Märchen helfen heilen. Gudrun Anders

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Märchen helfen heilen - Gudrun Anders

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und nicht umgekehrt.“

      

       „Mag ja sein, “ grunzte der Papagei, „ich habe aber keine Lust mehr. Ich will mein Lebenslicht nicht mehr. Der liebe Gott soll es gefälligst zurücknehmen. Die Welt ist so blöd, wenn man nicht mal mehr lachen darf.“

      

       „Wer sagt das?“ fragte der Briefkasten.

      

       „Na, meine Eltern“, sagte der kleine Papagei. „Die wollen einfach nicht, dass ich lache und fröhlich bin. Was also soll ich hier auf Erden?“

       „Soll ich es dir sagen?“ fragte der Briefkasten und sprach, ohne eine Antwort abzuwarten, weiter: „Du bist hier, um zu lernen, auch dann noch zu lachen, wenn andere es nicht wollen! Was kümmert es dich, wenn deine Eltern nicht lachen können oder wollen? Du lebst doch dein eigenes Leben. Gewiss ist es ganz schön doof, wenn selbst die Eltern einen nicht verstehen, ich kenne was davon. Aber warum nimmst du deren Traurigkeit an, wenn du ganz genau fühlst, das es dir damit schlecht geht?“

      

       Der Papagei war ruhig geworden und dachte nach. Eigentlich hatte der Briefkasten ja Recht mit dem, was er sagte. Warum kümmert er sich dann darum, dass andere ihn rügten, wann er lustig war? Eigentlich war das Quatsch, das sah er ein. Aber es tat ihm weh, zu sehen, dass seine Eltern traurig waren und er lachte. Und dennoch: sie mussten einsehen, dass sie verkehrt lagen und nicht er. Er überlegte noch eine Weile, dann bedankte er sich bei dem Briefkasten für die Tipps und versprach, darüber noch weiter nachzudenken.

      

       Der Papagei machte es sich gemütlich und blickte zum Vollmond auf und schlief dann bald ein. In der Nacht träumte er, dass auch der Mond ihm noch einmal sagte, dass er sich nicht darum kümmern sollte, was andere tun. Er sollte lachen, wenn er Spaß daran hatte und sich nicht darum kümmern, ob anderen das gefiel oder nicht. Der Mond sagte ihm, dass er zu sich selber stehen sollte, dann würde es ihm gut gehen und auch der liebe Gott wäre zufrieden mit ihm.

      

       Als der Papagei am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich wieder gut und um eine Erkenntnis reicher. Fröhlich und beschwingt nahm er seinen Zettel und zerriss ihn in tausend kleine Teile. Er wollte jetzt sein Lebenslicht behalten und mehr noch: Er wollte seinen Eltern und allen anderen Lebewesen mitteilen, dass Fröhlichkeit und Lachen die schönsten Dinge auf der Welt waren. Er wollte sich von anderen nicht mehr in die Traurigkeit hineinziehen lassen. Das stand für ihn jetzt fest wie das Amen in der Kirche. Der kleine Papagei tat es auch. Es dauerte gar nicht lange, bis er überall für seine Fröhlichkeit bekannt war. Bald kamen viele Menschen zu ihm und ließen sich von ihm erzählen, wie sie für immer fröhlich sein konnten.

      Grundbausteine der Kreativität

      Viele Menschen glauben, dass sie einfach nicht kreativ sein können. Das stimmt nicht. Jeder Mensch ist kreativ - der eine hat bloß seine Kreativität entwickeln können oder dürfen und der andere nicht. Kreativität entsteht entweder durch einen Geist, der es gewohnt ist, Dinge zu hinterfragen und von verschiedenen Seiten zu beleuchten.

      Ein gut trainiertes Gedächtnis findet meistens viel schneller und effektiver die Lösung für ein Problem, als jemand, der sich in dieser Richtung nicht orientiert hat. Das ist aber nicht die Kreativität, die wir normalerweise mit dem Wort „Kreativität“ in Verbindung bringen. Wenn ich hier von Kreativität spreche, so meine ich eher so etwas wie den Kontakt zum Inneren, zur inneren Weisheit. Manche würden vielleicht von der Verbindung zum inneren Kind sprechen oder dem Anschluss an die universelle Weisheit. Und diese Art der Kreativität ist bei jedem Menschen latent vorhanden bzw. - sofern sie abhanden gekommen ist - wieder erlernbar.

