Dies Herz, das dir gehört. Ханс Фаллада

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Dies Herz, das dir gehört - Ханс Фаллада

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öffnen wird, dem er erst auseinandersetzen muß, daß er der Sohn des Hauses ist, die ihm vielleicht nicht einmal Glauben schenkt, sondern vor der Tür der Villa stehenläßt, bis sie den Bruder geweckt hat – das macht ihn so unschlüssig! Er steht auf der Auffahrt, hat die Hand zur Klingel erhoben und wagt doch nicht zu klingeln.

      Da zittert ein Lichtschein über diese Hand, über die Klingel, über die Hausfassade. Das Summen eines Motors wird vernehmbar – rasch tritt Johannes Wiebe in den dunkelsten Schatten hinter einen der Oleanderkübel. Vielleicht ist es die Mutter, die von ihrer Reise zurückkehrt! Das wäre schön!

      Aber es ist der Bruder, der aus dem Wagen steigt. Ganz nahe sieht Johannes im Halbdunkeln die vertraute Gestalt, die ihm noch fetter geworden scheint. Der Bruder klappert mit Geld, wortlos, der Taxichauffeur sagt auch nichts, sondern fährt sofort wieder ab.

      ›Also ist er noch immer nicht üppiger mit Trinkgeldern geworden‹, denkt Johannes Wiebe, der sich oft über die kleinliche Knauserei ebendieses Bruders geärgert hat, dem Geld für die Bedürfnisse der eigenen Person nie knapp war.

      Nun klappert der Bruder mit Schlüsseln. Johannes kann sein Gesicht nicht erkennen, aber er merkt schon, der Bruder hat trotz seiner aufrechten Haltung schwer geladen. Er merkt es an dem Schnaufen des Verfetteten, er hört es aus den leisen Flüchen, die des Bruders Versuche begleiten, den Schlüssel ins Schloß zu führen.

      Jetzt ertönt ein lauter Fluch, denn mit lautem Klappern fallen die Schlüssel auf die Steinstufen.

      Es wäre vielleicht an der Zeit für den jüngeren Bruder, sich dem älteren hilfreich zu zeigen, aber er will nicht. Es will nicht in ihm. Er hat einen Schritt hinter seinem Kübel hervor getan, aber dann ist er stehengeblieben und sieht mit einer Mischung von Neugier und Ekel dem Bruder zu, der sich schwerfällig hinhockt und mit den Händen auf dem Boden herumtastet. Aber er findet die Schlüssel nicht, er richtet sich schnaufend wieder auf und stampft ärgerlich mit den Füßen auf.

      Er stößt dabei gegen die Schlüssel, die nun laut klappernd von Stufe zu Stufe fallen, bis sie auf dem Kies der Auffahrt, zwei Schritte von Johannes, liegenbleiben.

      »Oh, verdammt, verdammt, verdammt!« flucht Bruder Thomas.

      Bruder Johannes steht atemlos still. Kommt jetzt der Bruder …?

      Aber der Bruder kommt nicht. Er hat die Suche nach den Schlüsseln als aussichtslos aufgegeben, er drückt energisch den Klingelknopf, und als ihm nach einer Viertelminute noch nicht geöffnet ist, klingelt er fluchend und ausdauernd weiter. Er nimmt den Finger gar nicht erst wieder von der Klingel! Man hört ihr gellendes, nicht aufhörendes Geschrei durch das ganze Haus.

      ›Mutter ist bestimmt nicht da!‹, denkt Johannes verzweifelt. ›Vor Mutter hat er sich doch immer ein bißchen in acht genommen …‹

      Oben geht ein Fenster auf, und eine verschlafene weibliche Stimme fragt: »Wer ist denn da?«

      Thomas Wiebe schreit: »Zum Donnerwetter, könnt ihr denn nicht aufmachen?! Sitzt ihr auf euern Ohren?! Seit drei Stunden stehe ich hier schon!«

      »Ich komme sofort, gnädiger Herr«, sagt die Stimme, und das Fenster oben wird hell.

      Und wirklich ist sie in kaum zwei Minuten unten. Die große Bogenlampe über der Auffahrt wird hell, und während nun die Kette klappert, die Schlösser knacken, hat Johannes Zeit, seinen Bruder in vollem Licht zu betrachten.

      Nein, er hat sich nicht verändert, wenigstens nicht zum Guten, der Bruder Thomas! Wie er dasteht mit seinem Abendmantel über dem Frack, untadelig angezogen, trotz schwerer Angetrunkenheit auch in der Haltung untadelig, sieht er eigentlich, trotz stärkerer Fülle, gar nicht unangenehm aus. Aber man muß dies Gesicht sehen, nicht nur verfettet, sondern gedunsen, den zu vollen, gierigen Mund und dazu die kalten, bösen Augen – nein, Thomas, du bist noch immer kein Bruder, zu dem sich’s leicht zurückkehrt!

