Der dritte Versuch Elfen und Menschen. Norbert Wibben
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Mit gesenktem Kopf und den Worten: »Wohl bekomm’s!«, bewegt er sich rückwärts zur Tür und verlässt den Raum.
Davon bekommt Dean wenig mit, da er überlegt, was er als Nächstes machen soll. Einerseits brennt es ihm auf den Nägeln, dem Cousin zu zeigen, dass der Ring wieder in seinem Besitz ist. Aber wäre das klug? Soll Connor sich doch um die Niederwerfung der Elfen und gegnerischen Zauberer kümmern. Falls dieser dabei zu Schaden kommt, muss er nicht gegen einen Verwandten vorgehen.
Es ist natürlich nicht so, dass er wegen der Familienbande davor zurückschrecken würde. Der Magier ist, wie jedes andere Mitglied dieser Zaubererdynastie, sich selbst der Nächste und die Erfüllung seiner Wünsche ist das oberste Ziel. Der Grund ist viel mehr der, dass er weiß, sein Cousin ist ein ernstzunehmender Gegner. Wenn dieser durch einen anderen Zauberer ausgeschaltet werden würde, wäre er nach außen hin zu Tode betrübt, aber innerlich erleichtert. Doch einfach hier zu sitzen, widerstrebt ihm auch. Was kann er also machen? In Gedanken versunken schneidet er dicke Scheiben vom Fleisch und nimmt gierig Bissen für Bissen zu sich. Beim Essen fällt ihm auf, wie hungrig er eigentlich ist. Fleisch und Brot spült er mit großen Schlucken des ausgezeichneten Rotweins hinunter. Der Diener hat das Begehren des Verwandten seines Herrn zwar missbilligt, ihm aber trotzdem derart viel an Speisen gebracht, dass Dean nicht alles aufbekommt. Zufrieden lehnt er sich in dem Arbeitsstuhl zurück, während seine Augen über die Papiere auf dem Schreibtisch huschen. Was mag Connor hier wohl ausgebrütet haben? Er nimmt sie in die Hand und wirft forschende Blicke darauf, doch er wird nicht schlau aus den oft nur bruchstückhaften Notizen. Teilweise wurden nicht einmal Worte genutzt, manchmal hat er Symbole oder seltsame Zeichen darauf gemalt, die fast wie sinnloses Gekritzel wirken. Dass sie das sicher nicht sind, weiß Dean, doch ihre Bedeutung vermag offenbar nur Connor zu erfassen.
Der Magier schreckt auf. Er ist tatsächlich eingenickt. Sein Cousin versucht in diesem Moment, ihn zu kontaktieren, was ihn geweckt hat, doch Dean lässt keine Verbindung zu. Er will sich erst darüber klar werden, wie sein Verhältnis zu ihm sein soll. Wenn Connor, anstatt eines Kontaktversuches jetzt zurückgekommen wäre, hätte er sich sofort entscheiden müssen! – Aber was sollte der ihm schon antun?
»Er könnte mir den Ring nehmen!«, schießt es Dean durch den Kopf. Er weiß zwar nicht, ob und wie weit sein Cousin in dessen Geheimnis eingeweiht ist, aber riskieren will er lieber nichts. Wenn er schon schläft, dann an einem Ort, wo er nicht zu einer leichten Beute eines möglichen Gegners werden kann. Er erinnert sich an die letzte Unterhaltung mit Connor, die genau hier stattgefunden hat. Damals hatte er von Glen und dessen erfolgreichem Feldzug im Süden gehört. Eine Idee formt sich in seinem Kopf. Ob es sinnvoll ist, sich zuerst in dieser Region einen eigenen Machtbereich zu schaffen? Möglicherweise kann er den Führer des dorthin gezogenen Heeres auf seine Seite ziehen. Glen ist zwar ebenfalls einer der oberen Fünf, doch einen klugen Eindruck hat er bislang nicht auf Dean gemacht. Schnell steht er auf und stöbert in den Regalen mit den Büchern. Es dauert nicht lange, und er findet, wonach er sucht. Connor hat ein Buch, in dem Wichtiges über die verschiedenen Regionen des Landes aufgeführt ist. Dazu gehören Abhandlungen über die dort vorhandenen Festungen und die dort stationierten Truppen, Informationen über hauptsächlich anzutreffende Volksstämme und Hinweise auf berühmte Zauberer. Er schlägt das Buch auf und liest, was dort über den Süden des Landes steht.
