Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion. Thomas GAST

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Die Fallschirmjäger der Fremdenlegion - Thomas GAST

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reagierte. Zu dieser Zeit gab es in der französischen Armee fast nur Wehrpflichtige. Diese gegen die kriegserfahrenen und von den Libyern unterstützen Guerilla-Toubous in den Krieg zu schicken wäre das sinnloseste Unterfangen gewesen, das man sich hätte vorstellen können. Sobald die ersten Zinksärge mit jungen französischen Wehrpflichtigen darin die Metropole erreicht hätten, hätte die „Opinion Publique“ lautstark Skandal geschrien. Das Waffenarsenal, das die Toubou Rebellen ins Gefecht führen konnten, war eindrucksvoll. Brandneue AK-47, die verbesserte Version der Panzerfaust RPG-2 (RPG-7), robuste 81-mm-Mörser, rückstoßfreie Kanonen vom Kaliber 106mm und 14,5-mm-MGs, wissend aufgebaut auf den Lafetten der schnellen Toyotas. Nicht zu vergessen die von den Franzosen gefürchteten SAM-7-Raketen. Sogar die ersten Thomson-Brandt 120-mm-Mörser traten beim Feind in Erscheinung. Profis mussten es also richten, auch wenn diese im Vergleich mit den Toubous unterbewaffnet waren. Ihre Professionalität sah man ihnen schon von weitem an der Farbe ihrer Barette an. Blau und Grün, wie Marineinfanterie und Fremdenlegion. Die Legion schickte ihre Panzersoldaten und das zweite Infanterieregiment. Ahnte man in den Stäben bereits, dass für die Fallschirmjäger der Legion der ganz große Coup noch unmittelbar bevorstand? Wurden sie deshalb geschont? Nun, das würde zumindest erklären, warum zunächst nur eine kleine Handvoll Legionäre des 2. REP an der Operation Tacaud teilnahm. Diese fünfundzwanzig Mann jedoch vertraten die Paras Legion, wie es sich gehörte, streng nach der Devise More Majorum, „wie unsere Vorgänger“. Sie hatten eine reine Ausbildungs- und Trainingsmission, sollten die lustlos und ineffizient gewordene Armee auf Vordermann bringen. Weg vom Buschkrieg, hin zur modernen Anti-Guerilla. Dass sie die Truppe im Kampf gegen die Rebellen anführen sollten, wenn es sich nicht anders vermeiden ließ, gehörte natürlich nicht explizit zu den Vertragsbedingungen. Es war aber, wenn man die Umstände berücksichtigte, nicht ganz und gar auszuschließen. Und genau so kam es dann auch mehrmals.

       Mongo, 19. Mai 1978

      Die Stadt im Schatten des Telfan schlief. Nur ein Mann wachte. Er machte sich Sorgen. Oberstleutnant Lhopitallier, der stellvertretende Regimentskommandeur des 2. REP und Chef des Détachement Tacaud-4, hatte zwei Probleme. Eines konnte und wollte er nicht ändern. Das ganze Regiment sollte an diesem Tag nur einen Katzensprung weiter entfernt, in Zaire, Geschichte schreiben. Man sprach darüber. Jeder Legionär wusste Bescheid, sogar hier in Mongo, mitten in der Wüste. Für Oberstleutnant Lhopitallier war es ein, sagen wir, „moralisches“ Problem, denn Kolwesi, das roch nach einem Großeinsatz nach Maß, während es hier in Mongo höchstens nach feuchtem Wüstensand und nach schrecklicher Langeweile müffelte. Das zweite Problem war ganz anderer Natur. Hier konnte und wollte er gerne Abhilfe schaffen und das tat er mit seiner ganzen Autorität. Ati, eine hundertfünfzig Kilometer nördlich von Mongo gelegene Stadt, ist in der vergangenen Nacht von den Rebellen angegriffen und eingenommen worden. Luftaufnahmen einer Jaguar-Patrouille bestätigten am frühen Morgen, was Lhopitallier längst befürchtete. Goukouni hatte schwere Geschütze auffahren lassen! Die Befehle aus N’Djamena waren an Klarheit nicht zu übertreffen. Das Fallschirmjäger-Element Tacaud-4 sollte Ati zurückerobern, und zwar auf schnellstem Wege. Fünfundzwanzig Mann gegen Goukounis ganze Armee? Unmöglich! Oberstleutnant Lhopitallier hatte in Mongo freie Hand. Er konnte verfügen. Und das tat er. Zu den Elementen, die er sofort auf dem Weg nach Ati beorderte, gehörten eine Kompanie Marineinfanterie des 3. RIMA, ein Zug der FAT (Forces Armées Tchadiennes – tschadische Armee) und natürlich seine Männer aus Calvi. Ein Détachement „Panzermänner“ des 1. REC sollte, von Moussoro aus kommend, zu ihnen stoßen. Ati lag jenseits des Wadi Batha, eines teils unterirdischen Flusses, der seine Wassermassen aus dem Wadai-Massiv heranführte und damit den Fitri See östlich von Ati speiste. Man musste kein Carl von Clausewitz sein, um zu wissen, was dieser tiefe, vor der Stadt liegende Fluss bedeutete. Und tatsächlich: Kaum stiegen die vorauseilenden Aufklärer in das halb ausgetrocknete Flussbett, schlug ihnen ein wütendes Abwehrfeuer entgegen. Der Hauptfeldwebel Allouche und der Obergefreite Leneveu, beide Soldaten des 3. RIMA, starben im Kugelhagel. Ati, das war nun sicher, befand sich fest in der Hand der Rebellen. Oberstleutnant Lhopitallier reagierte sofort und forderte Luftunterstützung an. In Mongo standen ein Allouette bewaffnet mit SS11- Luft-Boden-Raketen und ein Hubschrauber Puma mit einer 20-mm-Bordkanone bereit. In N’Djamena machte sich derweil eine Jaguar-Patrouille fertig. Ihrem Eingreifen verdankten die Bodentruppen, dass sie sich nahe am Feind in Stellung bringen konnten. Doch die Nacht fiel schnell herein. Noch war die Panzerkolonne des 1. REC aus Moussoro nicht eingetroffen, und so fühlten sich die Marineinfanteristen in der absoluten Dunkelheit nicht sicher. Schon jetzt gab es viele Ausfälle. Mehr als ein Dutzend von ihnen waren nicht mehr einsatzbereit, zu heiß brannte Afrikas Sonne vom Himmel. Viele hatten einen Hitzschlag erlitten. Spätestens jetzt bedauerte Lhopitallier, dass er nicht über eine Kompanie des 2. REP verfügen konnte. Mit nur hundert Legionären des 2. REP, so war er überzeugt, hätte er Ati noch in derselben Nacht freigekämpft. Er dachte an Kolwesi, fluchte wie ein Rohrspatz, wünschte sich, er wäre dabei. Um 5 Uhr früh, noch lange vor Sonnenaufgang, sprachen die Waffen. Dieses Mal waren es die schweren Kanonen der Panzerwagen des 1. REC. Gleichzeitig gingen die fünfundzwanzig Fallschirmjäger der Legion mit den Marineinfanteristen zum Angriff über. Vereint schlugen sie die Rebellen nach einem zweistündigen Feuergefecht in die Flucht. Es war eine schnelle und entschlossene Aktion, ein Wermutstropfen aber blieb. Ein Legionär des 1. REC fiel an diesem Morgen.

