Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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und witterte den Morgenwind. »Wo werden wir heute lagern – denn von nun an folgen wir neuer Fährte.«

      Dies ist der Sang, den Mogli hinter sich hörte in der Dschungel, bis er wieder vor Messuas Tür stand:

      Balu

      Dem zuliebe, der dich lehrte,

      Weiser Frosch, der Dschungel Fährte:

      Menschensatzung sollst du halten

      Um Balu, den blinden Alten.

      Ob die Fährte unrein scheine,

      Ihr Gesetz sei doch das deine,

      So bei Tag wie bei der Nacht –

      Frage nicht, wer es gemacht.

      (Honig, Wurzel, Palm und Mohn,

      Wahrt vor Harm der Dschungel Sohn.)

      Wald und Wasser, Wind und Hain,

      Dschungelgunst soll mit dir sein!

      Kaa

      Ärger ist von Furcht das Ei,

      Lidlos' Auge nur sieht frei.

      Gift der Kobra lecke nimmer,

      Kobra-Rede meide immer.

      Offnes Wort sei deine Art,

      Kraft, die sich mit Milde paart.

      Guter Hieb braucht scharf Gesicht,

      Morschem Ast vertrau dich nicht.

      Schmecken Lamm und Ziege dir,

      Still den Hunger, nicht die Gier.

      Nach dem Futter willst du ruhn?

      Mußt's in sichrer Höhle tun.

      Denn die Rache steigt dir nach

      Aus vergeßnem Streit und Tag.

      Nord und Süd und Ost und West

      Wasch dein Fell, den Mund schließ fest.

      Blauer Pfuhl und Spalt und Graben,

      Mitteldschungel, folg dem Knaben!

      Wald und Wasser, Wind und Hain,

      Dschungelgunst soll mit dir sein!

      Baghira

      Im Käfig ich geboren ward,

      Kein Menschenweg und Art,

      Beim offnen Schloß, das mich befreit –

      Menschling, Menschenbrut vermeid.

      Bei Tauduft oder Sternenlicht –

      Baumkatzfährten folge nicht.

      Beim Rat, im Pack und auf der Jagd

      Vor Schakalmenschen sei bedacht.

      Mit Schweigen füttre sie, die Brut,

      Die spricht: »Komm mit, die Fährt' ist gut!«

      Mit Schweigen stopf sie, wenn sie hetzen,

      Ihr helfend Schwache zu verletzen.

      Prahl nie, wie's Affenvolk, von Macht,

      Und rede nie von deiner Jagd.

      Darfst vor Ruf, vor Sang und Zeichen

      Nie von deiner Jagdspur weichen.

      (Morgennebel, Zwielicht mild,

      Dient ihm, Wächter ihr vom Wild!)

      Wald und Wasser, Wind und Hain,

      Dschungelgunst soll mit dir sein!

      Die Drei

      Mußt nun deine Fährte ziehn

      Zu der Schwelle, die wir fliehn,

      Zu der Roten Blume Glühn.

      Ruhst nun eng, wo frei zur Nacht

      Sternenheer dich nicht mehr dacht –

      Hört uns gehn, der Treuen Wacht.

      Wachst, da Tag vom Himmel fällt,

      Herzkrank nach der Dschungelwelt,

      Zu der Mühsal, die dich hält:

      Wald und Wasser, Wind und Hain,

      Dschungelgunst soll mit dir sein!

      Unter den zahlreichen Abteilungen, die der indischen Regierung unterstehen, ist kaum eine so wichtig wie die Forstverwaltung. Ihre Aufgabe ist die Wiederaufforstung ganz Indiens oder wird es sein, sobald die Regierung über die nötigen Geldmittel dazu verfügt. Ihre Beamten kämpfen mit Triebsand und Wanderdünen, errichten Dämme gegen den fliehenden Sand und bepflanzen die Dünen zur Befestigung mit Hartgras und Krüppelkiefern nach den Regeln von Nancy. Sie sind verantwortlich für alles Schlagholz in den Staatsforsten des Himalajas ebenso wie für die kahlen Hügelhänge, die der Monsun zu klaffenden Rinnen und Schluchten zerwäscht, was aussieht, als ob aufgerissene Mäuler über die Folgen der Nachlässigkeit klagten. Mit ganzen Bataillonen ausländischer Baumsorten stellen sie Versuche an und veranlassen den Eukalyptus, Wurzel zu schlagen, um damit vielleicht das Sumpffieber zu beseitigen. In der Ebene ist ihre Hauptaufgabe, die Gürtelfeuerlinien in den Waldreservaten zu überwachen und sie klarzuhalten, damit, wenn Dürre einsetzt und das Vieh Not leidet, diese Reservate den Herden der Dörfer geöffnet werden und die Menschen sich dort Feuerholz sammeln können. Ferner müssen sie dafür Sorge tragen, daß die Holzstapel längs der Eisenbahnen, die nicht mit Kohle feuern, stets genügend aufgefüllt sind; bis in die fünfte Dezimalstelle berechnen sie ihren Gewinn aus den Plantagen, sind Ärzte und Hebammen der gewaltigen Tiekholzwälder von Oberbirma, der Gummibäume der östlichen Dschungel und der Gallnüsse des Südens; stets aber sind sie gehemmt in ihrer Arbeit durch den Mangel an staatlichen Mitteln.

      Da aber der Forstbeamte durch seinen Beruf weitab von begangenen Pfaden und bewohnten Orten geführt wird, sieht und lernt er mehr Dinge als solche, die nur sein Fach betreffen. Er wird vertraut mit dem Leben und mit der Art des Dschungelvolkes; er begegnet dem Tiger, Bären, Leoparden, Wildhund und all dem Getier des Waldes nicht nur einmal nach tagelangem Wandern, sondern wieder und wieder während seiner dienstlichen Verrichtungen. Den größten Teil seiner Zeit verbringt er im Sattel oder unterm Zeltdach, ist der Freund neugepflanzter Bäume, der Genosse rauher, ungeschlachter Waldhüter – bis die Wälder, die die Zeichen seiner Pflege tragen, nun ihrerseits ihm ihren Stempel aufdrücken; er singt nicht mehr die leichtfertigen französischen Lieder, die er einst in Nancy lernte, er wird schweigsam mit dem schweigenden, endlosen Dickicht. –

      Gisborne hatte bereits fünf Jahre im Dienste der indischen Forstverwaltung verbracht. Anfangs liebte er seinen Beruf, da er ihn auf Pferdesrücken in die freie

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