Märchen helfen heilen. Gudrun Anders
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Märchen helfen heilen - Gudrun Anders страница 8
Erst nach und nach, als ich die Texte kannte und für mich als nicht „gefährlich“ eingestuft hatte, war es mir mehr und mehr möglich, mich dem einschläfernden Gesäusel der Kassette hinzugeben und immer tiefer in einen erholsamen, entspannten Zustand zu gleiten.
Einige Male war ich so entspannt, dass ich während der Sitzungen einschlief und mich selber schalt, doch wach zu bleiben, damit ich ja die Texte, die ja mein Unbewusstes positiv beeinflussen sollten, auch mitbekam und mir - bewusst - die Texte merken konnte. Erst viel später erkannte ich, dass es sinnvoller war, diese Texte nicht bewusst anzuhören, um sie auswendig zu lernen. Auch das unbewusste hören - z.B. während eines scheinbaren Nickerchen - hatte einen positiven Effekt.
Ich begann, bestimmte Affirmationskassetten mit positiven Sätzen die ganze Nacht lang zu hören und wachte am Morgen erfrischt und mit der Erinnerung an viele bedeutungsreiche Träume auf. Mein Weg aus der Krise heraus zu einem unbeschwerten, lebensfrohen Menschen war damit geebnet worden. Meine weitere „Selbsttherapie“ mit Märchen schloss sich an diesen Prozess des Öffnens und Bewusstwerdens erst an und half mir, den menschlichen Geist und seine Funktionsweise ein bisschen mehr zu verstehen.
Wenn sie selbst Schwierigkeiten mit Entspannung haben, schlage ich Ihnen vor, sich in Fachbuchhandlungen einmal nach entsprechender Meditationsmusik oder Phantasiereisen umzuschauen, die es in einer Vielzahl gibt. Unabhängig davon für welche Thematik sie sich ent-scheiden: sie öffnen sich den Weg zu ihrer kreativen, intuitiven Seite und haben gleichzeitig den positiven Effekt der Entspannung, die übrigens nur dann eintreten kann, wenn Sie es sich selbst erlauben, von den bohrenden Gedanken einmal loszulassen.
Ein entspannter Geist ist relativ frei von Gedanken, die sich immer wieder im Kreise drehen. Loslassen ist das Geheimnis, dass dahinter steckt. Je mehr sie von den Gedanken in einer Entspannungsphase loskommen können, umso mehr öffnen sie sich den Weg für ihre inneren Farben und Symbole. Zwar ist es wichtig, mit den eigenen Gedanken zu arbeiten, um diese dirigieren zu können - z.B. von negativen Gedanken hin zu positiven -, es ist aber auch wichtig, die Sprache des Unbewussten kennenzulernen. Das Unbewusste aber drückt sich in Farben, Formen und vor allem in Bildern aus.
In meinen Seminaren bin ich von Teilnehmern sehr häufig gefragt worden, wie sie lernen könnten, die inneren Bilder zu sehen. Sie versuchten, sich anzustrengen, um Bilder des Unbewussten sehen zu können, aber haben sie damit im Grunde verhindert, denn die Energie, die sie einsetzen, um Bilder sehen zu wollen, ist genau die Energie, die sie hindert, diese Bilder sehen zu können.
Jeder kann Bilder sehen, so wie jeder Mensch träumen kann. Nur: Der eine erinnert sich an seine Träume und der andere eben nicht - wobei natürlich auch das beeinflusst werden kann. Wenn sie glauben, keine Bilder sehen zu können, dann machen Sie doch bitte einmal mit mir den nachfolgenden, kurzen Test:
Bitte lesen Sie die folgenden Zeilen möglichst langsam und bedächtig.
Bitte stellen Sie sich jetzt keinen rosa Elefanten vor. Bitte tun sie nicht! Nein! Hören Sie bitte sofort damit auf, sich einen rosa Elefanten vorzustellen. Bitte lassen Sie es. Stellen Sie sich keinen rosa Elefanten vor. Es gibt keine rosa Elefanten, also brauchen Sie sich auch keinen rosa Elefanten vorzustellen. Bitte stellen Sie sich doch einen grünen Elefanten vor oder einen blauen oder einen karierten, das ist wenigstens „real“.
