Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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thun würde, ob er sie wirklich und wahrhaftig liebe. Er schwor, er liebe sie mehr als irgend ein Weib auf Erden. Und er sprach die Wahrheit.

      Als dieser Liebesrausch einen Monat gewährt hatte, veranlaßten Trejago die Ansprüche seines Tageslebens, einer Dame seiner Bekanntschaft den Hof zu machen. Es ist eine einfache Thatsache, daß etwas derartiges in den indischen Städten nicht nur von den Rassengenossen des Mannes beachtet und besprochen, sondern auch in weiten Kreisen der Einheimischen mit Interesse verfolgt wird. Trejago hatte seine Umworbene zu begleiten und am Musikstand vor aller Augen sich mit ihr zu unterhalten, auch hin und wieder mit ihr auszufahren. Aber nie kam es ihm in den Sinn, daß dadurch sein ihm viel werteres Sonderleben berührt werden könnte. Doch die Neuigkeit flog, wer kann sagen wie, von Mund zu Mund, bis Bisesas treue Alte davon hörte und es ihr erzählte. Die Aufregung der Armen war so groß, daß sie ihre gewöhnlichen Haushaltungsgeschäfte versäumte und dafür von Durga Charans Weib Schläge erhielt.

      Trejagos Werben dauerte noch keine Woche, so machte ihm Bisesa wegen seiner Untreue Vorwürfe. Sie wußte nichts von Verstellung und sprach gerade heraus. Trejago lachte, und Bisesa stampfte mit ihren Füßchen – Füßchen, hell wie Ringelblumen, und so zierlich, daß ein Mann sie auf einer Hand halten konnte.

      Was man von orientalischer ungestümer Leidenschaftlichkeit erzählt hat, ist vielfach übertrieben und urteilslos aus trüber Quelle geschöpft, aber etwas ist doch daran, und stößt ein Europäer auf dieses Etwas, so wirkt es nicht weniger erschütternd als starke Leidenschaft in unserm europäischen Leben. In höchster Erregung drohte Bisesa, als der erste Sturm der Wut ausgetobt hatte, sie werde sich das Leben nehmen, wenn Trejago nicht augenblicklich die fremde memsahib[2], die zwischen sie getreten sei, aufgebe. Trejago wollte erklären und ihr zeigen, sie verstehe von diesen Dingen nach europäischen Begriffen nichts. Bisesa richtete sich auf und sagte nur:

      Nein, ich weiß nichts davon. Aber das eine weiß ich: es ist nicht gut, daß ich dich, sahib, mir teurer werden ließ als mein eigenes Herz. Du bist ein Europäer. Ich bin nur ein schwarzes Mädchen – sie war lichter als geprägtes Gold – und die Witwe eines schwarzen Mannes.

      Dann fuhr sie schluchzend fort: Aber, bei meiner Seele und bei meiner Mutter Seele, ich liebe dich. Dir soll kein Leid geschehen, was mir auch widerfahren mag.

      Trejago suchte sie mit allen erdenkbaren Vernunftgründen zu beruhigen, aber ihre Aufregung wollte nicht weichen. Nur eins verlangte sie immer wieder: es müßten fortan alle Beziehungen zwischen ihnen aufhören, und er sollte sie sofort verlassen. Und er ging. Als er sich aus der Fensteröffnung niederließ, küßte sie ihn noch zweimal auf die Stirn, und er wanderte, in Sinnen verloren, heim.

      Eine Woche und drei weitere Wochen vergingen ohne ein Zeichen von Bisesa. Trejago meinte, der Bruch hätte gerade lange genug gedauert, und ging, zum fünften Male in den drei Wochen, in Amir Nath's Gasse, in der Hoffnung, er werde nicht vergebens an das Eisengitter klopfen. Seine Hoffnung wurde erfüllt.

      Es war gerade Vollmond, und ein Strom von Licht ergoß sich in die Gasse und auf das Gitter, das bei seinem Klopfen weggezogen wurde. Aus dem tiefen Dunkel streckte Bisesa ihre Arme in das Mondlicht aus: Beide Hände waren an den Gelenken abgeschnitten, und die Stümpfe noch nicht verheilt.

      Und wahrend Bisesa schluchzend ihr süßes Antlitz zwischen die Arme neigte, stieß jemand im Zimmer ein Grunzen aus wie ein wildes Tier, und etwas Scharfes – Messer, Schwert oder Speer – fuhr gegen den in die burka gehüllten Trejago. Der Streich fehlte seine Brust, durchschnitt aber eine Muskel in der Hüfte, eine Wunde, von der ihm sein Leben lang ein leichtes Hinken blieb.

