Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen страница 9
»Ich will zehn Küsse von der Prinzessin haben,« sagte der Schweinehirt.
»Gott bewahre!« sagte die Hofdame.
»Ja, für weniger thue ich es nicht,« antwortete der Schweinehirt.
»Nun, was antwortete er?« sagte die Prinzessin.
»Das kann ich gar nicht sagen,« erwiderte die Hofdame.
»Ei, so kannst Du es mir ins Ohr flüstern.«
»Er ist unartig!« sagte die Prinzessin, und dann ging sie. – Aber als sie ein kleines Stück gegangen war, erklangen die Schellen so lieblich:
»Ach, Du lieber Augustin,
Alles ist hin, hin, hin!«
»Höre,« sagte die Prinzessin, »frage ihn, ob er zehn Küsse von meinen Hofdamen haben will!«
»Ich danke schön,« sagte der Schweinehirt: »zehn Küsse von der Prinzessin, oder ich behalte meinen Topf.«
»Das ist doch langweilig!« sagte die Prinzessin, »Aber dann müßt Ihr Euch vor mich stellen, damit es Niemand sieht.«
Und die Hofdamen stellten sich davor, und dann breiteten sie ihre Kleider aus, alsdann bekam der Schweinehirt zehn Küsse, und sie erhielt den Topf.
Nun, das war eine Freude! Den ganzen Abend und den ganzen Tag mußte der Topf kochen; es gab nicht einen Feuerherd in der ganzen Stadt, von dem sie nicht wußten, was darauf gekocht wurde, sowohl beim Kammerherrn, wie beim Schuhmacher. Die Hofdamen tanzten und klatschten in die Hände.
»Wir wissen, wer Suppe und Eierkuchen essen wird; wir wissen, wer Grütze und Carbonade bekommt; wie ist das doch interessant!«
»Sehr interessant!« sagte die Oberhofmeisterin.
»Ja, aber haltet reinen Mund, denn ich bin des Kaisers Tochter.«
»Ja wohl; das versteht sich!« sagten Alle.
Der Schweinehirt, das heißt der Prinz – aber sie wußten es ja nicht anders, als daß er ein wirklicher Schweinehirt sei – ließ keinen Tag verstreichen, ohne etwas zu thun, und so machte er eine Knarre, wenn man die herumschwang, erklangen alle die Walzer, Hopser und Polka's, die man seit Erschaffung der Welt gekannt hat.
»Aber das ist superbe!« sagte die Prinzessin, indem sie vorbeiging. »Ich habe nie eine schönere Komposition gehört. Höre, gehe hinunter und frage ihn, was das Instrument kosten soll; aber ich küsse ihn nicht wieder.«
»Er will hundert Küsse von der Prinzessin haben,« sagte die Hofdame, welche hinunter gegangen war, um zu fragen.
»Ich glaube, er ist verrückt!« sagte die Prinzessin, und dann ging sie; aber als sie ein kleines Stück gegangen war, blieb sie stehen. »Man muß zur Kunst aufmuntern,« sagte sie. »Ich bin des Kaisers Tochter! Sage ihm, er solle, wie neulich, zehn Küsse haben; den Rest kann er von meinen Hofdamen bekommen.«
»Ach, aber wir thun es so ungern!« sagten die Hofdamen.
»Das ist Geschwätz,« sagte die Prinzessin; »und wenn ich ihn küssen kann, so könnt Ihr es auch. Bedenkt, ich gebe Euch Kost und Lohn!« Und nun mußten die Hofdamen wieder zu ihm hinunter.
»Hundert Küsse von der Prinzessin,« sagte er, »oder Jeder behält das Seine.«
»Stellt Euch vor uns,« sagte sie alsdann; und da stellten alle Hofdamen sich davor, und nun küßte er die Prinzessin.
