New York City and Me. Cornelia Gräf
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу New York City and Me - Cornelia Gräf страница 12
Wo könnte es denn nun hingehen? Vielleicht ins Village? Oder in irgendeinen Second-Hand-Laden? Ich befrage mal über das Handy Yelp, was denn so in der Nähe ist. Während ich auf dem Display rumtatsche, fragt mich ein Passant, ob ich einen bestimmten Weg suche. „Nein, nein, alles gut“, versichere ich und denke still: „Ich bin doch kein Tourist!” Aha, 10. Straße West. Da ist ein ganz gut bewerteter Laden. Da könnte man ja mal hinlaufen. Sooo weit isses ja nicht. Genau das ist die Falle in New York! Irgendwie ist alles immer nur ein paar Straßen weiter, man läuft hin und wundert sich abends, warum man sich kaum noch rühren kann und wieder irgendwie 20 Kilometer gelatscht ist. Ich laufe durch die 10. Straße von Ost nach West. Wun-der-schö-ne Häuser! Ein Traum! Als ich dann im West Village angekommen bin, meldet sich eine Stimme in mir: „Hier ist doch Magnolia Bakery irgendwo um die Ecke.“ Handy wieder raus, Google Maps gecheckt. Charles Street, Perry Street (ja, da ist Carrie Bradshaws Treppe, Haus Nr. 66, das mit der Kette vor den Stufen), Bleecker Street. Heieiei, jeeedes Mal verirre ich mich hier. Denn die Logik der Straßen wird hier sowas von über den Haufen geworfen. Ich verliere auch jegliche Orientierung wo Osten und Westen, Süden oder Norden ist. In jungen Jahren wurde mir mal eine „Orientierung wie ein Marmeladebrot” bescheinigt. Dem würde ich grundsätzlich widersprechen, im West Village stimmt es jedoch zweifellos. Aber heute schaffe ich es, den kleinen Laden mit den dunkelblauen Markisen zu finden. Im Geschäftchen herrscht dichtes Gedränge vor den Vitrinen in und auf denen sich die Kalorienbomben stapeln. Manchmal ist es also auch ganz gut, dass man jeden Tag 20 Kilometer durch die Stadt marschiert. Ich nehme ein Stück chocolate cake und eine kleine Portion des – angeblich so berühmten – Magnolia banana pudding. Dann spaziere ich mit der hübschen Magnolia-Papiertüte in der Hand weiter durch das West Village. Wie immer sehe ich das ein oder andere „House for Sale”-Schild. Wie immer nehme ich mir vor, unbedingt Lotto zu spielen. Wie immer tue ich es dann aber dummerweise doch nicht. Dann finde ich, heute scheint mein Village-Orientierungs-Glückstag zu sein, tatsächlich die richtige U-Bahn-Station, von der aus ich bequem wieder nach Hause komme.
Die Magnolia-Schokotorte landet im Kühlschrank, mit Laptop und banana pudding verziehe ich mich – aus Ermangelung eines Sofas – ins Bett. Dann mal probieren. Es schmeckt sehr sehr fein. Wie ein sehr sahniges Bananen-Tiramisu. Aber eben recht mächtig, sodass ich nur rund die Hälfte schaffe. Egal. Der Rest kann ja in den Kühlschrank. Denn ich habe ja einen. Ich lebe ja jetzt hier.
Rien ne va plus
Nein, mich hat es heute nicht ins Zocker-Paradies Atlantic City verschlagen, wo vor kurzem erst Miss America gewählt wurde. Ich bezweifle auch, ob es das in nächsten Monaten wird, es sei denn die versprühen dort in den Casinos den gleichen Duft wie das Mirage und das Venetian in Las Vegas. Danach bin ich nämlich süchtig und das wäre gegebenenfalls ein Grund.
„Rien ne va plus“ galt heute in mehrfacher Hinsicht. Zum Beispiel dürfte es das Motto rund um die United Nations gewesen sein, denn der erste Tag der General Debate bei der Generalversammlung stand an, unter anderem mit einer Rede von Barack Obama. Und wenn es heißt „the President is coming“ geht nix mehr. Woher ich das weiß? Nun sagen wir so: Herrn Obama und mir geht es seit einiger Zeit wie den zwei Königskindern, die einfach nicht zusammenkommen können. Seit Jahren treffen wir uns immer beinahe – aber zu meinem (und seinem, wie ich überzeugt bin, auch, haha) Leidwesen nie direkt.
Eine Chronologie der Ereignisse:
2008: Obama kommt als Präsidentschaftskandidat nach Berlin und hält die berühmte Rede an der Siegessäule. Ich hatte überlegt hinzufahren, aber es ist ja doch ein Stück und sooo viel wusste ich noch nicht über ihn. Ich verfolgte die Rede dann im TV und beiße mir seitdem in den Allerwertesten, nicht hingegangen zu sein.
