Die heilige Geometrie der Metatron-Pyramide. Norbert Barthelmess
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Es wurde jeden Tag geübt, anfangs mit Stützrädern und nach und nach brauchte ich sie nicht mehr. Ich schaute aus wie ein Indianer mit Kriegsbemalung durch das Jod und die Pflaster, die auf meinen vielen Auas klebten. Ein paar Wochen später war ich der traurigste Junge in meiner Straße.
Da wo mein Bonanza-Rad stehen sollte, stand es nicht mehr. Es wurde einfach geklaut mitsamt meinem Fuchsschwanz, der beim Fahren so schön hin und her wedelte. Verzweifelt suchten wir es und fanden es aber nicht mehr. Viele Nächte suchte ich mein Fahrrad in meinen Träumen. Ich ging durch fremde Wohnungen, dunkle Gänge und sah viele schauerliche Gestalten. Das war meine erste Erfahrung mit geben und nehmen.
Ich möchte nicht wissen, wie lange meine Mutter dafür gearbeitet hatte, um mir diese Freude zu machen.
Heute hatten wir einen Schulausflug. Wohin das weiss ich nicht mehr. Als ich frühzeitig nach Hause kam und leise die Tür öffnete, schaute ich ins Schlafzimmer rein wo meine Mama vor dem Spiegel stand. Überrascht schaute sie mich an. Als ich einen Blick auf das Bett erhaschen konnte, erschrak ich fürchterlich. Schnell zog Mama das Laken darüber. Ich stand da und konnte das Gesehene nicht begreifen. Was war das? Nachts wollte ich nicht mehr in der Mitte neben Mama schlafen, sondern schlief rechts außen und meine Schwester in der Mitte. Ich lag die ganze Nacht wach und hatte unheimliche Angst. Die Angst frass sich wie ein gefräßiger Virus durch meinen ganzen Körper. In meinen Träumen sah ich Fürchterliches.
Was war das? Heute weiss ich es. Oh Gott warum?
Und meine Aussage trug vielleicht dazu bei.
Diese Zeilen zu schreiben, ist für mich eine grosse Überwindung. Wir hatten damals keinen Psychologen, der diese furchtbare psychische Belastung mit uns aufgearbeitet hätte. Meine Schwester wollte am nächsten Tag wieder außen rechts schlafen. In dieser Nacht hatte ich einen schrecklichen Alptraum. Ich sah meine Mama vor ihrem Spiegel stehen. Der Wind zerzauste ihr langes Haar. Sie sah aus wie eine Leiche - blutleer. Sie griff sich an den Bauch. Ihr Gesicht war verzerrt. Ein lauter Herzschlag war zu hören. Ich sah überall um mich herum Blut fließen und ein Wimmern, das anschwoll zu einem Schrei. Dabei verstummte der Herzschlag im Wind. Im Unterbewusstsein merkte ich etwas Warmes an meiner Hand. Am nächsten Tag als ich aufwachte, wurde mir bewusst als ich meine Hand anschaute, dass ich aus diesem Alptraum so schnell nicht mehr erwachen werde. Vieles davon was ich schreibe, habe ich verdrängt.
Man sah es meiner Mama an, dass es ihr immer schlechter ging.
„Mama, Mama verlass uns nicht!“ sagte meine Schwester und fing an zu weinen. Es schnürte mir meine Kehle zu, als ich meine Schwester so sah. Meine Mama stand da, öffnete ihre Arme und kam auf uns zu, um uns an sich zu drücken. Ich merkte wie sie zitterte und das am ganzen Leib. An diesem Tag sagte meine Mama zu mir sie müsse nochmals weg, würde aber nicht zu lange bleiben, nahm meine kleine Schwester mit und ging. Sie kam lange nicht zurück, so dass ich vor einer verschlossenen Tür stand. Ich machte mir schon Sorgen. In dieser Nacht funkelten die Sterne besonders hell. Und wie ich so die Sterne beobachtete und gedankenverloren in dieses Leuchten eintauchte, flehte ich die Sterne an sie möchten doch meine Mama wieder gesund machen. Macht Sie einfach wieder gesund. Ich versprach ihnen auch immer lieb zu sein. Im Herzen wusste ich Norbert der morgige Tag wird nicht mehr der Gleiche sein. Und so war es. An diesem Morgen kramte sie ein kleines Köfferchen hervor, packte ein paar Sachen von uns ein, nahm uns bei der Hand und sagte zu uns sie müsse für ein paar Tage fort.
Sie müsse uns für ein paar Tage in ein grosses Haus mit vielen Kindern, mit denen man spielen kann, bringen. „Nein Mama, ich mag da nicht hin!“ und versteckte mich hinter dem Sessel. „Komm vor mein Engel, ich komm ja wieder.“ „Nein Du wirst nie mehr
wiederkommen! Nie mehr! Mama, Mama bleib da!“ Es half nichts. Unter Tränen nahm sie uns an der Hand als das Taxi hupte.
