Wirtschaft für Menschen, wie sie wirklich sind. Gene Callahan
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Wenn wir jedoch Austauschhandlungen aus dem Blickwinkel menschlichen Handelns betrachten, dann sehen wir, dass Menschen nicht einfach tauschen, nur um Freude daran zu haben, zu betrachten, wie Güter den Besitzer wechseln. Tauschhandlungen haben ihren Ursprung nicht in einer „Neigung zum Handeln“. Wenn ein Tausch stattfinden soll, dann müssen beide Seiten annehmen, dass sie nach dem Tausch besser dran sind. Das ist die Voraussetzung für jedes Handeln – die handelnde Person muss der Ansicht sein, dass sie einen höheren Zustand der Zufriedenheit erreicht als bei Nichthandeln. Sie versucht, von dem, was ist, zu dem zu gelangen, was sein sollte.
Diese Ausführungen werfen etwas Licht auf Redewendungen, die man gerne verwendet, wenn man einen Tausch diskutiert. Wer hat nicht schon einmal jemanden nach einem Kauf sagen gehört, der Preis sei eine „Gaunerei“ gewesen? Lassen wir einmal den Fall beiseite, dass der Käufer über die Qualität des Gutes getäuscht wurde – das ist Betrug und wirklich eine „Gaunerei“. Nehmen wir an, das betreffende Gut sei von bekannter und gleich bleibender Qualität – etwa Flaschenbier einer bekannten Marke. Am Montag in der Arbeit erzählt Ihnen Ihr Freund: „Wir waren am Wochenende bei einem Fußballspiel. Fünf Euro haben wir für das Bier bezahlt – was für eine Gaunerei!“
Was meint er damit? Solange er weder dazu gezwungen wurde, das Bier zu kaufen noch durch irgendwelche Tricks dazu gebracht wurde und es auch wirklich freiwillig gekauft hat, dann hat er das Bier höher geschätzt als die fünf Euro. Warum hätte er es sonst gekauft? Hätten ihm die fünf Euro mehr bedeutet als das Bier, hätte er sie nur zurück in die Tasche stecken und weggehen müssen. Geht man davon aus, dass Ihr Freund freiwillig etwas aufgegeben hat, das er weniger geschätzt hat als das Bier, kann der Verkäufer sich ebenso beschweren – auch er wurde über den Tisch gezogen! Was Ihr Freund wirklich meint, ist „Ich wünschte, das Bier wäre billiger gewesen.“ Wir alle wollen jedoch weniger hergeben um mehr zu erhalten. Mit anderen Worten: Wir wollen unseren Profit erhöhen. Das ist die allgemeine Grundlage menschlichen Handelns. Wenn wir versuchen, unsere Lage zu verbessern, haben wir keinen Grund, zu erwarten, dass andere – wie etwa der Händler – nicht dasselbe tun.
Fehlt hier etwas?
Bis jetzt gibt es für unsere menschlichen Hauptdarsteller keine Möglichkeit, wirtschaftliche Rechnungen anzustellen. Rich und Helena können bestimmte Mengen bestimmter Güter miteinander vergleichen und entscheiden, welches Güterbündel sie für wertvoller halten. Sie können aber nicht berechnen, wie viel sie bei einem Tausch gewonnen oder verloren haben, weder davor noch danach. Wir können sagen, dass Rich acht Ratten zwei Fallen vorgezogen hat, aber es gibt keine Möglichkeit, die Frage zu beantworten: „Wie sehr hat er sie vorgezogen?“ Die Vorliebe ist etwas, das er fühlt. Es gibt keinen Messstab, den man in seine Psyche stecken kann, um die „Größe“ dieses Gefühls zu messen. Sicher wird ihm eine Bedürfnisbefriedigung erstrebenswerter erscheinen als eine andere, aber, wie wir bereits betont haben, eine Redewendung wie „ich mag diese Falle doppelt so viel wie die andere“ ist einfach eine Metapher. Denn wenn sie jemand wörtlich nimmt, müssen wir Rothbards Frage stellen: „Doppelt so viel wovon?“
Der Versuch, mit Ratten und Fallen zu rechnen, wird auch nicht funktionieren. Ein Ausdruck wie „acht Ratten weniger zwei Fallen“ ist rechnerisch nicht sinnvoll.