.

      Das Gitter wurde wieder an seinen Platz gefügt, und kein äußeres Zeichen gab mehr Kunde von dem, was innerhalb des Hauses lebte, nichts war mehr sichtbar als der Mondlichtstreifen an der hohen Mauer und daneben die Finsternis der engen Gasse.

      Das Nächste, woran sich Trejago, der wie toll zwischen den erbarmungslosen Mauern raste und schrie, erinnert, ist, daß er sich bei Anbruch der Dämmerung nahe beim Fluß befand, seine burka von sich warf und barhäuptig heimging.

      Wie und warum das Schreckliche geschah – ob Bisesa in sinnloser Verzweiflung selbst alles enthüllt hatte, oder ob man hinter das Geheimnis gekommen war und sie gemartert hatte, bis sie es bekannte; ob Durga Charan seinen Namen erfahren hatte, und was aus Bisesa geworden ist – davon weiß Trejago noch heute nichts. Der Gedanke an das Gräßliche, Unbekannte, das sich ereignet hat, kommt ihm manchmal in der Nacht und läßt ihn schlaflos bis zum Morgen. Besonders merkwürdig erscheint, daß er gar nicht weiß, wo die Vorderseite von Durga Charans Hause ist. Vielleicht führt es in einen mehreren Häusern gemeinsamen Vorhof, vielleicht liegt es auch hinter einem der Thore in der Straße, von der Amir Nath's Gasse abgeht, Trejago kann's nicht sagen. Er kann Bisesa – die arme kleine Bisesa – nicht wieder finden. Sie ist für ihn verloren im Labyrinth der Stadt, wo jedermanns Haus so bewahrt und unauffindbar ist wie das Grab; und dazu ist die Gitteröffnung in der Sackgasse zugemauert.

      Trejago aber ist ein gern gesehenes Mitglied der englischen Gesellschaft in der Stadt und gilt als sehr anständiger Mann. Es ist nichts Besonderes an ihm zu bemerken außer einer leichten Steifheit im rechten Bein als Folge einer Überanstrengung beim Reiten.

.

      Und stirbst du heut', mein Lieb, und solltest irren

      Ein Geist vor meiner Thür,

      Wird Fleischesfurcht nicht ew'ge Lieb' verwirren;

      Ich lieb' dich mehr dafür,

      Daß du vom Schattenreich mir kehrst zurück,

      Dem Wunden Herzen bringend kurzes Glück.

      Die Wohnungen der Schatten.

      Eine Erklärung für die folgende Geschichte mag geben, wer Wesen und Ursprung der Seele genau kennt und weiß, wo die Grenzen des Möglichen liegen. Ich habe lange genug in Indien gelebt, um zu wissen, daß man am besten nichts weiß, und kann nur die Begebenheit berichten, wie sie sich zugetragen hat.

      Dumoise war in Meridki unser Civilarzt, und wir nannten ihn »Dormouse«[3], weil er ein kleiner, runder, schläfriger Mann war. Als Arzt war er tüchtig, dabei sehr friedfertig und kam mit jedem aus, selbst mit dem Stellvertreter unseres Präsidenten, der die Manieren eines Bootsknechts und so viel Taktgefühl hatte wie etwa ein Pferd. Er heiratete ein Mädchen, das ebenso rund und schläfrig aussah wie er selbst. Sie war ein Fräulein Hillardyce, Tochter des »grünen« Hillardyce von Berars, der die Tochter seines Vorgesetzten »aus Versehen« heiratete. Doch davon erzähle ich ein andermal.

      In Indien dauert der Honigmonat selten länger als eine Woche; aber nichts hindert andrerseits ein Paar, ihn auf zwei oder drei Jahre auszudehnen. Für Verheiratete, die ineinander verliebt sind, bietet dies Land die beste Gelegenheit; sie können völlig einsam und ungestört leben – wie es eben die »Dormäuse« thaten. Die beiden kleinen Personen zogen sich nach der Hochzeit von der Welt zurück und führten ein äußerst glückliches Dasein. Natürlich mußten sie von Zeit zu Zeit einen Gesellschaftsabend veranstalten, aber es knüpften sich dadurch keine engeren Beziehungen mit andern Familien an. Die Station setzte ihr gewohntes Leben fort und vergaß die freiwillig Einsamen; nur gelegentlich konnte man die Bemerkung hören, Dormaus sei der beste Bursche von der Welt, wenn auch sonst nicht viel mit ihm anzufangen sei. Ein friedfertiger Civilarzt ist in Indien eine Seltenheit und als solche hochgeschätzt.

      Doch

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