Wir fuhren mit dem Taxi zu dem besagten Haus mit den vielen Kindern. Wir gingen zusammen durch eine grosse Eingangstür. Meine Mama redete mit einer Frau, die so eine komische Kutte an hatte. Meine Hand umklammerte ihre Hand. Ich hielt sie so fest und sie tat das gleiche. Festhalten nur festhalten dachte ich, aber es half nichts. Sie bückte sich zu uns herunter. In ein paar Tagen hole ich euch wieder ab. Dabei liefen ihr die Tränen herunter. Ich bettelte und bettelte, sie sollte uns doch wieder mitnehmen. Sie drehte sich um und ging ohne sich mehr umzudrehen aus der Eingangstür heraus und das war’s.
Das waren die letzten Bilder von meiner Mama.
Gott sei Dank habe ich es nicht gewusst. Es stellte sich heraus, dass dieses grosse Haus ein katholisches Waisenhaus war. Meine Schwester und ich bekamen ein kleines Schränkchen für unsere Sachen.
Unsere eigenen Anziehsachen wurden uns weggenommen und gegen fremde getauscht.
Es gab da einen grossen Saal wo wir Kinder zu essen bekamen, die Hausaufgaben gemacht wurden und einen kleineren Raum wo wir von Zeit zu Zeit spielen durften. Das Schlafzimmer musste ich mit drei anderen Leidensgenossen teilen. Jeden Abend wurde das Vater unser gebetet und dann ging es ins Bett. Ab und zu nahm mich eine Schwester bei der Hand und es ging in die hauseigene Kapelle. Ich dachte mir, lange bist du nicht da, denn was hat Mama gesagt? Ich hole euch in ein paar Tagen wieder ab. An diesem Morgen sagten die Schwestern zu uns Kindern: „Wir gehen heute in den Wald um Blaubeeren zu zupfen.
Bevor wir losgingen, nahm mich eine Schwester zur Seite, schaute mir tief in die Augen und sagte mit leiser Stimme: „Eurer Mama geht es nicht gut. Wir müssen für sie beten.“ Wie sie das sagte, verlor ich den Boden unter meinen Füßen. Was sagte sie? Wir müssen beten für sie. Für meine Mama? Als wir in diesem besagten Wald ankamen und wir die Anweisung bekamen, wie man Blaubeeren zupft, ging ich mit meinem Eimerchen abseits der Menschenschar. Meine Gedanken kreisten nur um das eine. Lieber Gott helfe ihr, helfe ihr! Wie ich so heulend da stand und mich an einem Baum festhielt, fing es vom Baum heraus zu schlagen an. Das Schlagen wurde immer lauter. Es hörte sich an wie ein Herzschlag. Ich fing an wie ein Geistesgestörter mit den blossen Händen zu graben . Ich riss mir die Hände auf. Es blutete, aber ich spürte in diesem Moment nichts. Der Herzschlag wurde immer leiser, leiser und leiser. „Oh Mama! Meine Mama! Oh Gott, warum meine Mama?“ Ich schrie es in das aufgewühlte Loch hinein, vermischt mit meinen Tränen. Ich wusste in diesem Augenblick, ich würde meine Mama nie mehr wiedersehen. Ich legte in dieses Loch ein Zweigchen hinein und dachte du wirst immer mein Engelchen bleiben, Mama.
Zu einem späteren Zeitpunkt habe ich erfahren, dass ihre letzten Worte folgende waren: „Passt auf meine Kinder auf!“ Sie starb an einer Abtreibung. Sie bekam eine Blutvergiftung, an der sie qualvoll gestorben ist. Gott vergib ihr!
Auf der Beerdigung unserer Mama nahmen uns Menschen bei der Hand, die wir, meine Schwester und ich noch nie gesehen hatten. Sie führten uns zu einem Raum, wo sie sagten: „Da kannst Du Deine Mama nochmals sehen“. Wie in Trance stand ich da. Es konnte nur ein Alptraum sein. Es ist ein Alptraum, Du wachst auf und alles ist wieder gut. Wir gingen ein paar Schritte und kamen an einen verdunkelten Raum wo mystisch die Kerzen flackerten. „Da ist Deine Mama, schau!“ Ohne hinzuschauen, drehte ich mich heulend herum und schrie: „Nein, das ist nicht mehr meine Mama!“ und lief weg. Nein sagte ich zu mir, das ist nicht mehr meine Mama, die zu mir sagte, mein kleiner Engel ich hab dich lieb. Ich Dich auch, ich hab Dich auch lieb - für immer und ewig.
Danach fuhren wir zu unserer ehemaligen Wohnung. Man versammelte sich im Wohnzimmer. Es wurde geredet und geredet. Man fing an die Schubladen auf- zumachen. Es wurde alles ausgeräumt und fein säuberlich in Säcke gepackt. Sogar unsere