Der Gärtner war der Mörder. Wolfgang Schneider

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Der Gärtner war der Mörder - Wolfgang Schneider

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lag. Er konnte beim besten Willen nicht erkennen, was das Ding sein sollte. Es war oval, etwa zwei Millimeter lang und von schwarzbrauner Farbe. Mommsen hatte derweil sein Diktiergerät wieder eingeschaltet und ging um den Tisch herum, um den Rest der Leiche in Augenschein zu nehmen. Er nahm ein kleines Tuch vom Tablett und bespritzte es mit einer scharf riechenden Flüssigkeit aus einer Plastikflasche, dann fing er an, eine Stelle an der Hüfte damit zu reinigen. Er beugte sich ganz nahe zu der besagten Stelle, sah sie sich genau an und betastete das umliegende Gewebe. Dann diktierte er:

      „Mögliche Anzeichen einer exogenen Dermatitis, caudal, betreffend die unteren Extremitäten und Teile des Abdomens.“ Er betastete noch eine Weile verschiedene Hautbereiche, dann richtete er sich auf, stoppte er sein Diktiergerät und winkte Sedlmeyer herbei.

      „Sehen Sie das?“ fragte er und deutete auf die Stelle, die er soeben gereinigt hatte. Sedlmeyer schaute genau hin. Er konnte in all der Verwüstung überhaupt nichts erkennen, was ihm bemerkenswert erschienen wäre.

      „Ähh, also um ehrlich zu sein... nicht so wirklich“ antwortete er. Der Pathologe verschränkte die Arme und sah ihn an.

      „Das Aderngeflecht, welches, wie bei Wasserleichen üblich, deutlich durch die Oberhaut scheint, ist abwärts des Bauchnabels weniger scharf umrissen und nicht so kontrastreich wie am Oberkörper. Das deutet darauf hin, dass es dort eine spezifische Abnormität im Hautbild gegeben hat. Ich vermute eine entzündliche Veränderung der Epidermis, da die hämatologischen Fäulnisprozesse in den entzündeten Hautschichten die farbliche Abgrenzung zu den unterliegenden Gefäßen erschweren würden.“ Sedlmeyer schaute verwirrt.

      „Äh, könnten Sie das nochmal...“

      „Sie hatte mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Haut-Entzündung, oder irgend ein Ekzem, das, so wie es aussieht, beim Unterbauch beginnt und sich bis zu den Füßen erstreckt.“ Sedlmeyer war perplex. Er sah Jutta an, der es ähnlich zu gehen schien. Dann fragte er Mommsen:

      „Haben Sie irgend eine Idee, was das verursacht haben könnte? Bzw. ist das für uns relevant? Könnte es vielleicht viel älter sein, als drei, vier Wochen?“ Mommsen nahm seine Brille ab und grübelte einen Moment.

      „Das ist durchaus möglich. Wir werden, wie schon gesagt, genauere Untersuchungen im Labor machen, aber den Entstehungszeitpunkt der Entzündung – falls es denn eine ist – werden wir wahrscheinlich nicht präzise bestimmen können.“ Sedlmeyer knetete mit seiner rechten Hand seine Linke. Er fühlte deutlich, dass er langsam aber sicher hier raus musste. Dann wandte er sich wieder Mommsen zu und fragte:

      „Ich weiß, das werden Sie jetzt nicht hören wollen, aber haben Sie eine ungefähre Abschätzung, was den Todeszeitpunkt anbelangt? Nur eine ganz grobe?“ Diese Frage, gleich zu Anfang einer Obduktion gestellt, war seiner Erfahrung nach bei Gerichtsmedizinern in der Tat eine sehr unbeliebte. Was auch verständlich war: die wollten ihre Arbeit machen, gründlich und in Ruhe und konnten dabei keine nervenden Kriminalbeamten gebrauchen, die einfach nicht begreifen wollten, dass für eine exakte Auskunft zahlreiche Untersuchungen vonnöten waren, die nicht in fünf Minuten zu machen waren. Doch Mommsen wirkte nicht besonders verärgert.

