Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

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der König. »Hier ist die Arbeit, die Dich dort beschäftigte; jetzt, mitten in all' Deiner Pracht, wird es Dich belustigen, an jene Zeit zurückzudenken.«

      Als Elisa dies sah, was ihrem Herzen so nahe lag, spielte ein Lächeln um ihren Mund und das Blut kehrte in die Wangen zurück. Sie dachte an die Erlösung ihrer Brüder, küßte des Königs Hand und er drückte sie an sein Herz und ließ durch alle Kirchenglocken das Hochzeitsfest verkünden. Das schöne, stumme Mädchen aus dem Walde ward des Landes Königin.

      Da flüsterte der Erzbischof böse Worte in des Königs Ohren, aber sie drangen nicht bis zu seinem Herzen. Die Hochzeit sollte stattfinden; der Erzbischof selbst mußte ihr die Krone auf das Haupt setzen, und er drückte mit bösem Sinn den engen Reif fest auf ihre Stirne nieder, so daß es schmerzte. Doch ein schwererer Reif lag um ihr Herz: die Trauer um ihre Brüder. Sie fühlte nicht die körperlichen Leiden. Ihr Mund war stumm; ein einziges Wort würde ja ihren Brüdern das Leben kosten; aber in ihren Augen sprach sich innige Liebe zu dem guten, schönen Könige aus, der Alles that, um sie zu erfreuen. Von ganzem Herzen gewann sie ihn von Tage zu Tage lieber; o, daß sie sich ihm nur anvertrauen und ihre Leiden klagen dürfte! Doch stumm mußte sie sein, stumm mußte sie ihr Werk vollbringen. Deshalb schlich sie sich des Nachts von seiner Seite, ging in die kleine Kammer, welche wie die Höhle geschmückt war und strickte ein Panzerhemde nach dem andern fertig. Aber als sie das siebente begann, hatte sie keinen Flachs mehr.

      Auf dem Kirchhofe, das wußte sie, wuchsen die Nesseln, die sie gebrauchen konnte; aber die mußte sie selbst pflücken; wie sollte sie da hinaus gelangen! –

      »O, was ist der Schmerz in meinen Fingern gegen die Qual, die mein Herz erduldet!« dachte sie. »Ich muß es wagen! Der Herr wird seine Hand nicht von mir abziehen!« Mit einer Herzensangst, als sei es eine böse That, die sie vorhabe, schlich sie sich in der mondhellen Nacht in den Garten hinunter und ging durch die Alleen und durch die einsamen Straßen nach dem Kirchhofe hinaus. Da sah sie auf einem der breitesten Leichensteine einen Kreis Lamien sitzen. Diese häßlichen Hexen zogen ihre Lumpen aus, als ob sie sich baden wollten, und dann gruben sie mit den langen, magern Fingern die frischen Gräber auf und holten mit teuflischer Gier die Leichen heraus und aßen deren Fleisch. Elisa mußte an ihnen nahe vorbei, und sie hefteten ihre bösen Blicke auf sie; aber sie betete still, sammelte die brennenden Nesseln und trug sie nach dem Schlosse heim.

      Nur ein einziger Mensch hatte sie gesehen: der Erzbischof; er war munter, wenn die Andern schliefen. Nun hatte er doch Recht, mit seiner Meinung, daß es mit der Königin nicht sei, wie es sein solle; sie sei eine Hexe, deshalb habe sie den König und das Volk bethört.

      Im Beichtstuhle sagte er dem Könige, was er gesehen hatte und was er befürchte. Und als die harten Worte seiner Zunge entströmten, schüttelten die Heiligenbilder die Köpfe, als wenn sie sagen wollten: »Es ist nicht so! Elisa ist unschuldig!« Aber der Erzbischof legte es anders aus; er meinte, daß sie gegen sie zeugten, daß sie über ihre Sünde die Köpfe schüttelten. Da rollten zwei schwere Thränen über des Königs Wangen herab; er ging nach Hause mit Zweifel in seinem Herzen und stellte sich, als ob er in der Nacht schlafe. Aber es kam kein ruhiger Schlaf in seine Augen, er merkte, wie Elisa aufstand. Jede Nacht wiederholte sie dieses, und jedes Mal folgte er ihr leise nach und sah, wie sie in ihre Kammer verschwand.

      Von Tag zu Tag wurden seine Mienen finsterer; Elisa sah es, begriff aber nicht, weshalb; allein es ängstigte sie, und was litt sie nicht im Herzen für die Brüder! Auf den königlichen Sammet und Purpur flossen ihre heißen Thränen; die lagen da wie schimmernde Diamanten, und Alle, welche die reiche Pracht sahen, wünschten Königin zu sein. Inzwischen war sie bald mit ihrer Arbeit fertig; nur ein Panzerhemde fehlte noch; aber Flachs hatte sie auch nicht mehr und nicht eine einzige Nessel. Einmal, nur dieses letzte Mal, mußte sie deshalb nach dem Kirchhofe, um einige Hände voll zu pflücken. Sie dachte mit Angst an diese einsame Wanderung und an die schrecklichen Lamien; aber ihr Wille stand fest, sowie ihr Vertrauen auf den Herrn.

