Fremd- oder Selbstbestimmung?. Frank Föder
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Erwärmung, Raubbau und Umweltverschmutzung rufen hervor, daß die sich vermehrende Menschheit auf schrumpfende land- und forstwirtschaftlich nutzbare Flächen trifft, auf immer weniger fischführende Flüsse und Binnenmeere, auf das knapper werdende Grundwasser und einige bald völlig aufgebrauchte Rohstoffe. Die Menschheit überzieht das ihr gegebene Ressourcenangebot Jahr für Jahr um rund 150 Prozent (dem WWF zufolge).
Das beunruhigt nur wenige Zeitgenossen. Die Mehrheit setzt auf des Menschen Geist und die ihm mittlerweile zu Diensten stehende Kunstfertigkeit.
Wo die Natur versagt, schafft die Technik vermeintlich eine bessere. In der Tat haben Experten die Fähigkeit entwickelt, das Erbgut von Pflanzen und Tieren genetisch zu verändern, ja selbst neue Substanzen und neue Lebewesen zu erzeugen.
108 Nobelpreisträgerinnen und -träger bedrängten im Juni 2016 in einem offenen Brief die Umweltschutzorganisation Greenpeace, ihren Widerstand gegen die „Grüne Gentechnik“ (GMO) aufzugeben. Die Klügsten der göttergleichen Gattung verlangen, ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen zu dürfen.
Wahrscheinlich befanden sich die Ökosysteme auf der Erde ohnedies selten im Lot. Jedenfalls waren in der Erdgeschichte hie und da durchaus biologische Katastrophen zu verzeichnen. Doch ob es den Technikern tatsächlich gelingt, eine neue Natur zu erschaffen, eine, die den zu stellenden Anforderungen voll genügt, darf wohl mit einigen Zweifeln versehen werden.
Experimentierfreude und Wissensdurst, ganz zu schweigen von enthemmtem Erwerbssinn, menschlich-allzumenschliche Eigenschaften gehen mit den neu gewonnenen Fähigkeiten des Menschen eine Verbindung ein, die schwerlich Gutes verheißt. Der Untergang einer Zivilisation wurde oft von Vermessenheit begleitet. Hybris ging oft einem Verfall voraus.
Eine andere neue technische Tüchtigkeit verdient nicht minder Beachtung. Der moderne Mensch ist zunehmend in einer Welt zu Hause, die von versklavten Elektronen bevölkert wird. Der Kleincomputer hat jede Hosen- und Handtasche erobert. Und für viele ersetzt er den Freund und den Nachbarn. Im übrigen nehmen immer mehr elektronisch gesteuerte Maschinen dem Menschen seine Betätigungen ab. Die Robotik vernichtet Arbeitsplätze. Und die neuen, die entstehen, sind wenig aufbauend, wenn nicht gar unzuträglich, geisttötend.
Fortschrittsenthusiasten feiern die „Vierte industrielle Revolution“. Diese will die für Handel und Wandel relevanten Gegenstände sämtlich über das digitale Netz miteinander verbinden. Das „Internet der Dinge“ will den Menschen als Impulsgeber ausschalten. Die mit Intelligenz ausgestatteten Fabrikate der humanen Schöpfung sollen selbständig tun und lassen, was ihnen ihr Rechenwerk eingibt.
Die Initiatoren der „Industrie 4.0“ fragen nicht, was dem Menschen nutzt und frommt. Sie huldigen ausschließlich ihrem Erfindergeist. Und wenn die gültige Gelehrsamkeit recht hat, gibt es kein Mittel, sie zu bremsen. Die Menschheit sei dem Überschwang ihrer Fortschrittsenthusiasten hilflos ausgeliefert.
Hinzu kommt, daß bei den Leuten, die in der Menschenwelt das Sagen haben, eine Überbewertung des Ichs stattfindet. Offenbar verabreicht die Hochentwicklung den Angehörigen der maßgebenden Schichten stärker als je zuvor einen Hang zur Selbstverherrlichung. Viele Hochgestellte befinden sich unverkennbar auf einem „Egotrip“. Übersteigerte Gewissenlosigkeit wird immer häufiger angetroffen, Rücksichtnahme und Maßhalten dafür weniger.
Bis vor kurzem mag sich die Frage gestellt haben, ob die Ichlinge (Matthias Horx) an den Schalthebeln der Macht bereit sein werden, von ihren Vorhaben und Vorlieben zu lassen, wenn nicht auszuschließen ist, daß deren Verwirklichung einen erheblichen Schaden anrichtet. Inzwischen wissen wir, daß sie dazu nicht willens sind. So drohen einige Supergescheite der USA, ins Ausland oder aufs Meer zu gehen, wenn sie in ihren Vorhaben eingeschränkt würden.