Sommer 2009: 1.-3. Juni Städtetrip meinerseits nach Leipzig und Dresden. Wer besucht am 4. Juni Dresden? Richtig! Mr. President! Wo hält er mit Mutti Merkel die Pressekonferenz? Richtig, in dem Innenhof, in dem ich 24 Stunden zuvor stand.
Sommer 2012: Ich verbringe eine Woche in New York. Im Frühstücksfernsehen des Hotels bekomme ich irgendetwas mit, dass die Moderatorin etwas von Obama, Bill Clinton und Waldorf Astoria und „today” faselt. Ich flitze an den Hotel-PC und google. Nee, ne? Fundraiser-Dinner im Waldorf-Astoria Hotel, außerdem noch ein Auftritt bei David Letterman und ein weiteres fundraiser in einem Theater, wenn ich mich recht erinnere. Bei letzterem waren die Preise „erschwinglich”, d.h. im oberen drei- bis unteren vierstelligen Bereich, aber natürlich schon seit Ewigkeiten ausverkauft. Im Waldorf-Astoria hätte es noch Plätze gegeben. Aber ich entschied mich dann doch gegen die Plünderung meines gesamten Sparbuchs, die zu einer dortigen Teilnahme nötig gewesen wäre. Aber man kann ja mal zumindest in Richtung des Hotels gehen. Rundherum ist alles abgesperrt. Hundertschaften von Polizisten stehen bereit. Ein äußerst nettes Exemplar davon frage ich, von wo aus man schauen darf. Er verweist mich auf die andere Straßenseite, kann mir aber nicht garantieren, dass ich dort stehen bleiben dürfe. Wann der Präsident kommt, dürfe er nicht sagen und aussteigen, um ins Gebäude zu gehen, würde dieser wohl sowieso nicht. Egal, ich warte trotzdem. Und nach einiger Zeit rast dann tatsächlich in Windeseile die Wagenkolonne vorbei. Sie taucht aus dem Nichts auf und ist genauso schnell wieder verschwunden. Saß er drin? Keine Ahnung. Ich bilde es mir einfach ganz fest ein. Danach gehe ich zum nächstgelegenen Starbucks, die Blase drückt. Als ich das restroom verlasse, steht direkt vor der Tür ein Schrank von Secret-Service-Agent. Mein Herz rutscht in die Hose, aber alles gut – er muss auch nur mal für kleine Geheimagenten. Die Reden von Barack Obama und Bill Clinton schaue ich mir dann ein paar Straßenblocks entfernt auf dem Hotelbett sitzend im Fernsehen an.
September 2012: Ich sitze im Flieger von San Francisco nach Las Vegas. Doch irgendwann ist irgendetwas komisch. Dann bemerke ich, dass der Wüstenabschnitt unter uns nicht nur immer gleich aussieht – es ist der gleiche. Wir kreiseln. Wir kreiseln schon lange. Irgendwo zwischen Kalifornien und Nevada. Dann kommt eine Durchsage des Kapitäns. Wir könnten leider nicht nach Las Vegas fliegen, denn der gesamte Flughafen sei gesperrt – der Präsident sei in der Stadt und die Air Force One lege den ganzen Airport lahm. Leider hätten wir nicht genügend Sprit an Bord und müssten in XY (irgendein kleines kalifornisches Kaff, dessen Namen mir inzwischen entfallen ist) zwischenlanden, um aufzutanken. Supi. Danke Barack. Ich frage halblaut in die Runde, was er denn in Las Vegas mache, ob er noch seine Wahlkampfkasse aufbessern müsste und sorge damit wenigstens bei meinen Mitreisenden für einen Lacher. Aber dann kommt wieder eine Durchsage – der Flughafen würde wieder freigegeben, wir dürften doch gleich landen. Eine dreiviertel Stunde später sind wir in Las Vegas. Obama ist eben entflogen.
September 2012: Es ist die gleiche Reise, nach Las Vegas steht noch einmal New York an. Wir laufen eines Nachmittags die 6th Avenue in Chelsea entlang, als uns auffällt, dass an den Straßenrändern Absperrungen aufgebaut sind und sich auffällig viele Polizisten tummeln und auffällig wenig Autos fahren. Ich gehe zu einem Officer und frage nach, was denn los sei. Antwort: „Oh, the President is coming.” „Und täglich grüßt das Präsidententier”, denke ich mir. Ob er denn hier entlang fahren würde. Das wisse er nicht, es gebe verschiedene Routen, Ziel sei der 40/40-Club von Jay-Z, wo ein fundraiser mit dessen Gattin Beyonce steigen würde. Na prima. Wir gehen zum Hotel. Kurze Zeit später geht ein Wolkenbruch hernieder