New York City and Me. Cornelia Gräf

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New York City and Me - Cornelia Gräf

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dass ich nun mit ihm mitgehe. Okay, dann halt keine Poster. Wir laufen zur Westseite des Parks. Er fragt mich aus über mein beginnendes Praktikum und über meine Pläne für New York. Wir nehmen ein Taxi zurück nach Hell’s Kitchen. Sein entsetzter Blick als ich den Sicherheitsgurt anlege, ist köstlich. „I’m sorry, I’m German, I have to do this”, entschuldige ich mich. Er kann es nicht fassen. Diese verrückten Ausländer. „Wir gehen jetzt einen Cocktail trinken”, bestimmt Garry dann. Na supi. Mir ist immer noch total schwindelig. Ich vertrage – leider – so gut wie gar keinen Alkohol, das kann ja heiter werden. Er führt mich in die kleine Bar Disiac Lounge, die er mir während der Tour bereits empfohlen hatte. Wir setzen uns in den kleinen, aber umso farbenfroheren Hinterhof, dessen Dekoration orientalisch anmutet. Es ist kurz vor fünf Uhr nachmittags als uns die Cocktails serviert werden. Prosit. Da ich eingeladen werde, kann ich mich schonend daran gewöhnen, dass hier Cocktails in kleinen Longdrink-Gläsern 13 Dollar (plus tip, plus tax) kosten. Wir unterhalten uns. Garry überlegt, wie er mir das Einleben erleichtern könnte und meint, wir sollten uns doch alle ein bis zwei Wochen zum Abendessen treffen, auch wenn er mal mit seiner „Gang” (damit sind unter anderem seine Walking-Tour-Mitarbeiter gemeint, wenn ich das richtig verstehe) unterwegs sei. Die seien dann auch eher in meinem Alter, meint er grinsend. „Ach, kein Problem, ich verbringe meine Zeit seit jeher sehr gerne mit Leuten, die ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel haben als ich.“ Garry strahlt.

      Nachdem wir unseren Cocktail geschlürft haben, verabschiedet sich Garry nach Hause, ich gehe die 55. Straße, in der wir uns befinden, weiter nach Osten. Schließlich hat das Met Museum auch einen Shop beim Rockefeller Center und vielleicht bekomme ich ja doch noch meine Poster. Doch während ich die Straße entlang laufe, merke ich, wie wieder die Beklemmung in mir hochkriecht. Ich versuche, es zu verdrängen. Ich versuche, zu verdrängen, dass ich am Rockefeller Center stehe, wo ich sonst immer freudiges Herzklopfen und Glücksgefühle verspüre und jetzt fühle ich mich wie in Watte verpackt, mir ist immer noch schwindelig, ein dicker Kloß im Hals. Leider gibt es im Shop dann auch nicht alle Poster, die ich mir vorher ausgesucht hatte, aber immerhin die Wasserlilien von Monet, meinem Lieblingsmaler, gehen mit.

      Ich mache, dass ich heimkomme. Um meine Stimmung zu heben, möchte ich ein bisschen TV schauen. Denn leider bin ich, bekennender TV-Junkie, hier fernseherlos. Aber ich probiere nun mal Garrys Tipp mit hulu.com, einer Art riesiger Mediathek. Und siehe da, selbst das Schnecken-WLAN in meinem Apartment ermöglicht mir, immerhin ein bisschen Jimmy Kimmel und Jay Leno zu schauen. Dann schlafe ich ein, in der Hoffnung auf etwas mehr Sonne in der Seele am nächsten Tag.

      Das lebende Voodoo-Püppchen

      Es ist Freitagmorgen. Ich schlage die Augen auf. Oje. Der Hals schmerzt und brennt. Die Nase halb zu. Und auch die Unpässlichkeiten der vergangenen Tage scheinen noch nicht die Flatter gemacht zu haben. Schlecht. Ich koche mir erst einmal einen wärmenden Tee und schaue, was während ich geschlummert habe, so in der Welt vor sich ging und schreibe ein paar E-Mails. Dabei beobachte ich die Uhr genau, denn um 11.00 Uhr sollte ich schleunigst auf die Seite des Madison Square Garden gehen. Denn dann beginnt der Vorverkauf für zwei Elton-John-Konzerte im Dezember. Jetzt bin ich nicht der riiiiesen Elton-John-Fan, aber der spleenige Kerl made in England hat doch ein paar ganz nette Songs und außerdem wollte ich immer gerne mal ein Konzert im MSG besuchen, da kommt das doch gelegen. Ich entscheide mich für eine mittlere Preiskategorie (immer noch teuer genug), lande damit irgendwo hinten oben, aber was soll’s. „Cornelia, you’re going to Elton John!” verkündet das Buchungssystem endlich. Yippie. Muss ich nur hoffen, dass nicht ausgerechnet an diesem Abend irgendein wichtiger Termin auf der Arbeit ansteht. Mal schauen, wen ich noch so alles live erleben werde hier, denn das habe ich mir vorgenommen, auszunutzen, um dann später mal ganz cool fallen zu lassen. „Ach XY? Den habe ich damals in New York gesehen…” Wirklich reizen würde mich ja auch der Dalai Lama, der in drei Wochen im Beacon Theater spricht. Leider sind die Preise für die jetzt noch erhältlichen Karten weder besonders buddhistisch noch christlich, sodass ich darauf hoffe, dass ein bisschen Aura über die ganze Stadt schwappt und ich so etwas davon mitbekomme.

