SOS - Deutsche Seeleute in Not. Fred Rockstroh
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Und Flaggenwechsel zwischen den EU Mitgliedsstaaten gehört zur Tagesordnung, gerade im Jahr 2015. Oder ist das Ausflaggen von Schiffen unter deutscher Flagge und Umflaggen in portugiesische, maltesische und zypriotische Flagge kein Flaggenwechsel zwischen Mitgliedsstaaten? Hat der Autor den Austritt dieser Länder aus der EU nicht mitbekommen? Das ist praktizierte Normalität, das hat aber alles nichts mit Subventionswettbewerb zu tun, sondern ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit. So die Interpretation des VDR. Was glaubt der VDR, was Wirtschaftlichkeit stimuliert? Richtig - staatliche Beihilfen und Steuererleichterungen von Flaggenstaaten, deren Beibehaltung er mit Vehemenz fordert und sogar noch am Beispiel Deutschlands erweitert sehen möchte. Jegliche andere Deutung ist eine fehlgeleitete Diskussion.
Ausbildung und Sozialstandards für deutsche /EU Seeleute – ja. Aber bitte nur die Erfüllung von Mindeststandards. Die Begründung dafür wird gleich mitgeliefert in nachfolgendem Zitat:
„Überzogene Arbeitsschutz- und Sozialstandards allerdings würden zu weniger anstelle von mehr Beschäftigung in der EU führen. Es ist sehr wichtig, keine strengeren Anforderungen an die Ausbildung oder Fortbildung von europäischen Seeleuten oder im Zusammenhang mit EU-Flaggen zu stellen, sondern die in den Seeverkehrsleitlinien enthaltene Flexibilität zu erhalten.“
(Quelle: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2012_maritime_transport/gsa_de.pdf - VDR Antwort, 2012, Seite 63)
Deswegen sind es gerade deutsche Schifffahrtsunternehmen, der VDR e.V. und Ver.di die deutscher maritimer Fachschulausbildung das Wort reden, die in Deutschland so gut wie nicht selbst ausbilden, die im großen Stil in Asien Ausbildungszentren für Seeleute aller Dienstgrade aus der 3. Welt aus dem Boden stampften und deren Ausbildungsstandards genau an die Mindestanforderungen der STCW 95 ausgerichtet sind. Insofern muss die Einführung von STCW 95 und den Manila Amendements von 2010 in einem ganz anderen Licht gesehen werden.
Ziel soll es sein, dass die Kosten der Ausbildung minimiert werden und Mindestanforderungen zu erfüllen, um selbständiges logisches und Zusammenhänge erkennendes Wissen, Denken und Handeln soweit wie möglich einzuschränken und somit kritische Fragestellungen des Führungspersonals an Bord zu umgehen. Eine hochwertige Ausbildung erzeugt genau das vom Management nicht gewollte Gegenteil. Das Ziel soll sein die Schiffsführung in die absolute Abhängigkeit und Hörigkeit des Managements einzubinden. Wie gut das funktioniert, ist an asiatischem Führungspersonal an Bord zu sehen, die schwer in der Lage sind sich diesem offiziellen Anliegen zu entziehen. Ein hohes Maß an Selbst- und Eigenständigkeit in den Entscheidungen als Schiffsführung ist bei genauer Betrachtung nicht mehr erwünscht. Das ist keine Kritik an den asiatischen Seeleuten, sondern am eigens dafür von den Schiffseignern etablierten System. Der Autor selbst hat erlebt, wie Technische Inspektoren die Entscheidungen des Kapitäns massiv zu beeinflussen versuchten, mit der interessanten Feststellung, dass der Kapitän davon sowieso keine Ahnung hätte. Leider war diesen Herren allerdings nicht geläufig, dass sie es auch mit Kapitänen zu tun hatten, die sich nicht aus Alibigründen mit dem akademischen Titel eines Diplom Ingenieurs „schmücken“ durften, sondern auch eine entsprechende ingenieurtechnische Hochschulqualifikation besaßen, die zum Tragen des Titels berechtigte.
Eine ebenfalls interessante Feststellung des VDR e.V. ist der Hinweis, dass die maritime Ausbildungsförderung der Bundesregierung für angehende deutsche Seeleute in Deutschland nur einen Teil der Ausbildungsplatzkosten kompensiert
Das ist wirklich unerhört, dass deutsche Schifffahrtsunternehmen so gravierend benachteiligt werden. Doch lassen wir den Sarkasmus beiseite und beschränken uns auf das Wesentliche:
Anders herum gelesen bedeutet es, dass der VDR e.V. und die Schiffseigner/ Reeder feststellen und beklagen, dass ihnen die Ausbildungsplatzkosten nicht zu 100 % vom deutschen Staat finanziert werden. Eine solche Feststellung muss schon als Affront für alle die Unternehmen in der deutschen Wirtschaft gesehen werden, die es doch tatsächlich fertig bringen ihren beruflichen Nachwuchs mit eigenen Mitteln des Unternehmens auszubilden. In nachfolgenden Kapiteln verdeutlichen die Übersichten über die Förderrichtlinien des Bundes, wie spendabel der deutsche Staat mittels deutscher Steuerzahler den Schiffseignern/ Managementgesellschaften in der Ausbildung unter die Arme greift. Der Begriff Eigenverantwortung deutscher Schifffahrtsunternehmen für den eigenen deutschen maritimen beruflichen Nachwuchs an Bord scheint abhanden gekommen zu sein.
Der VDR e.V. formuliert seine Ziele in seiner Stellungnahme wie folgt:
(Quelle: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2012_maritime_transport/gsa_de.pdf - VDR Antwort, 2012, Seite 1 ff)
„- unternehmerische Positionen in der Politik zu stärken
- ein wettbewerbsorientiertes Umfeld zu fordern
- die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen am Standort Deutschland zu fordern
- der sozialen Marktwirtschaft in der Seeschifffahrt zum Erfolg zu verhelfen
- eine Handelsflotte unter deutscher Flagge zu fordern
- die Wettbewerbsfähigkeit der Reedereien zu erhalten und zu verbessern
- zukunftsorientierte Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten
- ein effizientes, attraktives Bildungssystem zu erhalten und fortzuentwickeln
- die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis zu stärken
- für ein leistungsfähiges, kostenorientiertes Sozialsystem einzutreten
- Schiffs- und Umweltsicherheit im internationalen Rahmen zu fordern
- unternehmerische Handlungsfreiheiten auf den Weltmärkten zu erhalten
- die Verantwortung der Reedereien für das Gemeinwesen zu verdeutlichen.“
Dieses Sammelsurium an Zielen lesen, wirken lassen und dann mit der Wirklichkeit vergleichen.
Und wir können feststellen, dass sich mehrere Ziele komplett ausschließen, auch im Jahre 2012.
Wenn wir die Gedanken weiter schweifen lassen in das Jahr 2015, dann wird erkennbar, dass mehrere Ziele inzwischen unerreichbar geworden sind. Denn wer im großen Stil Schiffe unter deutscher Flagge ausflaggt und unter ausländische Flagge bringt, damit eine große Anzahl deutscher Seeleute auf die Straße wirft und somit deren Sozialbeiträge dem deutschen Sozialsystem entzogen werden, ist sehr weit entfernt tatsächlich eine starke deutsche Handelsflotte unter deutscher Flagge zu fordern, sowie über soziale Marktwirtschaft und zukunftsorientierte Arbeitsplätze schwadronieren zu können.
Wer mittelmäßige Bildung und Ausbildung in der Seeschifffahrt zur Agenda erhebt, wie im o.g. Zitat wiedergegeben, weil sie einzig als Kostenfaktor betrachtet wird, ist Lichtjahre davon entfernt über effiziente und attraktive Bildungssysteme zu diskutieren, dafür fehlt ihm jedes Verständnis.
Wer von einem leistungsfähigen und kostenorientierten Sozialsystem spricht und dabei nur seine eigenen Interessen meint, wie die 100 % ige Erstattung der Lohnnebenkosten des Arbeitgebers und die Auffassung vertritt das Arbeitsschutz-