Diese Begebenheiten bauen sich auf vor dem Hintergrund einer Welt, in der nichts mehr verborgen bleibt. Arm und Reich, Unterdrückung und Ausbeutung hat es gegeben, seit Menschen über Menschen und ihr Tun berichten. Selten aber waren die Kontroversen so abgründig wie gegenwärtig. .
Vor den vielerorts unerträglichen Verhältnissen fliehen die Überlebenden. Schon jetzt sind mehr Menschen auf der Flucht als die gewachsenen Strukturen vertragen.
Zunehmend setzt den Staaten die unterschiedliche Ausstattung mit Vorräten und Kapazitäten zu. Der Streit darüber ist von besonderer Bedeutung in einer Welt, in der dem Menschen die Fähigkeit zur totalen Vernichtung anheimgegeben ist.
Der erste Einsatz von Atomsprengkörpern hat zwar der Menschheit einen nachhaltig wirkenden Schock versetzt. Die Regierenden deshalb vermieden den Einsatz von Nuklearwaffen in den bewaffneten Konflikten, die sie inzwischen austrugen. Damit hat der Mensch erstmals über einen längeren Zeitraum eine ihm gegebene Möglichkeit ungenutzt gelassen. Es hieße dennoch sicher, Arglosigkeit und Leichtfertigkeit auf die Spitze zu treiben, würde aus dieser zeitweiligen Beschränkung eine Gewährleistung für die Zukunft gezogen.
Möglicherweise wäre das Risiko kalkulierbar, wenn erstens die atomare Macht in der Hand weniger ausgesuchter Leute läge und wenn zweitens zwischen diesen Potentaten Übereinstimmung in allen wesentlichen politischen Fragen herrschte. Doch weder das eine noch das andere ist der Fall. Die Zahl der Atomwaffenbesitzer nimmt ständig zu, niemand weiß überhaupt genau, wer Gefechtsköpfe dieser Art und wieviel davon besitzt. Und von Gleichklang im Atomclub kann schon gar nicht die Rede sein.
Zwischen den beiden mächtigsten Besitzern der Bombe - den Vereinigten Staaten und Rußland - gibt es zwar so etwas wie eine Patt-Situation: Wer den ersten Schlag führt, läuft Gefahr, durch den zweiten selbst vernichtet zu werden. Eine konflikteindämmende Wirkung aber hat diese Kontradiktion keineswegs. Jeder der beiden Widersacher versucht fortwährend, sich ein Übergewicht zu verschaffen, durch Erweiterung des Potentials und besonders durch Verbesserung der Abwehrsysteme.
Gegenwärtig bringen die hinzugetretenen neuen Besitzer, die sich von Anfang an nicht in die klassische Polarität haben einordnen lassen, jede Ausgewogenheit und Überschaubarkeit zu Fall.
Hinzuzufügen bleibt, daß die Menschheit seit geraumer Zeit über weitere, insbesondere biologische und chemische Massenvernichtungsmittel verfügt. Dieses Rüstzeug unterliegt zwar einer Ächtung, wir übrigens auch das nukleare. Dennoch aber werden die entsprechenden Materialien nach wie vor produziert, weiterentwickelt und einsatzbereit gehalten. Einer ihrer Vorzüge nämlich liegt darin, daß sie billiger und mit geringerem technischen Aufwand herzustellen sind. Das versetzt auch weniger begüterte Staaten und selbst versierte Gruppen in die Lage, sich mit dieser, der atomaren in ihrer Wirkung nicht nachstehenden Vernichtungsmacht auszustatten.
Die Fähigkeit, das Leben auf ihrem Planeten auszulöschen, erhält besondere Brisanz dadurch, daß sich zugleich die Schrauben lockern, die sie in Schranken halten. Es vermehren und verstärken sich die Streitgründe, es schrumpfen zugleich die moralischen Bedenken.
Damit sind wohl die wichtigsten Sachverhalte aufgeführt. Faßt man sie zusammen, stellt sich die Lage der Menschheit wie folgt dar:
Die Erdzivilisation entfaltet eine Reihe verhängnisvoller Trends, die, zumal sie sich gegenseitig voranstoßen, mit bedrohlicher Beschleunigung auf einen Punkt zu führen, an dem die Biosphäre des Planeten zusammenbrechen muß.
Daneben verstärken sich die Gegensätze, und es ist abzusehen, daß sie sich weiter verschärfen werden, je drastischer die Überlebensprobleme sich bemerkbar machen, je enger der Raum wird und