AC/DC und das "erste Mal". Stefan Frädrich
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Und Urangst Nummer drei: die Angst vor sozialer Zurückweisung. Sie haben es sich mit der Gruppe verscherzt und stehen nun ganz alleine da mit dem Säbelzahntiger. Auch nicht so gut … Also: Besser lieb sein zu den anderen und brav nach den Regeln spielen!
Tja, Überraschung! Auch heute noch scheinen uns dieselben Urängste im Griff zu haben:
Wir scheuen so manchen Extraaufwand, auch wenn er vielver-sprechend scheint. Stattdessen geht es lieber pünktlich in den Feierabend – sonst riskieren wir noch das gefürchtete Burnout-Syndrom.
Wir machen lieber alles nach Schema F, so wie es alle tun. Bloß keine Experimente! Besser also, etwas möglichst richtig machen, anstatt „nur“ das Richtige zu tun – so brauchen wir für eventuelle Risiken keine Verantwortung zu übernehmen. Denn: Unternehmerisch denken sollen andere.
Und schließlich: Bloß nicht auffallen durch unangepasste Ideen oder Handlungen, oder durch mutige zwischenmenschliche Experimente! Was würden dazu nur die anderen (Schafe) sagen? Immerhin wissen wir, was die Herde von uns erwartet: Schön brav sein. Und mähen wie der Durchschnitt.
Es scheint demnach so, als sei Schweinehund „Günter“ gar nicht faul, sondern vielmehr ängstlich!
Leider aber sind unsere Urängste heute meist hinderlich: Kaum ein Charakterzug macht ähnlich erfolgreich wie Eigeninitiative und die Bereitschaft zur berühmten „Extrameile“ – in allen Lebensbereichen, ganz besonders aber im Verkauf. Nichts tut eingefahrenen Systemen besser, als der analytische Blick von außen und der Mut, Bestehendes konsequent zu hinterfragen und zu verbessern – trotz der Gefahr, dabei mal Fehler zu machen. Und dass Everybody’s Darling auch meist Everybody’s Depp ist, ist sowieso klar …
Sinnlose Ängste
Außerdem sind die meisten Urängste heute ziemlich unberechtigt: Ehe wir wirklich vor Erschöpfung zusammenbrechen, können wir einen starken Kaffee trinken, uns irgendwo hochkalorisches Fast Food reinziehen oder erst mal in der kuscheligen Sicherheit unseres Schlafzimmers eine Runde pennen. Und ehe wir wegen einzelner Fehler unser Dach überm Kopf verlieren, greifen erst noch ein paar Sicherungssysteme: Wir können Fehler korrigieren, uns entschuldigen, alles in Ruhe besprechen, Neuanfänge starten, woanders kompensieren, vor Gericht ziehen, uns Arbeitsunfähigkeit oder sogar Unzurechnungsfähigkeit bescheinigen lassen – und zur Not gibt es ja noch Hartz IV. Auch die Zeiten, in denen man Menschen wegen sozialer Unangepasstheit am Pranger mit faulen Tomaten beworfen hat, sind bei uns auch schon eine Weile her (allenfalls in manchen Online-Foren lassen sich noch Regressionen in frühere Entwicklungsstufen beobachten). Wovor zum Teufel haben wir also noch Angst?
Nun könnte man Angst als eine Art hirninternes Präventionsprogramm verstehen: Besser Vorsorge als Nachsorge. Ja, stimmt schon. Nur lässt das einen weiteren wichtigen Aspekt außer Acht: das tatsächliche Risiko! Anstatt Risiken nämlich möglichst objektiv zu betrachten, sich also zu fragen „Was riskiere ich wirklich?“, orientieren wir uns steinzeitmäßig an den vermeintlich sicheren Grenzen unserer Routinen. Nur so lässt sich erklären, dass wir zwar sehenden Auges in Pleiten hineinschlittern oder in vollstem Bewusstsein Lungenkrebs riskieren können, mutige Kaltakquise oder einen simplen Rauchstopp aber für unerhört riskant halten: „Was könnte uns da alles passieren? Besser bleiben lassen!“ Dabei erweisen sich die meisten Befürchtungen ja im Nachhinein als unbegründet, wenn man mal seinen inneren Schweinehund überwunden hat und aktiv geworden ist. Ach, so schlimm war es damals gar nicht mit der Führerscheinprüfung, Ihrem Vorstellungsgespräch oder dem Heiratsantrag an Ihre Liebste? Hätten Sie das mal vorher gewusst …
Ängstliche Neurotiker
Was übrigens daraus werden kann, wenn wir es mit unserem Steinzeitprogramm übertreiben, zeigen heute ganz „normale“ Neurotiker. Wenn wir die lästigen Urängste nämlich besonders akribisch in die Jetzt-Zeit übertragen, werden daraus garantiert unerfüllbare Ansprüche. Und die machen einem selbst und der unmittelbaren Umgebung das Leben schwer.