Schnell findet er heraus, dass keine der dort noch vor etwa einhundert Jahren zahlreichen Elfen den ersten Versuch der Zauberer des Mondes überlebten, als sie dort die Macht im Land übernahmen. Das erklärt auch, weshalb Glen in dieser Region relativ schnell erfolgreich war. Die Gegenwehr der wenigen Magier der Menschen konnte er brechen, obwohl dort viele Burgen einen ausgeklügelten Festungsgürtel bilden. Ohne den Schutz mächtiger Zauberer nützen auf Dauer keine noch so dicken Mauern gegen gegnerische Magier, weshalb die Menschen in den verschiedenen Orten sich dem Heer Glens ergeben haben.
Dean fasst einen Entschluss. Er stellt das Buch zurück an seinen Platz und wechselt in den Süden, in die ehemalige Elfenfestung Deasgard. Er will in ihren Ruinen noch einmal die Macht des Artefaktes überprüfen und dann die nächstgelegene Burg in Besitz nehmen. Notfalls will er sie mit Hilfe des Drachen angreifen und nach deren Eroberung Glen dorthin bestellen. Falls der sich weigert, will er die dort gelegenen Festungen eine nach der anderen dem Erdboden gleichmachen, selbst wenn das einige Zeit kostet.
Mittlerweile ist es heller Tag geworden. Dean ruft in den von Gestrüpp überwucherten Überresten der Burg seinen Drachen auf, und versucht ihn zu steuern. Es wäre fatal, wenn sich der tödliche Lindwurm während einer heftigen Auseinandersetzung mit gegnerischen Magiern als Schwachpunkt herausstellen würde. In seinem Hinterkopf nagt der Zweifel, dass der Drache einen Schaden genommen haben könnte, als ihn diese fremde Elfe überwunden hat. Dass sie es war, die ihn explodieren ließ, steht seltsamerweise für ihn fest. Er probiert erneut, ob der Feueratem wie gewünscht funktioniert. Die gewaltige Feuerwalze schickt er gegen die letzten Mauerreste, die zerbröckeln und zu Pulver werden. Verbrannte Ranken lassen feine Ascheteilchen aufwirbeln, die fast wie Schneeflöckchen in der Luft umher wirbeln. Als ihm der Test mehrmals nacheinander gelingt, lässt er den Drachen erleichtert mit »Inhibeo« verschwinden. Jetzt fühlt er sich sicher. Alle, die gegen ihn sind, sollen die Macht des Rings zu spüren bekommen! Er jubelt innerlich, schon bald wird er der von allen gefürchtete Herrscher in diesem Land sein.
Zur Burg der Fairwings
Das Frühstück besteht aus trockenem Brot und Käse, zu dem Cloe für alle einen Becher Tee herbeizaubert. Anschließend satteln sie die Pferde, kontrollieren ihre Waffen und führen die Tiere am Zügel durch den Durchgang. Hier halten sie und beobachten die gegenüberliegende Seite. Die Zugbrücke ragt wie ein mahnender Finger in die Höhe, soll sie das an die notwendige Vorsicht erinnern?
»Und wo hast du in der Nacht die Augen eines Wolfs gesehen?« Arawn blickt Cloe fragend an. Die Elfe deutet auf einen besonders hohen Felsbrocken.
»Schau nur, sind dort nicht die Spitzen zweier Ohren zu sehen. Und jetzt hat er einen schnellen Blick riskiert, sich aber sofort wieder geduckt.« Nicht alle haben diese kurze Bewegung bemerkt, doch der Führer der Fairwings bestätigt ihre Beobachtung.
»Das ist wirklich seltsam. So verhalten sich Wölfe normalerweise nicht!«
»Dahinter stecken bestimmt Dubharan. In meiner Heimat nutzen sie die Raubtiere oft, manchmal verwandeln sie diese auch in gefürchtete Kämpfer. – Kannst du nicht feststellen, ob sie von einem fremden Geist gelenkt werden?«
»Die Frage ist berechtigt. Als Spurenleser, der magische Fährten verfolgen kann, besitze ich die Fähigkeit, in die Gedanken anderer einzutauchen. Es ist ähnlich dem Vorgang, wie Zauberer untereinander den geistigen Kontakt herstellen.«
»Oder in die Träume anderer eingreifen.«
Der Fairwing blickt sie um Verzeihung bittend an. »Das geschah nur, weil ich auf der geistigen Suche nach möglichen Gefahren war. Dabei bemerkte ich einen Wolf, der sich aber als Traumgebilde herausstellte. Ich habe keinem deiner Gedanken nachgespürt, wirklich nicht.« Cloe glaubt ihm und bestätigt das sofort. Er freut sich darüber, obwohl sein Gesichtsausdruck bei den nächsten Sätzen eher verdrießlich wirkt.
»Wir werden weiter hier ausharren müssen, denn die grauen Räuber lassen unser Entkommen auf