      Nachdem also das Ticket eingesackt ist, mache ich mich fertig zum Gehen. Doch wohin? Ich sollte mal etwas essen, denn gefrühstückt habe ich noch nix und es geht auf Mittag zu. Aber so richtig Appetit habe ich auf keine der tausend Geschmacksrichtungen, die ich hier in New York finden kann. Ich gehe einfach mal los, doch unterwegs merke ich schon wieder wie die Atmung schneller und mir heiß und kalt wird. Meine Güte, so kann das doch nicht weitergehen. Ich beschließe, es mal auf die asiatische Tour zu probieren und fahre nach Chinatown zu Lin‘s Herbal Shop. Ich schildere mein Problem und Lin meint, ich solle am besten mal zum herbalist Frank gehen, der würde sich um mich kümmern. Alles klar. Ich gehe wie mir geheißen zum Ende des langen Geschäfts, wo eine enge steile Treppe in den ersten Stock führt. Hier wiederum stehen ein paar Stühle und ein Tresen und mir wird ein Formular in die Hand gedrückt, das ich ausfüllen soll. Adresse, Krankheiten, Grund des Besuchs. Das Übliche eben. Dann steht ein groß gewachsener Chinese im weißen Arztkittel vor mir und lächelt mich gütig an und bedeutet mir, mitzukommen. In einem winzigen Raum setzt er sich an einen Schreibtisch, ich mich daneben auf einen Stuhl. Er zeigt sich auf das Handgelenk und sagt „Pulse! Pulse!”, ich reiche meine recht Hand, er fühlt konzentriert den Puls. Wahrscheinlich wird er mir gleich meine halbe Lebensgeschichte anhand dessen erzählen können. Er bittet um die linke Hand. Dann noch ein Blick auf die Zunge. Aha. Niere und Leber gehe es nicht gut, sie seien schwach und angespannt, außerdem seien meine Hormone durcheinander. Er würde mir eine Teemischung verschreiben, von der ich jeden Tag morgens und abends jeweils eine halbe Tasse trinken solle. Ich bin zu allem bereit und nicke. Dann will er wissen, ob ich schon einmal Akupunktur bekommen hätte. Vor vielen Jahren, ja. Aha, ja, denn das könne mir noch helfen. Ob ich denn Zeit hätte. Klar, habe ich, klar will ich. Der Doc strahlt und springt vom Stuhl auf und schiebt mich ein Räumchen weiter. Er breitet auf einer Liege ein Stück Papier aus und fordert mich pantomimisch auf, mein Oberteil auszuziehen. Ich setze mich hin und warte. Er kommt zurück: „Laida, laida!” – Wie meinen? Ach hinlegen – „Lie down!” Ich lege mich hin, Kopf nach unten. Und dann spüre ich, wie der asiatische Schamane mich mit Nadeln spickt, das Licht löscht und den Raum verlässt. Ich liege da und versuche mich zu entspannen. Ein warmes Gefühl breitet sich den ganzen Rücken entlang aus. „Krass, wie das wirkt!”, denke ich. Dann erinnere ich mich aber dunkel, dass da neben der Liege eine Wärmelampe stand. Hm. wohl doch nicht so eine Wunderwirkung, aber egal, kann ja noch kommen. Irgendwann klingelt der Wecker, doch niemand erscheint. „Heee, das Hähnchen ist fertig gegrillt!”, möchte ich rufen, denn unter der Heizlampe ist es mittlerweile ganz schön heiß, aber ich bin zu KO und schwach. Dann geht die Tür aber doch auf und mir werden die Nadeln gezogen. Diese seien gegen Kopfweh und Stress, jene für das Immunsystem, und diese beiden wiederum für Leber und Niere gewesen. Aha. Dann sagt er: „Tönoa.” Ich lächle matt. Er wieder: „Tönoa.” Hmmm? Ich fühle mich total verstrahlt, alles dreht sich erst recht. Irgendwann fällt der Groschen. Turn over – auf den Rücken soll ich mich nun legen. Aha, es geht also noch weiter. Und ehe ich mich versehe, habe ich im Bauch und an den Fesseln weitere Nadeln stecken. Na dann. Noch ein paar Minuten still liegen. Ich komme mir vor wie ein lebendes Voodoo-Püppchen. Der Mann weiß sicher, was er tut, beruhige ich mich. Irgendwann ist auch die Zeit vorbei, die Nadeln werden gezogen, ich solle aufstehen und mich anziehen. Leichter gesagt als getan, denn nun ist mir richtig schwindelig. Alles dreht sich. Ich setze mich erst einmal draußen hin und trinke einen Becher Wasser. Der Medizinmann schaut nochmal nach mir, er fängt an verlegen zu kichern und zeigt in mein Gesicht. Ich runzle die Stirn. „Make-up! Bathroom!” sagt er und zeigt um die Ecke. Ein Blick in den Spiegel verrät: Panda-Augen, die ganze Wimperntusche verwischt. Immerhin, sie kümmern sich, denke ich und wische das Schwarze unter meinen Augen weg. Dann hangle ich mich die Treppe in den Verkaufsraum runter, wo schon eine große Tüte mit Teemischung für mich wartet. Ich bezahle und stehe wieder auf der Straße. Hm, die Hoffnung hier wieder wie ein junges Reh rauszuhüpfen, hat sich leider zerschlagen. Aber wer weiß, mit etwas Geduld passiert ja vielleicht doch etwas.

      Ich

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