Zum Beispiel: „Alles was ich tue, muss leicht und einfach gehen!“ Kennen Sie Typen, die nach diesem Motto leben? Meist handelt es sich dabei ja um Prototypen echter Loser: „Wie? Sich für Erfolg anstrengen? Ich? Wieso? Das ist aber ungerecht!“
Oder der Anspruch: „Ich muss immer Erfolg haben!“ Ja, freilich. Und wenn es mal nicht gleich klappt mit dem Erfolg, geht dann alles den Bach runter? Ist man ein schlechter Mensch, wenn man erst mal eine Weile tüftelt? Einer zweiter Klasse? Ein Risiko für die restliche Menschheit? Ein Aus-gestoßener? Also besser immer brav im sicheren Bereich leben? Schwachsinn …
Auch sehr beliebt ist ja der Anspruch: „Alle Menschen müssen mich mögen!“ Schließlich hat uns schon die Mama damals für sozial erwünschtes Verhalten belohnt („Brav, Günter, brav!“) und für unerwünschtes bestraft („Böse, Günter, böse!“). Was liegt da näher, als dieses Muster auch in die Erwachsenenzeit zu retten? „Mag mich mein Chef/Kunde/Team wirklich? Warum bin ich so lange nicht mehr gelobt worden? Was mache ich falsch?“ Und während Günter sich heimlich nach Mama und Papa sehnt, spielt der erwachsene Vertriebsmitarbeiter vorauseilenden Gehorsam und kultiviert seine Hemmungen. Er will doch nur nett sein, der arme Neurotiker …
So gesehen: Wie viele typische „Schweinehunde“-Situationen sind in der täglichen Businesspraxis denkbar, die Erfolg sabotieren? Verdammt viele! Und wenn wir es nicht selbst sind, die ein größeres Angst-Paket mit sich herumschleppen, geht sicher trotzdem jemandem im Team die Düse! Vielleicht der Call-Center-Mitarbeiterin, die sich nicht traut, Vorgesetzte auf Systemfehler aufmerksam zu machen? Oder dem freien Handelsvertreter, dem die neue Vertriebssteuerungssoftware suspekt ist und er sie daraufhin boykottiert? Oder auch dem Social-Network-Meister, der Probleme hat, sich zu organisieren, weil er mehr Zeit online verbringt als beim Verkaufen – schließlich will er seine zahlreichen Kontakte nicht verprellen… Willkommen im ängstlichen Mittelmaß der verschenkten Chancen!
Soziale Hemmung: „Das geht sowieso nicht!“
Ein besonders schönes Beispiel für soziale Gehemmtheit hat Bestsellerautor Timothy Ferris in seinem Buch „Die 4-Stunde-Woche“ beschrieben. Er gab einer 20-köpfigen Gruppe hochqualifizierter Studenten die Aufgabe, mindestens drei Prominente zu kontaktieren und sie dazu zu bringen, ihnen ein paar Fragen zu beantworten. Als Preis für den besten Promi-Akquisiteur stellte er eine Flugreise in Aussicht.
Das Ergebnis: Von den 20 Studenten versuchte kein einziger, die Aufgabe zu lösen! Die Gründe: „Das klappt sowieso nicht!“, „Die anderen werden besser sein als ich – wozu sich also anstrengen?“ und so weiter. Schweinehund-Sprüche eben. Und als er dieselbe Aufgaben ein Jahr später der nachfolgenden Studentengruppe stellte, diese aber vorher über das desaströse Ergebnis ihrer Vorgänger ins Bild setze, gingen immerhin sechs Todesmutige das Risiko ein, sich einen Promi-Korb zu holen – und waren allesamt überrascht, wie leicht es unterm Strich war, ans Ziel zu kommen.
Systematische Desensibilisierung: Einfach mal machen!
Also: Was können uns diese und etliche andere Beispiele aus dem täglichen (Business-)Leben lehren? Dass es meist erst nur darum geht, überhaupt mal aktiv zu werden! Darum, zu handeln, statt zu zaudern. Denn wenn keiner bereit ist, durch offene Türen in Richtung Erfolg zu gehen, braucht sich auch niemand zu wundern, wenn sich das breite Mittelfeld gegenseitig das Wasser abgräbt, während ein par Mutige bequem auf Wolke Sieben lümmeln.
Wie aber kriegen wir unsere (Business-)Ängste in den Griff? Indem wir sie behandeln wie lästige, unsinnige, überflüssige,