      Das Mädchen steht in der Tür. Es ist noch immer das ältere, ein wenig säuerliche Mädchen, übrigens Bertha gerufen, das Johannes kennt, das zuverlässige Faktotum seiner Mutter, das Grab aller Familiengeheimnisse. Aber wie sie jetzt zu ihrem Herrn »Bitte sehr, gnädiger Herr« sagt und ihm die Tür freigibt, klingt ihr Ton gar nicht so säuerlich, sondern eigentlich ganz wohlwollend.

      Aber ihr Herr ist noch nicht geneigt einzutreten. Vielleicht wird es ihm – aus den Dünsten des Alkohols heraus – schwer, sie zu erkennen. Er starrt sie an, dann fragt er mit etwas schwerer Zunge: »Bertha, du bist doch Bertha, was?«

      »Jawohl, ich bin Bertha, gnädiger Herr«, antwortet das Mädchen, und ihr Ton wird immer vergnügter. »Und entschuldigen Sie, gnädiger Herr, ich habe so schnell gemacht, wie ich irgend konnte, darum bin ich nicht ordentlich angezogen.«

      Thomas Wiebe versucht zu erkennen, wieso die Gestalt vor ihm nicht ordentlich angezogen ist.

      »Bertha, Mädchen«, sagt er dann schwerfällig, »ich habe dir schon hundertmal gesagt, daß du schöne Beine hast, du mußt mich bloß nicht immer darauf stoßen. Mama zu Hause?«

      »Nein, gnädiger Herr. Aber die gnädige Frau hat angerufen, der junge Herr ist auch mit dem Dampfer nicht gekommen. Sie wartet noch den nächsten ab.«

      »Da kann sie lange warten, Bertha, Mädchen, ich sage dir, der kommt überhaupt nicht, der verjuxt das Geld lieber drüben. Der führt die alte Dame an der Nase rum.«

      »Glauben Sie wirklich, gnädiger Herr?«

      »Na, ist doch klar! Der hat noch nie arbeiten gemocht! Ich hab doch einen von Pinkertons Leuten ein paar Wochen hinter ihm gehabt, drei Tage da, eine Woche hier, nichts richtig angefangen, und nun will er sich wieder bei uns vollfressen, der Nichtstuer! Na, wir werden ihn schon kriegen, was, wir werden ihn zwiebeln, wie, Berthachen, Mädchen?«

      »Gewiß, das können Sie, gnädiger Herr!«

      »Und ob ich das kann! Ich werd Mutter schon zeigen, wieviel ihr Lieblingsjunge wert ist, der Nichtstuer und Nichtskönner! Da soll ihm alle Anstellerei und Gefühlsduselei nichts helfen!«

      »Wollen Sie nicht hereinkommen, gnädiger Herr? Es ist so kalt hier draußen, und ich habe fast nichts an. Ich mach Ihnen noch was Warmes …«

      »Ja, du machst mir noch was Warmes, Berthachen! Ich komm jetzt rein. Halt, Berthachen, da war noch was … Ich hab noch was vergessen …« Er grübelt, dann fällt es ihm ein: »Die Schlüssel! Die sind mir eben die Treppe runtergefallen, da drüben bei dem Oleander müssen sie liegen.«

      Er dreht sich schwerfällig um.

      »Ich hol sie, gnädiger Herr! Bemühen Sie sich nicht!« ruft das Mädchen und läuft die Treppe herab.

      Als das Mädchen auf ihn zuläuft, fällt die Erstarrung, die Johannes Wiebe an seinem Platz festhielt, ab. Er hebt die Schlüssel auf – Bertha bleibt erschrocken vor dem dunklen Mann stehen –, wirft sie seinem Bruder vor die Füße und schreit: »Da hast du deine Schlüssel – ich will sie nie haben! Nie! Nie!« Und damit rennt er wie gejagt die Auffahrt hinunter, in den dunklen Garten, immer weiter, auf die Straße hinaus, immer weiter, immer weiter …

      »Nee, so was!« sagt der Betrunkene verblüfft zu Bertha. »Hat das Jungchen hier gestanden und sich alles angehört!« Er überlegt sich den Fall und lacht dann: »Auch nicht weiter schlimm! Weiß er wenigstens gleich, was wir von ihm denken!«

      »Wenn er es aber der gnädigen Frau erzählt?«

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