TSUMO - weinen ohne Tränen. Dantse Dantse

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TSUMO - weinen ohne Tränen - Dantse Dantse

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sonst hätte er doch sofort widersprochen. Es war mir nun aber sowieso egal. Er musste damit leben. Er war derjenige, der im Liebesrausch mit seiner Emma vorgeschlagen hatte, dass ich mal ausreisen sollte. Er meinte, er habe es damals nur zum Spaß gesagt. Er hatte aber nicht mit dem Gesetz der Natur gerechnet: gesprochene Worte haben eine eigene Energie, und was man sich wünscht, kann genau so passieren. Und in meinem Fall war es passiert, ohne dass ich explizit danach gesucht hatte, und ich war richtig glücklich darüber.

      Nach den 6 Monaten Vorbereitungszeit in Frankreich und zwei Wochen Urlaub in Deutschland war die Zeit gekommen „auf Wiedersehen, Deutschland“ zu sagen.

      Abflugtag nach Kamerun Frankfurt Airport, Terminal 2: Flug nach Paris

Grafik 4 Grafik 50

      An meinem Abflugtag versammelten sich meine Freunde, meine ganze Familie und selbstverständlich Heiko am Frankfurter Flughafen, um sich von mir zu verabschieden.

      Ich war so aufgeregt. Ich hatte seit Tagen nicht wirklich geschlafen, nicht mehr richtig gegessen, denn je näher der Abflug kam, desto mehr Fragen schwirrten in meinem Kopf, auf die ich keine Antworten hatte. Das machte mich ein bisschen unsicher. Dieses Gefühl wurde durch die ängstlichen Fragen und Feststellungen von Verwandten und Freunden noch verstärkt, die zwar noch nie in Afrika gewesen waren, aber dennoch über alles Bescheid wussten, was dort Schlimmes passieren konnte. Von Ebola über Malaria, Krieg bis Aids. Alles war dabei. Afrika, wie wir es uns halt vorstellen.

      Ich fragte mich immer stärker, was dort in diesem fremden Land auf mich wartete. Ich hatte alles über Kamerun und Afrika gelesen und wusste nicht, ob ich dort wirklich durchhalten konnte. Aber ich war entschlossen diese Erfahrung zu machen. Es fühlte sich einfach gleichzeitig so schön erregend für mich an. Es war so, als ob eine unsichtbare Macht mich dorthin führte. Ich spürte, dass mein Leben in Afrika eine andere Richtung nehmen würde. Etwas Neues würde ich an mir entdecken, aber ich wusste damals nicht, was das sein würde.

      Am Flughafen kamen Erinnerungen in mir auf an die Gespräche mit Heiko, die wir in den letzten Monaten geführt hatten, als es feststand, dass ich fliegen würde. In dieser Zeit waren wir uns erstaunlicherweise viel näher gekommen als in den Monaten vorher. Er unterstützte meine Entscheidung nun, auch wenn das alles für ihn nicht einfach war. Ich wusste, dass er mir von ganzem Herzen Erfolg wünschte, aber er hatte ein Problem, und dieses machte ihm sehr zu schaffen. Seine größte Angst war nicht, dass ich fremdgehen könnte, das würde er sogar verstehen, meinte er, sein Alptraum war, dass ich mit einem Afrikaner schlafen könnte. Er hatte sich so sehr mit den Klischees über schwarze Männer und die schwarze Potenz beschäftigt. Er meinte, überall in den Sexfilmen und in den Büchern über Afrikaner sei immer die Rede von den supertoll bestückten Afrikanern, die ausdauern und wild seien. Und am meisten Angst machte ihm der Slogan „once black never turn back“. Das heißt, wenn eine weiße Frau einmal mit einem Schwarzen geschlafen hat, dann hat sie keine Lust mehr mit einem weißen Mann zu schlafen. Das war seine Angst.

      Ich hatte immer versucht ihn zu beruhigen und betont, dass er der Einzige war, der mich interessierte und den ich auch liebte, und dass ich nicht auf Männerjagd nach Afrika ginge, sondern wegen eines Jobs. Ich hatte ihm auch versichert, dass ich ihn in den 4 Jahren, die wir zusammen waren, noch nie betrogen hatte, nicht einmal in Gedanken, und das stimmte auch.

      Aber ich hatte dennoch gespürt: je mehr Heiko über das Thema Sex mit Schwarzen geredet hatte, desto mehr hatte mich die Idee interessiert. Als ich mich dann intensiver mit diesen Klischees beschäftigte und heimlich schwarze Männerkörper anschaute, um zu wissen, ob das, was Heiko erzählte, auch so war, hatte ich irgendwie gespürt, wie ich mich angezogen fühlte. Es war komisch, aber ich hatte dieses Gefühl dann erfolgreich unterdrückt und mich auf andere Dinge konzentriert.