»Was mag das wohl für ein Auflauf beim Schweinekoben sein?« fragte der Kaiser, welcher auf den Balkon hinausgetreten war. Er rieb sich die Augen und setzte die Brille auf. »Das sind ja die Hofdamen, die da ihr Wesen treiben; ich werde wohl zu ihnen hinunter müssen.« – Und so zog er seine Hausschuhe hinten herauf, denn es waren Schuhe, die er zu Pantoffeln niedergetreten hatte.
Potz Wetter, wie er sich sputete!
Sobald er in den Hof hinunter kam, ging er ganz leise, und die Hofdamen hatten so viel damit zu thun, die Küsse zu zählen, damit es ehrlich zugehe, daß sie den Kaiser gar nicht bemerkten. Er erhob sich auf den Zehen.
»Was ist das?« sagte er, als er sah, daß sie sich küßten, und dann schlug er sie mit einem seiner Pantoffeln an die Köpfe, gerade als der Schweinehirt den sechsundachtzigsten Kuß erhielt.
»Packt Euch!« sagte der Kaiser, denn er war böse. Und sowohl die Prinzessin, als der Schweinehirt wurden aus seinem Kaiserreiche hinausgestoßen.
Da stand sie nun und weinte; der Schweinehirt schalt, und der Regen strömte hernieder.
»Ach, ich elendes Geschöpf,« sagte die Prinzessin; »hätte ich doch den schönen Prinzen genommen. Ach, wie unglücklich bin ich!«
Und der Schweinehirt ging hinter einen Baum, wischte das Schwarze und Braune aus seinem Gesicht, warf die schlechten Kleider von sich und trat nun in seiner Prinzentracht hervor, so schön, daß die Prinzessin sich verneigen mußte.
»Ich bin nun dahin gekommen, daß ich Dich verachte,« sagte er. »Du wolltest keinen ehrlichen Prinzen haben; Du verstandest Dich nicht auf die Rose und die Nachtigall; aber den Schweinehirten konntest Du für eine Spielerei küssen; das hast Du nun dafür!«
Und dann ging er in sein Königreich und machte ihr die Thür vor der Nase zu. Da konnte sie draußen stehen und singen:
»Ach, Du lieber Augustin,
Alles ist hin, hin, hin!«
Der Rosen-Elf.
Mitten in einem Garten wuchs ein Rosenstock, der war über und über voll Rosen; und in einer derselben, der schönsten von allen, wohnte ein Elf. Der war so winzig klein, daß kein menschliches Auge ihn erblicken konnte. Hinter jedem Blatte in der Rose hatte er eine Schlafkammer. Er war so wohlgebildet und schön, wie nur ein Kind sein konnte, und hatte Flügel von den Schultern bis herunter zu den Füßen. O, welcher Duft war in seinen Zimmern, und wie klar und schön waren die Wände! Es waren ja die blaßrothen Rosenblätter.
Den ganzen Tag freute er sich im warmen Sonnenschein, flog von Blume zu Blume, tanzte auf den Flügeln des fliegenden Schmetterlings und maß, wie viel Schritte er zu gehen habe, um über alle Landstraßen und Stege zu gelangen, welche auf einem einzigen Lindenblatte sind. Das war, was wir die Adern im Blatte nennen, die er für Landstraßen und Stege hielt. Ja, das waren ewige Wege für ihn! Ehe er damit fertig wurde, ging die Sonne unter; er hatte auch zu spät damit angefangen!
Es wurde sehr kalt, der Thau fiel und der Wind wehte; nun war es das Beste, nach Hause zu kommen. Er tummelte sich, was er konnte; aber die Rose hatte sich geschlossen; er konnte nicht hinein gelangen; – keine einzige Rose stand geöffnet. Der arme, kleine Elf erschrak sehr. Er war früher nie des Nachts draußen gewesen, hatte immer sanft und süß hinter den warmen Rosenblättern geschlummert: o, das wird sicher sein Tod werden!
Am andern Ende des Gartens, wußte er, befand sich eine Laube mit schönem Jelängerjelieber; die Blüthen sahen wie große bemalte Hörner aus; in eine derselben wollte er hinabsteigen und bis morgen schlafen.
Er flog dahin. Still!