Der Versuch, Arbeit als die allgemeine Werteinheit zu verwenden, wie es Marx und die britischen klassischen Ökonomen getan haben, führt zu nichts. Die Kosten von Richs Arbeit bestehen in seiner persönlichen Wertschätzung dessen, worauf er verzichten muss, um die betreffende Arbeit durchzuführen. Für Helena hingegen besteht der Wert von Richs Arbeit in ihrer persönlichen Wertschätzung der Früchte seiner Arbeit. Der Versuch, Gewinn und Verlust durch Drücken einer Stechuhr oder durch das Messen der verbrauchten Energie zu bestimmen, bedeutet, die wirtschaftliche Bedeutung des Vorganges komplett falsch zu deuten. Rich könnte genauso viel Zeit und Energie darauf verwenden, bereits existierende Fallen zu Sägemehl zu zermahlen wie auf den Bau neuer Fallen. Aber in unserem Szenario wird Helena ihn sicher nicht dafür bezahlen, Fallen zu zerkleinern! Die Tatsache jedoch, dass das Herstellen von Fallen wertvoll ist, ihre Zerstörung aber nicht, hängt vollständig von der Bewertung durch die Personen ab, die am Tausch von Fallen beteiligt sind und ist durch physikalische Messungen nicht bestimmbar.
Wir können uns freilich ganz einfach eine Situation vorstellen, in der die Wertigkeiten derselben physischen Aktivitäten vertauscht sind. Wenn unsere Gestrandeten sich in einer Situation wieder finden, in der sie die Ratten durch Überjagung ausgerottet haben, die Insel aber mit nutzlosen Fallen übersät ist, dann wäre das Bauen von Fallen wertlos, während ihre Zerstörung (um sauber zu machen) schon wertvoll wäre.
Das Fehlen von wirtschaftlicher Kalkulation beeinträchtigt unsere kleine Volkswirtschaft nicht wirklich. Alle Güter werden von zwei Personen gehandelt. Nachdem ein Händler der Schöpfer seiner eigenen Wertrangfolge ist, muss er nur ein Gefühl für die Wertmaßstäbe seines Partners bekommen, um sinnvoll handeln zu können. Aber wenn eine Volkswirtschaft größer wird, dann wird sich die Abwesenheit von Wirtschaftsrechnung zu einer großen Hürde entwickeln.
Zwei sind eine Gesellschaft, vier sind ein Minimarkt
Jetzt müssen wir die Geschichte unserer Insel – nennen wir sie „Richland“ – vorspulen. Wir werden mehrere Generationen überspringen (wir können uns vorstellen, dass Rich und Helena sogar noch einen anderen Weg gefunden haben, zu ihrem beiderseitigen Vorteil zu kooperieren). Aus irgendeinem undurchschaubaren Grund blieb das Eiland von der Weltwirtschaft abgeschnitten. Aber die Bevölkerung ist gewachsen, ein Dorf wurde gebaut, Felder bestellt, Geschäfte eröffnet, Berufszweige haben sich entwickelt. Zwischen den Bewohnern floriert der Handel.
Die Grundlagen des Tauschmarktes haben sich gegenüber unserer Zweipersonenvolkswirtschaft nicht geändert. Das Hinzufügen zweier weiterer Personen, die Tauschhandel betreiben wollen, macht das Bild etwas komplizierter, lässt aber das Wesentliche unverändert. Es wird für uns erforderlich sein, etwas Zeit aufzuwenden und das Szenario mit mehreren Personen zu betrachten, um auf die zusätzlichen Komplikationen vorbereitet zu sein, die später auf uns zukommen werden.
Wir stellen uns einmal vor, dass auf der Insel Ziegen domestiziert wurden, auch Getreideanbau wird betrieben. Wir haben zwei Ziegenhirten, Kyle und Stephen, und zwei Getreidebauern, Emma und Rachel. Menschen, die in einer modernen Wirtschaft leben, stehen bei der Analyse einer solchen Situation unweigerlich vor einem Problem – wir sind nicht an Tauschhandel gewöhnt, bei dem Ziegen und Getreide direkt miteinander getauscht werden. Da wir das Geld noch nicht in unsere Betrachtung eingeführt haben, müssen wir uns die Preise von Ziegen als Preise in Getreideeinheiten vorstellen und die Preise von Getreide als Preise in Ziegen. Diese Art von Handel nennt man Tauschhandel oder direkten Austausch. Es braucht einige Zeit, sich daran zu gewöhnen, aber es ist die Mühe wert, weil man so die Entstehung von Marktpreisen besser begreift.
Stellen wir uns vor, dass Rachel bis zu vier Scheffel[1] Getreide für die erste Ziege zahlen wird, bis zu drei für ihre zweite und nicht mehr als zwei für die dritte. Emma wird bis zu drei Scheffel für ihre erste Ziege zahlen, bis zu zwei für ihre zweite, aber maximal einen für die dritte Ziege.
Auf der anderen Seite des Marktes wird Kyle zwei Scheffel oder mehr für seine erste Ziege akzeptieren, zumindest drei für seine zweite und nicht weniger als vier für seine dritte. Stephen wird zumindest drei Scheffel für seine