      Elisa ging; aber der König und der Erzbischof folgten ihr, Sie sahen sie bei der Gitterpforte zum Kirchhofe hinein verschwinden, und als sie sich derselben näherten, saßen die Lamien auf dem Grabsteine, wie Elisa sie gesehen hatte; und der König wendete sich ab, denn unter ihnen dachte er sich die, deren Haupt noch diesen Abend an seiner Brust geruht hatte.

      »Das Volk muß sie verurtheilen!« sagte er. Und das Volk verurtheilte sie: den Feuertod zu erleiden.

      Aus den prächtigen Königssälen wurde sie in ein dunkles, feuchtes Loch geführt, wo der Wind durch das Gitter hineinpfiff; statt Sammet und Seide gab man ihr das Bund Nesseln, welches sie gesammelt hatte: darauf konnte sie ihr Haupt legen: die harten brennenden Panzerhemden, die sie gestrickt hatte, sollten ihre Decken sein. Aber nichts Lieberes hätte man ihr geben können; sie nahm wieder ihre Arbeit vor und betete zu Gott. Draußen sangen die Straßenbuben Spottlieder auf sie; keine Seele tröstete sie mit einem freundlichen Worte.

      Da schwirrten gegen Abend dicht am Gitter Schwanenflügel: das war der jüngste der Brüder. Er hatte die Schwester gefunden; und sie schluchzte laut vor Freude, obgleich sie wußte, daß die kommende Nacht wahrscheinlich die letzte sein würde, die sie zu leben habe. Aber nun war ja auch die Arbeit fast beendigt und ihre Brüder waren hier.

      Der Erzbischof kam nun, um in der letzten Stunde bei ihr zu sein: das hatte er dem Könige versprochen. Aber sie schüttelte das Haupt und bat mit Blicken und Mienen, er möge gehen. In dieser Nacht mußte sie ja ihre Arbeit vollenden, sonst war Alles unnütz, Alles: Schmerz, Thränen und die schlaflosen Nächte. Der Erzbischof entfernte sich mit bösen Worten gegen sie, aber die arme Elisa wußte, daß sie unschuldig fei, und fuhr in ihrer Arbeit fort.

      Die kleinen Mäuse liefen auf dem Fußboden; sie schleppten Nesseln zu ihren Füßen hin, um doch etwas zu helfen: und die Drossel setzte sich an das Gitter des Fensters und sang die ganze Nacht so munter, wie sie konnte, damit Elisa nicht den Muth verlieren möchte.

      Es dämmerte noch; erst nach einer Stunde ging die Sonne auf, da standen die eilf Brüder an der Pforte des Schlosses und verlangten vor den König geführt zu werden. Das könne nicht geschehen, wurde geantwortet; es wäre ja noch Nacht: der König schlafe und dürfe nicht geweckt werden. Sie baten, sie drohten, die Wache kam, ja selbst der König trat heraus und fragte: was das bedeute? Da ging die Sonne auf, und nun waren keine Brüder zu sehen; aber über das Schloß flogen eilf wilde Schwäne dahin. Aus dem Stadtthore strömte das ganze Volk: es wollte die Hexe verbrennen sehen. Ein alter Gaul zog den Karren, auf dem sie saß; man hatte ihr einen Kittel von grobem Sackleinen angezogen; ihr herrliches Haar hing aufgelöst um das schöne Haupt; ihre Wangen waren todtenbleich, ihre Lippen bewegten sich leise, während die Finger den grünen Flachs zurichteten. Selbst auf dem Wege zu ihrem Tode unterbrach sie die angefangene Arbeit nicht; die zehn Panzerhemden lagen zu ihren Füßen, an dem eilften arbeitete sie. Der Pöbel verhöhnte sie.

      »Sieh die rothe Hexe, wie sie murmelt! Kein Gesangbuch hat sie in der Hand; nein, mit ihrer häßlichen Gaukelei sitzt sie da; reißt sie ihr in tausend Stücke!«

      Und sie drangen alle auf sie ein und wollten die Panzerhemden zerreißen: da kamen eilf wilde Schwane geflogen, die setzten sich rings um sie auf den Karren und schlugen mit ihren großen Schwingen. Nun wich der Haufe erschrocken zur Seite.

      »Das ist ein Zeichen des Himmels! Sie ist sicher unschuldig!« flüsterten Viele. Aber sie wagten nicht, es laut zu sagen.

      Jetzt ergriff der Henker sie bei der Hand; da warf sie hastig die eilf Panzerhemden über die Schwäne. Und sogleich standen eilf schöne Prinzen da. Aber der Jüngste hatte einen Schwanenflügel statt des einen Armes, denn es fehlte ein Aermel in seinem Panzerhemde: den hatte sie nicht fertig gebracht.

      »Nun darf ich sprechen!« sagte sie. »Ich bin unschuldig!«

      Und das Volk, welches

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