Es hat nicht geklappt, nicht wahr? Ob sie wollten oder nicht: Vor Ihrem inneren Auge haben Sie einen rosa Elefanten gesehen, der vielleicht irgendwo auf einer Wiese oder in einer Wüste stand oder ging oder was auch immer angestellt hat. Und vielleicht war er am Ende sogar blau oder grün oder kariert. Magie? Nein. Die Funktionsweise unseres Geistes, der nun einmal in Bildern „denkt“. Der Geist schreibt die gelesenen Worte nicht nach, er formt sie in Bilder um. Das ist auch der Grund, warum Menschen mit einer blumigen, bildhaften Sprache bei anderen Menschen besser ankommen, als solche, die in abstrakten, nicht vorstellbaren Worten sprechen. Oder wem würden Sie lieber zuhören: dem Redner, der einen wissenschaftlichen Fachvortrag hält oder jemandem, der eine lebendige, mitreißende Story erzählt?
Nun, Entspannung ist aber keine Voraussetzung dafür, um kreativ schreiben zu können, es erleichtert die Sache nur ungemein. Keine Angst: auch wenn Sie zu Beginn beim Schreiben noch etwas angespannt sein sollten - das ändert sich in dem Maße, wie sie weiterschreiben. Kreatives Schreiben hat - auf Sicht gesehen - einen entspannenden Effekt! Und je weiter sie in das Reich ihrer Phantasie eindringen, desto bildhafter und lebendiger werden nicht nur ihre Geschichten werden, sondern auch sie.
Die Rockgruppe „PUR“ hat in dem Refrain zu ihrem Lied „Abenteuerland“ das wunderbar ausgedrückt:
„Komm’ mit,
Komm’ mit mir ins Abenteuerland
Auf deine eig’ne Reise
Komm’ mit mir ins Abenteuerland
Der Eintritt kostet den Verstand...
Komm’ mit mir ins Abenteuerland
Und tu’s auf deine Weise...
Deine Phantasie schenkt dir ein Land
Das Abenteuerland...“
Vielleicht hören Sie sich diesen Song einmal an, vielleicht weckt er auch in Ihnen das Bedürfnis, sich auf die Reise in das unendlich große Land der eigenen Phantasie zu begeben. Vielleicht lassen Sie schon bald andere an ihrem großen, inneren Reichtum, der sich vor Ihnen entfalten wird, teilhaben, sei es als Märchen oder als selbst geschriebene Phantasiereise, die auf die gleiche Weise entstehen kann.
Der Besuch der Brieftaube
Es war einmal eine wunderschöne, strahlendweiße Brieftaube, deren Beruf es war, Briefe und kleine Geschenke von einem Ort zum anderen zu bringen. Ihr machte es sehr viel Spaß, aber glücklich war sie nicht.
Tagaus, tagein flog sie durch die Lande, aber dass aufgrund ihrer vielen Arbeit einmal etwas Außergewöhnliches passiert wäre, konnte sie nicht sagen. Ein Tag war wie der andere und so verging die Zeit wie im Fluge. Und dennoch: die Sehnsucht unseres kleinen Täubchens nach mehr Abwechslung blieb unauslöschlich in ihrem Herzen verankert.
Eines Tages nun hatte unsere kleine Brieftaube die Aufgabe, einen Brief an die von allen gefürchtete Hexe Burgel zu bringen. Wer mochte wohl der Hexe schreiben? Noch nie hatte sie einen Brief erhalten! Und jetzt bekam sie einen wunderhübschen Brief mit vielen kleinen Verzierungen und einer hübschen Handschrift. Wusste denn der Schreiber dieses Briefes nicht, dass die Hexe böse war? Konnten böse Hexen Freunde haben?
Aber unser Brieftäublein schob alle ihre Ängste beiseite und machte sich auf in Richtung zu dem kleinen