      Da diese Kreativität immer vorhanden ist, gibt es prinzipiell keinen Grund dafür, sie nicht zu nutzen. Unsere Gesellschaft aber ist so aufgebaut, dass wir schon im Teenageralter - und manchmal sogar noch früher - die natürliche uns innewohnende Intelligenz negieren und als nicht wertvoll erachten. Das ist schade, denn dadurch verlieren wir den Kontakt zu unserem Inneren, zur inneren Stimme, zu unseren wahren Bedürfnissen. Scheinbare Bedürfnisse wie Autos, mehr Geld, besserer Job, größtes Haus im Ort usw. werden wichtiger und überdecken unsere wahren Bedürfnisse nach Zuwendung und Anerkennung, Liebe, Freundschaft, Verständnis und echter Wärme immer mehr. Bis wir uns eines Tages so sehr in die äußere Welt verstrickt haben, dass die innere Welt verzweifelte Hilfeschreie in Form von Depressionen, Krankheit oder Unfällen zu uns schickt.

      Die innere Welt macht sich auf vielfältige Art und Weise sehr häufig bemerkbar. Hören wir auf diese Signale und versuchen, in unseren persönlichen Nebenfluss wieder hineinzukommen, sind wir guter Dinge, nehmen das Leben leichter und spielerischer. Hören wir nicht auf diese Signale, hat das Leben manchmal einen Schicksalsschlag für uns parat, um uns wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Leider meinen viele Menschen, dass dieses dann eben Schicksal sei - und damit unabänderlich. Mit Schicksalsschlägen müsse man sich halt abfinden - und dann genauso weiterleben wie bisher.

      Leider geht das nicht, es sei denn, sie möchten noch einen weiteren Schlag ins Genick bekommen und einen weiteren und einen weiteren... Wenn sie kreativ sein möchten und ihr Leben gestalten, sollten sie auf die kleinen Warnsignale des Lebens achten und ihren Kurs korrigieren.

      Aus eigener Erfahrung kann ich ihnen nur sagen, dass es sich lohnt. Hätte ich damals das Märchen nicht geschrieben, hätte ich wahrscheinlich meine weitere Karriere in psychiatrischen Anstalten gemacht - und dieses Buch, das Ihnen helfen will, mehr zu sich selbst zu finden, wäre niemals geschrieben worden.

      Meine innere Stimme war damals so massiv, dass ich sie hören musste - obwohl ich eine Heidenangst davor hatte, mir selbst zu begegnen. Genau diese Angst aber war meine Rettung, denn sie weckte auch gleichzeitig meine Neugier auf das unbekannte Wesen, das ich mir selber war.

      Der wichtigste Grundstein der Kreativität sind daher sie selber und Ihre Fähigkeit zu denken. Ein denkender Geist kann jederzeit kreativ sein, wenn er es will!

      Also, wenn sie wollen, seien sie doch einmal mit mir kreativ und schreiben sie jetzt mindestens drei Sätze auf, die ihnen ganz spontan einfallen:

      1) ____________________________________________________

      2) ____________________________________________________

      3) ____________________________________________________

      Sehen Sie? Sie sind kreativ - vorausgesetzt, sie hatten gerade einen Schreiber zur Hand oder waren in der Lage, sich schnell einen zu holen, um kreativ sein zu können. Sie haben es geschafft, ein paar Sätze auf das Papier zu bringen, die ihnen spontan eingefallen sind. Damit kennen Sie den dritten Grundbaustein der Kreativität.

      Nein, nicht der Kugelschreiber, sondern ihre Fähigkeit, ihre Gedanken zu beobachten, zu strukturieren, sie in Worte umzuwandeln und aufzuschreiben. Wenn sie sich jetzt auch noch zutrauen, einmal das aufzuschreiben, was ihrem Kopf sinnlos erscheint, haben sie den vierten Grundbaustein der Kreativität ebenfalls gemeistert.

      Vielleicht stellen Sie sich das momentan schwierig vor,

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