      An diesem Tag am Frankfurter Flughafen kam dieses Gefühl wieder hoch, als ich paar schwarze Männer sah, die, vermutete ich, auch nach Afrika fliegen wollten, denn sie standen in der gleichen Schlange beim Air France-Schalter wie ich.

      Heiko stand neben mir und ich spürte seine Anspannung. Er schien wirklich überfordert zu sein, als ein schwarzer Mann mich anlächelte und fragte, ob ich auch nach Afrika fliegen würde. Zwar fragte er nur so im Vorbeigehen, aber Heiko sah so fertig und traurig aus. Ich musste ihn ständig aufmuntern. Echt, an diesem Tag fand ich Heiko zum ersten Mal, seitdem wir uns kannten, kindlich. Anstatt dass er mich unterstützte und mir in dieser für mich nicht einfachen emotionalen Phase Kraft und Energie gab, war ich diejenige, die sich um ihn kümmern musste. Das gefiel mir nicht, denn ich verabschiedete mich deswegen auch nicht so richtig von allen anderen Leuten und hatte sogar dabei noch ein schlechtes Gewissen. Es wäre besser gewesen, er wäre gar nicht erst mit zum Flughafen gekommen.

      Deswegen war ich irgendwie froh, als wir den Aufruf „Alle Passagiere, gebucht auf Air France, Flug XYZ nach Paris, werden gebeten…“, hörten. Es war Zeit zu gehen.

      Ich verabschiedete mich weinend von allen Freunden, von meinen Eltern und Geschwistern, und Heiko lief dann allein mit mir bis zum Eingang der Zollkontrolle. Wir küssten uns und umarmten uns minutenlang, aber ich war selbst erstaunt, dass ich dabei nicht weinte. Ich hatte auch keine Lust mehr, das traurige Gesicht von Heiko zu sehen, und deswegen nahm ich gar nicht mehr war, ob er weinte oder nicht. Kurze Zeit später war ich durch die Kontrolle und mit einer Handbewegungen hinter dem Glas sagte ich ciao.

      Mein erstes Problem fing schon an der Zollkontrolle an. Es wurde alles durchsucht: Körper und Taschen wurden streng untersucht, um zu verhindern, dass man verbotene Dinge mitnahm. Ich hatte zwar kein Messer, keine Chemikalien oder irgendetwas in der Richtung, aber die Kontrolleure lehnten auch ab, dass ich meine Lieblings-Fleischpastete mitnahm. Ich verstand nicht, warum, aber lange Diskussionen brachten nichts. Alles wurde in die Mülltonne geworfen. Diese Tonne war voll mit den leckersten Lebensmitteln aller Art, die nach unserem Abflug einfach so entsorgt werden würden. Das regte mich total auf, dass man so wertvolle Nahrungsmittel verschwendete, denn der Zollbeamte sagte mir, es wären im Monat tonnenweise Lebensmittel, die verschrottet würden. Warum sie dann nicht einfach spenden? Ich fand es richtig pervers. Der Ärger ging aber schnell vorbei, als ich am Air France Gate ankam. Ich war sehr aufgeregt, aber nicht mehr so angespannt.

      Der Flug nach Paris war sehr angenehm und ging relativ schnell. Ich versuchte in diesen 70 Minuten Flugzeit meine Gedanken zu sortieren und zu ordnen. Alles lief in meinem Kopf ab wie ein Film. Ich sah meine Vergangenheit und mein Leben an mir vorbeiziehen. Nach und nach tauchte alles auf: meine Wohnung, meine Familie, Heiko, der Sex mit Heiko, meine Gefühle für ihn, Emma, was sie hatte, was ich nicht hatte. Was würden die beiden wohl anstellen, nun da ich weg war? Erstaunlicherweise war es mir in diesem Moment sowas von egal, dass ich ihnen wirklich wünschte ihre Affäre oder ihre Beziehung fortzuführen.

      Ich wurde aus meinen Träumen geweckt, als ich die Stimme des Kapitäns hörte, die eine baldige Landung auf dem Flughafen Paris Charles de Gaulle ankündigte.

      Im Airport Charles de Gaulles in Paris

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      Die Temperatur war an diesem Oktobertag mit 8° nicht besonders warm, aber für die Jahreszeit noch relativ mild. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich in wenigen Stunden in einem Land sein würde, wo die Temperatur vielleicht die 30° Marke übersteigen würde.

      Alle

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