       Da draußen auf dem Schießplatz, da gab s ne Schweinerei.

       Der Legionär schoss zwölfer, der Leutnant schoss vorbei.

      Aus einem Lied der Legionäre des 1. REC

      Nachdem man die Verwundeten geborgen und die Toten gezählt hatte, war jedem klar, dass die Schlacht um Ati in die Geschichte des Landes eingehen würde. Die Rebellen hatten mehr als 80 Tote zu beklagen. Sieben ihrer Fahrzeuge waren zerstört, hunderte von Waffen fielen den Franzosen als Kriegsbeute in die Hände. Es war schon eine Ironie des Schicksals, dass es sich bei den beiden Transall, die das Détachement Tacaud-4 in Dakar aufnahm und nach Calvi zurückbrachte, genau um die Maschinen handelte, die am 19. Mai, also gerade eben erst, die Kompanien des 2. REP in der ersten Welle über Kolwesi abgeworfen hatten. Das 2. REP kehrte danach mehrmals in den Tschad zurück. So zum Beispiel im Jahr 1983, in dem das Regiment in seiner Totalität an der Operation Manta-Echo teilnahm, oder auch noch 1987 und 1991, um an der Operation Épervier teilzunehmen. Zwei Einsätze der Fallschirmjäger der Legion in Folge haben besonders von sich Reden gemacht, ja sie sorgten in der ganzen Welt für Aufregung. Die Schlacht um Kolwesi 1978 und der Einsatz im Libanon 1982.

      Der blaue Sack und der Capitaine

      Von der Operation Leopard hatte ich natürlich gehört. Nicht zuletzt von Capitaine Hessler, dem ich bereits im Jahr 1985 in Castelnaudary begegnete. Im Ausbildungsregiment am Canal du Midi war er damals mein Kompaniechef, da waren die wilden Zeiten für ihn schon längst vorbei. Er schwärmte aber immer noch von Afrika. Und von seinem heißesten Einsatz dort. Von Kolwesi! Hessler war 1978 Kompaniefeldwebel und Führer des Kompanietrupps der dritten Kompanie gewesen, und als solcher hatte er die Operation Leopard von A bis Z mitgemacht. Kriegserfahrung, die brachte er gleich mit. Auf seiner langen Liste der Einsätze standen sowohl der Algerienkrieg als auch der Einsatz im Tschad 1969. Er war ein unbelehrbarer Draufgänger, und auch deshalb sahen seine Legionäre zu ihm auf, als wäre er eine Art Gott. Er, der Capitaine, der aussah wie eine Bulldogge, war es, der mir zum ersten Mal ganz ausführlich vom unmöglichen Auftrag der „Mission Impossible“ im fernen Katanga erzählte. Die Konstellation hier ein junger Legionär, dort ein alter Hase, der bereits Kriegserfahrung hatte und der auch herausragende Führerqualitäten besaß, war schon seltsam. »Sie sind«, so sagte ich damals zu ihm, »ein Mann, dem ich stundenlang zuhören könnte.« Er lachte, setzte einen undefinierbaren Blick auf, sah zum Fenster raus und entgegnete: »Helden sitzen in Calvi, nicht hier!«

      Die Nostalgie hatte den alten Kämpfer voll im Griff. »Lass uns laufen gehen«, sagte er. Ich vermute, es war, um sich abzulenken. Im Kampfanzug und mit einem leichten

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