      „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Ich muss für eine möglichst präzise Auskunft die Liegezeit im Wasser ermitteln, dann werde ich die exakten Wassertemperaturen der Isar in den letzten Wochen benötigen, die müssen beim Wasserwirtschaftsamt angefragt werden. Zudem müssen die inneren Organe und das Gehirn entnommen und ihr autolytischer Zustand bestimmt werden...“ Sedlmeyer bekam bei dieser Vorstellung ein äußerst flaues Gefühl im Magen und er unterbrach:

      „Äh, ja, selbstverständlich. Nur eine ganz ganz grobe Schätzung vielleicht?“ Mommsen überlegte kurz, dann sagte er:

      „Basierend auf meinen Erfahrungswerten würde ich schätzen, irgendwas zwischen zwei und vier Wochen.“ Das war der nächste brauchbare Hinweis und Mommsens Erfahrung ließ versprechen, dass die Schätzung ziemlich gut sein würde. Sedlmeyer warf einen kurzen Blick zu Jutta, die nicht glücklich aussah. Dann sagte er:

      „Herr Mommsen, bevor wir Sie jetzt gleich in Ruhe Ihre Arbeit machen lassen – was ist Ihr spontaner erster Eindruck?“ Das schien dem Pathologen dann doch auf die Nerven zu gehen und er antwortete kurz angebunden:

      „Ich kann dazu im Moment nichts sagen. Ich werde Sie per mail informieren, wenn ich mehr weiß, auch was den Todeszeitpunkt anbelangt. Sie bekommen meinen Bericht, sobald er fertig ist.“ Darauf wäre Sedlmeyer auch von selbst gekommen. Bevor er Mommsen die Hand zum Abschied hin streckte sagte er:

      „Selbstverständlich. Vielen Dank für ihre Hilfe, Herr Mommsen. Wir werden uns in den nächsten Tagen bei ihnen melden.“ Der hob nur seine Latex-behandschuhten Hände zum Gruß und sagte:

      „Ja ja. Sie finden ja selbst hinaus nehme ich an.“

      Draußen angekommen, standen sie noch eine Weile beim Wagen, Sedlmeyer den Schlüssel schon in der Hand und bereit zum Aufsperren, und besprachen, was sie eben gehört hatten.

      „Was hältst du davon?“ fragte er. Jutta antwortete in gereiztem Ton:

      „Na was schon. Sieht ganz nach Schema F aus. Junges Mädchen wird von Triebtäter entführt und missbraucht. Danach erwürgt er sie und wirft sie in die Isar. Mann! Ich könnte echt kotzen, ich kann solche Fälle gar nicht gut ab!“ Sedlmeyer sah geistesabwesend über den Wagen hinweg in die Ferne. Dann sagte er:

      „Irgendwie glaube ich das nicht.“ Jutta empörte sich:

      „Ach komm schon! So läuft das doch immer. Und das schlimme ist: es wird eine Ewigkeit dauern bis wir diesen Wichser haben, wenn überhaupt!“ Sedlmeyer grübelte eine Weile, dann sah er sie an.

      „Ja, es spricht einiges dafür, dass du recht hast... Aber irgendwas passt hier nicht. Das Ding, das Mommsen aus dem Einschnitt geholt hat. Die Entzündung an den Beinen... Wenn die nach der Entführung entstanden ist, das wäre ja schon sehr merkwürdig...“ Jutta zuckte die Schultern.

      „Das kriegen wir morgen in fünf Minuten raus, da brauchen wir nur die Angehörigen zu fragen, ob das Mädchen irgend ein Ekzem oder sowas hatte, das denen bekannt war.“

      „Ja da hast du recht... Jutta, mir ist zwar der Appetit gründlich vergangen in Mommsens Grusel-Kabinett, aber mir fällt ein, ich hab den ganzen Tag noch nichts gegessen. Du?“

      „Nee, Sedi, wenn ich's mir recht überlege. Wollen wir was essen gehen?“ Sedlmeyer sah kurz auf seine Armbanduhr.

      „Was hältst du davon, wenn wir zuvor kurz im Präsidium vorbei schauen und schonmal den Papierkram aufsetzen, dann können wir morgen früh gleich mit der richtigen Arbeit anfangen. Der Tag heute ist eh schon im Arsch und um ehrlich zu sein, ein bisschen Ablenkung täte mir ganz gut und dir wahrscheinlich auch?“ Jutta's Gesicht hellte sich ein wenig auf.

      „Das ist ne super Idee, Sedi. Jetzt sofort was essen, das wär vielleicht auch 'n büschen derbe oder?“ Sie lächelte matt. Sedlmeyer klopfte ihr auf die Schulter, dann entriegelte er den Wagen mit einem doppel-Piep.

      Auf der Fahrt zum Präsidium sprachen sie so gut wie kein Wort. Jeder war in seine eigenen Gedanken versunken und versuchte, das zuvor Erlebte auf seine Art zu verarbeiten. Sedlmeyer nestelte geistesabwesend am Autoradio herum und suchte den nächst besten Sender. Ein unerträglich fröhlicher berufsjugendlicher Spaßvogel moderierte den nächsten Song an:

      „...das war 'Summer in the City', genau der passende Song an diesem Sonntag. Hallo München, wir haben sie, die sonnigsten

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