzen und zur Verfügung zu stellen, frei nach dem Motto: das Gute ins Töpfchen, das Schlechte ins Kröpfchen.
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