Winnetou Band 1. Karl May
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Sportjacht für einen Mississippisteamer. Ein Greenhorn geniert sich, seine schmutzigen Stiefel auf die
Kniee seines Mitpassagiers zu legen und seine Suppe mit dem Schnaufen eines verendenden Büffels
hinabzuschlürfen. Ein Greenhorn schleppt der Reinlichkeit wegen einen Waschschwamm von der Größe
eines Riesenkürbis und zehn Pfund Seife mit in die Prairie und steckt sich dazu einen Kompaß bei,
welcher schon am dritten oder vierten Tag nach allen möglichen andern Richtungen, aber nie mehr nach
Norden zeigt. Ein Greenhorn notiert sich achthundert Indianerausdrücke, und wenn er dem ersten Roten
begegnet, so bemerkt er, daß er diese Notizen im letzten Couvert nach Hause geschickt und dafür den
Brief aufgehoben hat. Ein Greenhorn kauft Schießpulver, und wenn er den ersten Schuß tun will, erkennt
er, daß man ihm gemahlene Holzkohle gegeben hat. Ein Greenhorn hat zehn Jahre lang Astronomie
studiert, kann aber ebenso lang den gestirnten Himmel angucken, ohne zu wissen, wie viel Uhr es ist. Ein
Greenhorn steckt das Bowiemesser so in den Gürtel, daß er, wenn er sich bückt, sich die Klinge in den
Schenkel sticht. Ein Greenhorn macht im wilden Westen ein so starkes Lagerfeuer, daß es baumhoch
emporlodert, und wundert sich dann, wenn er von den Indianern entdeckt und erschossen worden ist,
darüber, daß sie ihn haben finden können. Ein Greenhorn ist eben ein Greenhorn und ein solches
Greenhorn war damals auch ich.
Aber man denke ja nicht etwa, daß ich die Überzeugung oder auch nur die Ahnung gehabt hätte, daß
diese kränkende Bezeichnung auf mich passe! O nein, denn es ist ja eben die hervorragendste
Eigentümlichkeit jedes Greenhorns, eher alle andern Menschen, aber nur nicht sich selbst für "grün" zu
halten.
Ich glaubte ganz im Gegenteile, ein außerordentlich kluger und erfahrener Mensch zu sein; hatte ich doch,
so was man zu sagen pflegt, studiert und nie vor einem Examen Angst gehabt! Daß dann das Leben die
eigentliche und richtige Hochschule ist, deren Schüler täglich und stündlich geprüft werden und vor der
Vorsehung zu bestehen haben, daran wollte mein jugendlicher Sinn damals nicht denken. Unerquickliche
Verhältnisse in der Heimat und ein, ich möchte sagen, angeborener Tatendrang hatten mich über den
Ozean nach den Vereinigten Staaten getrieben, wo die Bedingungen für das Fortkommen eines
strebsamen jungen Menschen damals weit bessere und günstigere waren als heutzutage. Ich hätte in den
Oststaaten recht wohl ein gutes Unterkommen gefunden, aber es trieb mich nach dem Westen. Bald auf
diese und bald auf jene Weise für kurze Zeit tätig, verdiente ich mir so viel, daß ich, äußerlich wohl
ausgerüstet und innerlich von frohem Mute erfüllt, in St. Louis ankam. Dort führte mich das Glück in eine
deutsche Familie, in welcher ich einen einstweiligen Unterschlupf als Hauslehrer fand. In dieser Familie
verkehrte Mr. Henry, ein Original und Büchsenmacher, welcher sein Handwerk mit der Hingebung eines
Künstlers betrieb und sich mit altväterischem Stolze Mr. Henry, the Gunsmith nannte.
Dieser Mann war ein außerordentlicher Menschenfreund, obgleich er das Gegenteil zu sein schien, da er
außer der erwähnten Familie mit keinem Menschen verkehrte und selbst seine Kunden so kurz und
schroff behandelte, daß sie nur der Güte seiner Ware wegen zu ihm kamen. Er hatte seine Frau und
Kinder durch ein grausiges Ereignis verloren, über welches er nie sprach, doch vermutete ich infolge
einiger seiner Äußerungen, daß sie bei einem Überfalle ermordet worden waren. Das hatte ihn äußerlich
rauh gemacht; er wußte es vielleicht gar nicht, daß er eigentlich ein perfekter Grobian war; der Kern aber
war mild und gut, und ich habe oft sein Auge feucht gesehen, wenn ich von der Heimat und den Meinen
erzählte, an denen ich mit ganzem Herzen hing und auch heut noch hänge.
Warum er, der alte Mann, grad für mich, den jungen, fremden Menschen, eine solche Vorliebe zeigte, das
wußte ich nicht, bis er es mir einmal sagte. Seit ich da war, kam er öfters als vorher, hörte dem
Unterrichte zu, nahm mich, wenn dieser beendet war, für sich in Beschlag und lud mich schließlich sogar
ein, ihn zu besuchen. Ein solcher Vorzug war noch keinem Andern zu teil geworden, und ich hütete mich
daher, die mir gewordene Erlaubnis auszubeuten. Diese Zurückhaltung schien ihm aber keineswegs lieb
zu sein; ich erinnere mich noch heut des zornigen Gesichtes, welches er mir eines Abends, als ich zu ihm
kam, zeigte, und des Tones, in welchem er mich empfing, ohne auf mein "good evening" zu antworten:
»Wo habt Ihr denn gestern gesteckt, Sir?«
»Zu Hause.«
»Und vorgestern?«
»Auch zu Hause.«
»Macht mir doch nichts weis!«
»Es ist wahr, Mr. Henry.«
»Pshaw! Solche grüne Vögel, wie Ihr einer seid, bleiben nicht im Neste hocken; die stecken die Schnäbel
überall hin, nur da nicht, wo sie hingehören!«
»Und wo gehöre ich hin, wenn es Euch beliebt, es mir zu sagen?«
»Hierher zu mir, verstanden! Habe Euch schon lange einmal nach etwas fragen wollen.«
»Warum habt Ihr es nicht getan?«
»Weil ich nicht wollte. Hört Ihr es?«
»Und wann wollt Ihr denn?«
»Heute vielleicht.«
»So fragt getrost nur zu,« forderte ich ihn auf, indem ich mich hoch auf die Schraubenbank setzte, an
welcher er arbeitete.
Er sah mir ganz verwundert in das Gesicht, schüttelte mißbilligend den Kopf und rief aus: