Was glaubst du?. Mittelbayerische Zeitung
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In der Pubertät kommen Zweifel
Sie erzählt zuerst von ihren Eltern. Reimer ist in Irlach – einem Dorf bei Wackersdorf mit „mehr Kühen als Menschen“ – aufgewachsen. Ein Bruder ist bei den Domspatzen. Reimer und ihre Geschwister wurden christlich-katholisch erzogen. Reimer hat als Kind gelernt, wie und was man betet. Sonntags ging die Familie in die Kirche. An Weihnachten führten die Kinder für eine Gruppe an Multipler Sklerose erkrankter Menschen ein Krippenspiel auf. Mit der Pubertät kamen die Zweifel. Warum sonntags so früh aufstehen, um zur Messe zu gehen? Während eines Austauschjahres in Valencia bemerkte Reimer, wie erfüllend der Kirchgang für sie ist, wie sie darin Kraft schöpft. Für sie steht fest: Der Glaube bereichert mich. Reimer will das Christsein im Alltag leben. Aber das bedeute nicht, dass sie ständig über ihren Glauben spreche oder gar alle anderen bekehren wolle, erklärt sie. Sie nimmt sich kleine Dinge vor, wie beispielsweise ihre Mitmenschen auf dem Weg zur Universität in der U-Bahn auch einmal anzulächeln oder bei Prüfungen nicht abzuschreiben. Im vergangenen Semester machte Reimer ein Praktikum bei der Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Erzdiözese München, wo jedermann kostenfrei Hilfe bekommt. „Ich fand das sehr schön zu sehen, dass die Kirche für jeden ganz konkreten Einzelfall wirklich da ist und Hilfe anbietet“, erinnert sich die 21-Jährige.
Die Apostulatsbewegung Regnum Christi versuche durch ein konkretes Angebot, andere Menschen einzuladen, erklärt Reimer. Sie selbst engagiert sich in dem Projekt mit dem Titel „Looking Good – inside & out“ für Mädchen zwischen elf und 16 Jahren. Die Gruppe, die sie leitet, trifft sich an sechs Wochenenden im Jahr. Das Ziel: Die jungen Mädchen sollen zu starken Persönlichkeiten heranwachsen, heißt es auf der Homepage von Regnum Christi. „Das Projekt ist offen für alle“, betont Reimer. „Nicht nur für katholische Jugendliche.“ Die Pubertät sei eine Zeit voller Unsicherheit. Den Mädchen will sie vermitteln, dass sie wertvoll sind. Das Themenangebot fuße auf dem christlichen Menschenbild.
Flashmob in der Fußgängerzone
Die Mädchen machen einen Schminkkurs, sprechen über Schönheit und was einen Menschen einzigartig macht. Mit den Teilnehmerinnen hat Reimer vor kurzem einen Tanz einstudiert. „Weil sich die Mädchen das gewünscht haben“, erzählt Reimer. „haben wir einen Flashmob in der Regensburger Fußgängerzone gemacht.“ Ein Riesenerfolg, denn die Nervosität der Mädchen vor der Aktion schlug in Euphorie um, als Passanten positiv reagierten.
In der Gruppe wird aber auch über Themen wie den Umgang mit sozialen Medien gesprochen. An einem Wochenende ist ein Psychotherapeut eingeladen, der über Magersucht aufklärt, wie Reimer ausführt. Als das Programm vor sieben Jahre startete, waren Mütter die Gruppenleiterinnen, auch ihre eigene, erzählt sie weiter. Aber es habe sich herausgestellt, dass es besser sei, wenn junge Frauen diese Rolle übernehmen. „Sie sind näher dran an den Problemen der Jugendlichen und wissen, was sie interessiert.“
Dass sie sich bei Regnum Christi engagiert, will Reimer gar nicht so herausstellen. „Zuerst bin ich ja ein ganz normaler Christ“, sagt sie. Bei der Aufnahme ins Regnum Christi sprach sie ein Gebet und bekam eine Bibel und ein Kreuz. Für Reimer ist das Leben im Glauben selbstverständlich. „Ich versuche die Beziehung zu Gott aufrecht zu erhalten“, führt sie aus. Dass sie bei Regnum Christi sei, bedeute auch nicht, dass sie sich, wenn sie Rat suche, ausschließlich an einen Priester wende, der zu den Legionären Christi gehört. Das ist die Ordensgemeinschaft, zu deren Kongregation die Laienbewegung Regnum Christi zählt.
Reformen nach Missbrauchsfällen
Wer im Internet nach Informationen über die Legionäre Christi sucht, stößt auf Bericht über Missbrauchsvorwürfe. Das Regnum Christi ist eine neue geistliche Gemeinschaft in der katholischen Kirche. Zur geistlichen Familie des Regnum Christi gehört die Ordensgemeinschaft der Legionäre Christi, die 1941 in Mexiko gegründet wurde. Seit 1989 wirkt die Ordensgemeinschaft auch in Deutschland. 2009 ordnete Papst Benedikt XVI. eine Untersuchung an, nachdem ein Doppelleben des Gründers der Gemeinschaft und schwere persönliche moralische Verfehlungen bekannt geworden waren. Bis zum Februar 2014 begleitete ein päpstlicher Delegat die Gemeinschaft auf dem Weg der Erneuerung. Dieser fand Ende Februar dieses Jahres einen Abschluss mit einem Außerordentlichen Generalkapitel und der Wahl einer neuen Ordensleitung, die von Papst Franziskus bestätigt wurde. Die Gemeinschaft hat sich vom Verhalten des Gründers deutlich distanziert und mehrmals öffentlich um Entschuldigung gebeten.
Reimer kennt diese Berichte. Sie verweist auf die Bemühungen um Reformen. Aber was macht sie so sicher in ihrem Glauben? Hat sie nie Zweifel? Reimer wird kurz still, sie überlegt. Natürlich treten immer wieder Fragen auf, aber richtige Zweifel habe sie eigentlich nie, antwortet die 21-Jährige. Es gebe einen Satz, der es gut auf den Punkt bringe. Er lautet: „Gott ist die Liebe.“ Daran glaubt Reimer ganz fest.
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